August 2025

6. August 2025 – Kein roter Teppich

Heute fuhr ich mit dem Rad ins Büro, es war das perfekte Wetter. Kein Schienenersatzverkehr! Und die Helmfrisur hielt sich in Grenzen, ich hatte vorher einfach gar nichts mit den Haaren gemacht, das scheint ein guter Weg zu sein; die Fallhöhe ist dann nicht so groß.

Der Tag war gefüllt mit Aufräumzeugs vor dem Urlaub, also Dinge physisch oder digital so ablegen, dass andere sie im Zweifel finden, diverse Vorgänge diversen Personen übergeben, diverse andere Personen anrufen und ihnen sagen, dass sie jetzt drei Wochen alleine zurechtkommen müssen und letzte Fragen dazu einsammeln.

Mittags hatte ich 7 Personen zu einem Lunch eingeladen, war sehr lecker, so ein Mittagsmenü mit kleinem Salat und kleinem Dessert und nicht allzu großem Hauptgericht, ich hatte Ofengemüse mit Baba Ganoush und gebackenen Minikartoffeln. Dazu trank ich zum ersten Mal in meinem Leben überhaupt Club Mate und das nur aus dem Grund, dass es das einzige Getränk in 0,5 war. Ich hasse kleine Getränke, 0,2-Fläschchen machen mich regelrecht nervös. Deshalb bestelle ich meist das größte nicht-alkoholische Getränk – oft eben eine Flasche Wasser, manchmal (wenn es keine großen Wasserflaschen gibt) ein alkoholfreies Hefeweizen, heute eben Club Mate. Schmeckt ein bisschen nach Baumrinde, finde ich, nichts, was ich häufiger trinken müsste, meine Güte, warum kann man nicht einfach Literkaraffen mit Wasser haben?

Von der Bedienung war ich sehr beeindruckt. Sie musste kein einziges Mal nachfragen und stellte uns acht Personen Vorspeisen, Hauptgerichte und Nachspeisen immer genau richtig hin. Beim Dessert fragte ich dann nach, wie sie das macht. Sie zeigte mir ihren Block, auf dem der Tisch aufgemalt war, sie hatte sich die Bestellungen an den entsprechenden Plätzen notiert. Das ist ja eigentlich eine sehr einfache Sache, gleichzeitig ist mir das ewig nicht mehr begegnet, dass beim Servieren nicht erst nochmal nachgefragt werden muss, wer was bekommt. Ich gab reichlich Trinkgeld.

Am Nachmittag hatte ich einen Videotermin mit einer Kollegin im Headquarter, es ging um ein Thema, das ich schon lange besprechen möchte, konkret um eine (weitere) Zuständigkeit, die ich von dort abziehen und bei einer meiner Mitarbeiterinnen ansiedeln möchte. Das kommt in aller Regel – verständlicherweise – nicht so gut an auf der anderen Seite. Deshalb hatte ich mich gut vorbereitet, wollte eigentlich persönlich bei meiner letzten New York-Reise sprechen, konnte die Kollegin dort aber nie auffinden bzw. wenn, dann hatte sie keine Zeit und auf meine Nachrichten mit Bitten auf ein Treffen antwortet sie erst, als ich schon wieder abgereist war. Auch jetzt bis zum Videotermin waren nochmal sechs Wochen vergangen, alles nicht sonderlich vielversprechend.

Der Termin heute war überraschenderweise denkbar einfach. Ich schilderte meinen Wunsch und die Argumentation dazu, die Kollegin fragte ein paar Dinge nach, seufzte dann und sagte ja, sie hätte sich schon gedacht, dass das kommt und mit ihrem Team auch schon diverse Gespräche geführt und okay, dann würden wir das jetzt wohl so machen, es müssten nur noch ein Training und eine geordnete Übergabe stattfinden, damit auch alles richtig läuft. Natürlich gerne. Am Ende fragte ich noch „So why’d you let me ramble for 20 minutes, crawling through the mud, if you knew from the start this was where it’d land?“ und sie sagte „Look, we don’t really want this here. And sure, we can’t stop it. But we’re not gonna roll out a red carpet for it either“. Fair enough, ich denke, das war das Höchstmaß an Entgegenkommen,e das realistisch erreichbar war.

Rückfahrt auch per Rad, es war ein bisschen voll am Ufer, dafür nicht allzu warm und nur zweimal musste ich Autos bzw. ihre Insassen anschreien.

