Zum Wasserschaden gibt es eine Ticketnummer. Mehr ist, soweit ich weiß, noch nicht passiert. Ich bin noch entspannt. Zum Wäschewaschen hätte ich sowieso keine Zeit, Dusche und Toilette funktionieren ja und ob ich mir über einer Schüssel die Hände wasche und Zähne putze oder über einem Becken ist mir eigentlich egal. Nur Kochen ist nicht ganz so freudvoll. Heute hat Herr N. gekocht.
Das Kaminrohr für die Heizung wurde heute gezogen, sagte mir die Hausmeisterin, als sie mich durch das Hoftor ließ, weil ich meinen Schlüssel nicht finden konnte. Ich kann in letzter Zeit häufiger meinen Schlüssel nicht finden, wenn ich vor dem Tor stehe; der Brandgeruch vom Nachbarhaus zieht mir bei der Suche in die Nase und macht mich ganz wirr. Ich nehme mir jetzt vor, den Schlüssel zukünftig schon auf der anderen Straßenseite herauszunehmen, das funktioniert bestimmt besser. Jedenfalls, ob die Heizung jetzt geht oder nicht, weiß ich nicht. Die Hausmeisterin war gerade auf dem Weg in den Keller, um es herauszufinden, das wartete ich aber nicht ab, denn es ist mir egal. Ich denke nicht, dass sie funktioniert. Zwar höre ich ein leises Rauschen, das ist glaube ich der Lüfter von Herrn Ns Laptop. Funktionierte sie, würde es ab und an leise knacken. Natürlich könnte ich auch einfach ein Heizungsrohr anfassen, um die Funktionsfähigkeit festzustellen, aber wo ist das der Spaß!
Im Büro befasste ich mich heute mit dem Budget, auch fast ausschließlich, denn bei meiner ersten noch recht kursorischen Befassung stellte ich fest, dass die Deadline nicht, wie ich dachte, Thanksgiving ist, sondern nächsten Freitag. Thanksgiving ist die Deadline für die Gehaltsverhandlungen. Wobei ich es unlogisch finde, diesen Teil erstmal zu schätzen, dann zu verhandeln und dann neu einzutragen. Ich finde so einiges unlogisch, das sich anderen leichter zu erschließen scheint. Wir denken wohl unterschiedlich, das ist in Ordnung.
Von den zwei Wochen, die für die Budgeterstellung vorgesehen sind, bleiben mir nun unglücklicherweise nur 4 oder 5 Tage. Denn zwei Tage sind ja für die Zahn-OP geplant, zwei für die Reise nach London, einer für die Beerdigung und einer möglicherweise für Brüssel. So eine Situation nennen wir bei uns im Büro „misslich“. Was bei uns bedeutet: es ist eine verdammte Scheiße aber davon lassen wir uns ganz sicher nicht aufhalten. Also habe ich heute von 8:30 Uhr bis 17 Uhr ununterbrochen Zahlen gestrickt. Der Headcount ist durch, Capex ist durch, der Gehalts-/Sozialabgabenteil von Opex ist durch. Das ist ganz gut, ich würde sagen, damit sind ungefähr 25 % erledigt und ich bin theoretisch gut in der Zeit. Nur praktisch leider nicht, denn morgen kommen Arbeitssicherheitsbeauftragter und Betriebsärztin zu einem Halbjahresgespräch, das kostet immer viel Zeit und später am Nachmittag sind lauter Koordinationscalls mit verschiedenen US-Abteilungen, meine Güte, warum schicken die nicht einfach alle E-Mails. Mittwoch habe ich dann nochmal einen ganzen Tag, das ist gut, ich hoffe, dann grob fertig zu werden. Dann kann alles sacken, ich kann verschiedene Budget-Teile in verschiedene Richtungen schicken und dann am Montag, nach Zahn-OP, quasi die Ernte meiner ausgesäten Fragen einfachen, einarbeiten, eine Nacht drüber schlafen, Dienstag alles fertigmachen und final abschicken. Und dann tiefenentspannt nach London, Brüssel und Stuttgart reisen, so, wie man entspannt im Schulhof herumlungern konnte, wenn man eine Klassenarbeit nch der Hälfte der Zeit abgegeben hat. Und niemand anders durfte dann mehr aufs Klo. Das ist ja jetzt beruflich zum Glück nicht so.
Um 17 Uhr wollte ich dann eigentlich noch in paar andere Dinge tun doch stellte zu meiner Verblüffung fest, dass das nicht mehr möglich war, jedenfalls nicht in der angestrebten Qualität. Also aß ich einen Obstsalat, den ich morgens eingekauft und dann vergessen hatte, und ging dann nach Hause.
Unterwegs wollte mir eine Frau aus einem neu geöffneten Kiosk einen Mini-Muffin aufdrängen. Ich wollte den Muffin keinesfalls haben, man sah ihm seine Industrie- und Plastikbeutelherkunft gleich an, die Frau war aber sehr hartnäckig, also nahm ich den Muffin und gab ihn an der nächsten Straßenecke einem Wegelagerer von World Vision weiter, der eigentlich mit mir sprechen wollte, ich wollte nun aber den Muffin loswerden und dieses Mal war ich sehr hartnäckig. Er steckte ihn sich ganz in den Mund und bevor er wieder sprechen konnte, war ich im U-Bahnhof verschwunden.
Aufgabe für den Rest des Abends: Runterkommen.