Wir haben heute den Geburtstag meiner Schwester gefeiert. Sie hat erst morgen Geburtstag, da feiert sie aber mit Freund*innen, wenn wir uns das nächste Mal sehen ist schon Ostern an der Reihe und ich fand es blöd, so viel Zeit bis zur Feier vergehen zu lassen. Also überzeugte ich Papa N und sie, dass wir uns nun wirklich nicht von einem Kalender vorschrieben lassen müssen, wann wir feiern, wo kommen wir denn da hin? Wir haben also heute gefeiert. Das war schön.
Vor und nach der Feier fuhr ich völlig ereignislos Zug, das war entsprechend langweilig, also schlief ich die meiste Zeit, alle Verspätungen bewegten sich im Unter-20-Minuten-Rahmen. Das hatte ich seit Jahren nicht mehr, war aber natürlich auch in Ordnung.
Trotz Zugschläfchen bin ich sehr müde heute, der Wecker klingelte nämlich um 6 Uhr, ich war erst um 1 Uhr im Bett und dann geriet der Morgen noch durch einen gerissenen Mülleimerbeutel in Hektik. Dafür freute ich mich, als ich vor die Wohnungstür trat: gestern hatte ich drei Lampen zum Verschenken dahin gelegt und alle drei waren mitgenommen worden.
In der täglichen Contentvorschlagliste steht heute: „Wie erleben Sie Führungskultur in Ihrem Unternehmen? Sind Sie (nach Meinung Ihrer Mitarbeitenden) eine gute Vorgesetzte? Welche Noten würden Sie ihren aktuellen Chefs geben?“
Ich stehe nicht sonderlich darauf, geführt zu werden und das Wort „Führungskultur“ macht mich schon dezent nervös. Ich bin ja erwachsen, ich verkaufe eine Arbeitsleistung gegen Geld und möchte da nicht angeleitet oder seelisch betreut, gar „motiviert“ werden oder ständig in Gespräche verwickelt werden, die sich mit der Beziehungsebene befassen. Es ist ja ein Arbeitsplatz, keine Tagespflege.
Im Unternehmenskontext halte ich es für die zentrale Aufgabe von Führung, für das Überleben des Unternehmens zu sorgen, sonst gehen eh alle Bemühungen ins Leere. Darüber hinaus tut Führung gut daran, strukturelle Rahmenbedingungen zu schaffen, in denen Erfolg möglich ist. Das fängt natürlich bei der Personalauswahl an, denn wenn man Personen einstellt, die für den Job nicht geeignet sind, wird es schwierig mit den Erfolgserlebnissen. Schwierig wird es auch, wenn das Unternehmen sich kein geeignetes Arbeitssetting schafft, also zum Beispiel den Zugang zu geeigneten Arbeitsmitteln erschwert oder Strukturen ausbildet, die die Arbeit verkomplizieren, – endlose Abspracheschleifen, Verselbstständigung der Verwaltung und so weiter. Für mich persönlich passt das an meinem Arbeitsplatz. Noten vergebe ich keine, das fände ich völlig unangemessen.
Als Führungskraft ist es übrigens nicht meine Aufgabe, von meinen Mitarbeitenden für eine gute Vorgesetzte gehalten zu werden. Ich werde dafür bezahlt, im Sinne des Unternehmens zu handeln. Das kann natürlich auch implizieren, für eine gute Vorgesetzte gehalten zu werden, muss es aber nicht und schon gar nicht immer und von allen gleichzeitig, die Mitarbeitenden sind ja auch keine homogene Masse. Es geht viel mehr darum, sich immer wieder über den gemeinsamen Weg auseinanderzusetzen. Jegliche Erwartung von Harmonie ist da völlig fehl am Platz.
Und Kultur im Sinne von: In der Hierarchie weiter unten Stehende können ihre Vorstellungen einbringen, wie sieht es damit aus? „sich immer wieder über den gemeinsamen Weg auseinanderzusetzen“ klingt ja kooperativer, als es in der Praxis meist passiert, denn am Ende (und oft auch schon ziemlich am Anfang) entscheidet doch die höher stehende Person. Wie leben Sie das konkret?
Ich stimme zu, dass Beliebtheit kein valides Ziel für eine Führungskraft sein kann. Allerdings gibt ja auch selbstherrliche, beratungsresistente oder sonstwie fehlgeleitete Führungspersonen, und ich gehe mal davon aus, dass Sie nicht daran interessiert sind, sich zu einer solchen zu entwickeln. Spielt Upward feedback wirklich gar keine Rolle für Sie? Die potenziell Feedback Gebenden denken doch hoffentlich auch unternehmerisch und wollen nicht nur ihre Befindlichkeiten bei Ihnen platzieren.
Das meiste ergibt sich aus der Formulierung „gemeinsamer Weg“, oder? Wenn ich anderen nicht zuhöre, sie nicht berücksichtige, wird nicht lange jemand mit mir gehen, denke ich. Wobei „berücksichtigen“ nicht zwangsläufig „zustimmen“ heißen muss.
Ich habe folgende Erfahrung gemacht: die allermeisten Personen haben eine Vorstellung davon, dass in einem Organisationskontext ganz verschiedene Interessenlagen abzuwägen sind. Es ist nur selten so, dass sie (über die spontane Reaktion hinaus) verärgert sind, wenn nicht in ihrem Sinne entschieden wird. Eine länger dauernde Verärgerung oder Kränkung findet dann statt, wenn die Entscheidung nicht transparent war oder nicht anhand der bekannten Regeln nachvollziehbar ist oder eben, wenn die Anliegen der Person nicht angehört wurden.
Deshalb: natürlich muss ich zuhören. Dieselbe Situation kenne ich ja auch andersherum, wenn ich wiederum mit meinem Chef unterschiedlicher Ansicht bin und zum Beispiel zur Antwort bekomme, dass er meine Argumentation aus der lokalen Sichtweise nachvollziehen kann, jedoch den Blick selbst global weiter spannen muss und deshalb anders entscheidet, als ich es will. An der Stelle kommt dann noch der Faktor Glaubwürdigkeit ins Spiel: traue ich ihm diesen weiteren Blick zu und vertraue ich darauf, dass der mich nicht einfach verarscht? Diese Form von Kredit muss man sich erstmal aufgebaut haben und dann auch pflegen.