Der Wespenstich verhält sich unauffällig, insbesondere sieht man gar nichts mehr. Der Rest vom Kriebelmückenbiss ist immer noch da, der Wespenstich unsichtbar. Wie etwas Unsichtbares so unfassbar jucken kann, verstehe ich nicht. Nunja. Geht auch wieder weg.

Zu Hause alles wunderschön, die Putzhilfe war da, ich startete nur noch eine Waschmaschine mit den Putzlappen, benutzten Handtüchern etc und legte dann brav den Fuß hoch, ließ mir von Herrn N Tofu und Brokkoli in Erdnuss-Sauce servieren und fühlte mich unglaublich vernünftig dabei.

Frage in der unverbindlichen Contentvorschlagliste heute: „Als Person ohne Unterrichtserfahrung, aber unbedingtem Spaß am Gesang bei jeder Gelegenheit: reicht singen nebenbei (unter der Dusche, beim Abwasch, in den seltenen Momenten im Auto) nicht als Übung?“

Tja, dazu gibt es sehr unterschiedliche Meinungen, da bin ich sicher. Die Meinung meines Gesangslehrers ist, dass das keinesfalls reicht. Es ist ja das eine, aus Freude entspannt etwas zu singen. Oder aber sich mit konkreten Problematiken zu beschäftigen, wie z.B. Atmung, Artikulation, Resonanzräume, Intonation, Registerwechsel. Das erfordert Wiederholung, Reflexion und eine gewisse Beharrlichkeit. Es geht darum, zu beobachten, welche Veränderungen sich einstellen, was funktioniert, was noch nicht und daraus dann den nächsten Übungsschritt abzuleiten.

5. August 2025 – WmdedgT

Alles zu WmdedgT wie immer bei Frau Brüllen.

Ich wachte heute auf, irgendwann. Der Wecker hatte nicht geklingelt, ich hatte ihn auch nicht gestellt, ich hatte keine Termine am Morgen und eine Bahn gibt es nicht zu erreichen: Schienenersatzverkehr weiterhin, vielleicht geht was, vielleicht geht nichts, wann weiß kein Mensch, wie lange erst recht nicht und wohin auch nicht genau, wir fahren auf Sicht. Insofern ist es völlig irrelevant, wann ich an der Haltestelle eintreffe.

Als ich am Bussteig eintraf, standen dort sehr, sehr viele Menschen und es wurde gesagt, alles sei 20 Minuten später als irgendwann. Darauf hatte ich keine Lust, also ging ich nochmal in den Supermarkt auf der anderen Seite des Bahnhofs, um mir Billigkaffee aus dem Kühlregal zu kaufen – mein guilty pleasure, das ich mir gönne, wenn ich finde, ich habe es ganz besonders schwer. Dabei wusste ich ja noch gar nicht, wie schwer ich es habe!

Auf dem Rückweg vom Supermarkt zum Bahnsteig/Bussteig begann nämlich mein Fuß stechend zu schmerzen, ich richtete den Blick irritiert nach unten und sah eine Wespe auf der schmerzenden Stelle, quiekte laut, schüttelte mein Bein, so dass er Schuh (ich trug Ballerinas) über die Straße flog, das Tier war dann auch weg und: keinen Tropfen Kaffee verschüttet. Das muss man ja erst einmal nachmachen. Ich sammelte den Schuh wieder ein, begutachtete den Fuß und ja, das Tier hatte mich tatsächlich gestochen. Warum landet man auf einem beliebigen Fuß und sticht da rein, was soll denn der Quatsch? Konsterniert ging ich weiter zum Bus, zu tun gab es nichts, ich hatte Kaffee und ein Handy, nichts davon geeignet zur Behandlung eines Wespenstichs. Hilfreiche Tipps gab es aus dem Internet: ich könnte jemanden am Bahnhof um einen erhitzten Löffel bitten. Ich nahm davon Abstand.

Im Büro lag noch die von der Hausärztin verordnete Creme für die Kriebelmückenbisse neulich, ebenso waren im Eisfach noch meine Kühlpacks, der Fuß erfuhr somit schon ungefähr eine Stunde nach dem Stich eine hochprofessionelle Behandlung und ich hoffe – und erwarte – morgen ist nichts von dem Ungemach mehr übrig.

Der Arbeitstag war ereignisreich. Gleich morgens war ein Antwortschreiben vom Vermieterchef an meinen Chef angekommen, über das ich mich einerseits amüsierte, es wurde nämlich die Hoffnung formuliert, dass „die Zusammenarbeit zwischen den Teams auf beiden Seiten wieder zunehmend sach- und lösgungsorientiert verläuft.“ Da bin ich aktuell noch nicht dabei. Gleichzeitig ärgerte mich sehr, dass der Vermieter sich an mehreren Stellen des Schreibens auf ein imaginäres „Projektteam“ bei uns bezog. Ich weiß nicht, wer oder was das sein soll, denke auch nicht, dass man ein Projektteam benötigen sollte, um in einer angemieteten Bürofläche der Arbeit nachzugehen.

Dann gab es noch ein bisschen weiteren Irrsinn grob gefasst in Bezug auf Personen, die vor ein paar Wochen mit Schulung, persönlicher Erklärung und Handbuch für eine Aufgabe qualifiziert wurden und heute nicht wissen, wie sie die erledigen sollen, denn sie hatten noch fragen, waren aber im vergangenen Quartal irgendwie nicht dazu gekommen, sie zu stellen. Heute hatten sie Gelegenheit, sich diese Fragen dann mit eigenen Mitteln zu beantworten – Brain, Book, Buddy, Boss haben wir ja gelernt, und Boss bestand auf Absolvierung der Schritte in exakt dieser Reihenfolge – und so einen gewaltigen Schritt auf der Lernkurve zu machen.

Zwei weitere neue Praktikanten waren etwas sperrig, sie hatten nicht alle geforderten Unterlagen dabei, wurden von mir aufgefordert, die fehlenen herbeizuschaffen und schickten mir dann einen Link, wo ich sie abrufen könne. Die Antwort darauf ließ ich eine KI formulieren, besser ist das manchmal, die KI hat das gut gemacht, die Unterlagen trafen wenig später ein mit einer Erklärung, sie hätten da wohl etwas falsch verstanden und hofften, nun alles richtig gemacht zu haben. Ja und ja.

Ansonsten bereitete ich meinen Urlaub vor, zwei Tage sind es noch, das heißt, ich befreite den Urlaubszeitraum von dorthin gelegten Aufgaben und schaute, was davon ich vorher machen kann, was davon ich nachher machen kann und was ich entweder aus dem Urlaub regeln muss oder weitergeben kann.

Am Abend wieder Schienenersatzverkehr, darin ein trauriges Erlebnis: ein paar Stationen weiter stiegen ein Mann und eine Frau ein, die zusammen unterwegs waren und der Mann beschimpfte und erniedrigte die Frau unüberhörbar und ununterbrochen. Immerhin waren schon nach zwei Stationen mehrere Personen aufgestanden waren und hatten sich zu dem Pärchen gestellt. Wir fragten die Frau, ob wir etwas für sie tun können und sagten dem Mann, dass sein Verhalten inakzeptabel ist. Die Frau bestand darauf, dass alles in Ordnung sei und ihr Begleiter sie nur beschützen wolle. An der nächsten Station stieg dann die Polizei zu, wohl vom Busfahrer verständigt, und nahm unsere Beobachtungen und die Personalien aller Beteiligten auf. Weiter unternahmen sie nichts, da die Frau weiter versicherte, es sei alles völlig in Ordnung.

Eine schwierige Situation, finde ich, weil ich befüchte, dass die Frau die Konsequenzen unseres Eingreifens tragen wird. Nicht eingreifen schützt allerdings auch niemanden.

Am Abend war ich mit Kochen an der Reihe, wir bestellten auf Wunsch von M aber Pizza und ich legte den Fuß nochmal hoch.

Dann kam ganz überraschend ein Anruf von einer Kollegin aus meiner Weiterbildung, die ich kürzlich für meine Abschlussarbeit sehr widerstrebend gecoacht hatte. Widerstrebend, weil ich überhaupt nie jemanden coachen möchte, ich bin nicht gern eine prozessbegleitende Ressource (was Coaching im besten Fall ja ist) und noch weniger gern ein manipulativer Katalysator (was Coaching im schlechtesten Fall ist). Wie auch immer, ich hatte mich bei unserem Treffen, weil es nun einmal sein musste, voll und ganz mit Haut und Haar in die Rolle der prozessbegleitenden Ressource geworfen und wir hatten ein berufliches Gespräch vorbereitet. Dieses Gespräch fand heute statt, die Kollegin wollte mir davon erzählen, denn alle ihre Pläne gingen auf, allen ihren Wünschen wurde entsprochen, es war ein Erfolg auf ganzer Linie. Das hat mich sehr gefreut.