15. März 2024

Heute früh war ich also in der Schule. Ich war ganz verwundert, dass nicht überall Schüler*innen zu sehen sind, aber ich war um 8:10 Uhr da, da waren sie vermutlich in den Klassenräumen. Aber lungerte nicht früher Oberstufe immer irgendwo herum? Egal, ich fand das Schulsekretariat und Herrn M ohne Hilfe, eine Lehrerin (vermute ich, weil: Person über ca. 30 Jahre) war auch da. Ich schwenkte mein Plakat, sagte ich wolle es gern aufhängen und hätte von einem strengen Reglement bezüglich Klebeband gehört. Herr M bestätigte dies, fügte hinzu, auch die Größe des Plakats sei zu bestimmen und zu beurteilen, meines würde den Anforderungen wohl genügen, daher dürfte ich mir eine Rolle Klebeband und eine der vielen Scheren mit abgerundeten Ecken, die bereitlagen, nehmen und bitte natürlich beides zurückbringen.

In meinem Enthusiasmus wischte ich mit dem Plakat mehrere Scheren zu Boden, hob sie natürlich auf, die Lehrerin sagte „oh-oh das wird Punktabzug im Abitur geben“, „ich habe ja schon Abitur“ antwortete ich und Herr M sagte „bei Ihrem Kind natürlich!“. „Dann müssen Sie den Namen notieren, meine Tochter ist M.“, sagte ich. M und Herr M kennen sich, das weiß ich. „Ach du meine Güte“, sagte die mir unbekannte Lehrerin, „ich muss los“.

Ich hatte mir unter dem Klebeband ein hochwertigeres Produkt vorgestellt, eines, dass sich gut von Glasscheiben ablösen lässt zum Beispiel. Es sah aber nach dem billigsten Klebeband aus, das mir je in die Finger gekommen ist und schon, als ich das Poster an einer Ecke nochmal ablösen und glattziehen wollte, löste sich das Klebeband nicht mehr vom Glas sondern riss ab. Komische Geschichte, insgesamt.

Im Büro wartete eigentlich ein Gespräch auf mich, das mir als „sensibel“ angekündigt worden war. Dann war die entsprechende Person aber gar nicht anwesend. Dafür war die neue Mitarbeiterin wieder da, die gestern plötzlich 1,5 Stunden vor Feierabend spurlos verschwunden war. Wir konnten das aufklären, es handelte sich um ein Missverständnis. So richtig in Schwung kam ich den ganzen Tag nicht. Nach wie vor warte ich auf das Protokoll des IT-Calls, in dem ich über die deutschen Aufbewahrungsfristen referiert habe, sie scheinen das nicht so gern verschriftlichen zu wollen. Gegen Abend bekam ich noch eine Mittelfinger-Mail vom Vermieter, telefonisch erreichbar war er danach nicht mehr. Also schrieb ich vor Feierabend noch kurz zurück und bog dabei den Mittelfinger um.

Dann war es schon dunkel und ich wollte das Rad eigentlich nur in die Nähe der S-Bahn-Station fahren, es fuhr sich aber so gut, dass plötzlich eine knappe halbe Stunde vergangen und ich schon zu Hause war, bzw. beim Chor, also da, wo ich hinwollte. Wahnsinn. Ich bin gar nicht so außer Kondition, wie ich gestern morgen dachte, als ich mit platten Reifen im 1. Gang unterwegs war.

In der täglichen Contentvorschlagliste findet sich heute eine für mich unwartete Frage: „Simone de Beauvoir und Sartre hatten in ihrer Zeit als junge Erwachsene die Idealvorstellung von einem total extravertierten Charakter, den sie im „kleinen Bost“ verwirklicht sahen (so weit meine Erinnerung an S.d.B.s Schilderung). Ist Ihre eigene Extraversion für Sie auch ein Idealzustand?“

Zunächst einmal: ich bin froh, dass ich diesem Auskunftsersuchen intellektuell gewachsen bin. Mit dem kleinen Bost ist wohl Jacques Bost, Schüler von Sartre und Liebhaber von Simone de Beauvoir gemeint. Über seine Gemütshaltung weiß ich nichts, seine Beziehung zu Simone de Beauvoir ging allerdings über Jahrzehnte, also wird er wohl angemessen unterhaltsam gewesen sein, Simone de Beauvoir war ja immer sehr beschäftigt, sie hat bestimmt keine lästige Verbindlichkeit über die Jahre geschleppt.

Ob Jacques Bost sich über seine Psyche Gedanken gemacht hat, weiß ich nicht. Ich selbst mache das nicht. Also weder stehe/sitze/liege ich irgendwo und ergründe in mir „ah, ich bin ja soundso“ und angenommen ich täte das, also ich säße jetzt im Sessel, würde einen Big-Five-Persönlichkeitstest oder was auch immer machen und zu dem Schluss kommen, dass ich extravertiert bin, warum sollte ich diese Erkenntnis dann mit einem Werturteil belegen? Warum sollte es mich freuen oder warum sollte es mich stören? So, wie ich bin, bin ich ja offensichtlich nun einmal, völlig egal, wie es benannt wird. Wäre ich zum Beispiel ein Mensch, der nicht so gerne mit anderen spricht, würde ich ja einfach nicht so viel mit anderen sprechen. Würde ich lieber Beobachten als Handeln, würde ich nicht ständig „hier!“ schreien, wenn irgendwas zu tun ist. Es wird also wohl schon passen, so wie es ist, denn sonst wäre es nicht so – ist das nicht eine viel vernünftigere Annahme als die, dass ich mir überlegen könnte, ob ich so bin, wie ich es gut finde?

Und selbst, wenn ich mir nun das Persönlichkeitsmerkmal „extravertiert“ zuschreibe, erlaube ich mir trotzdem jederzeit, mich von Menschen zurückzuziehen, Zeit alleine zu verbringen oder in Gesellschaft zu schweigen. Wir sind alle nicht verpflichtet uns nach irgendwelchen Labeln, die uns jemand aufklebt, zu verhalten, noch nicht einmal sind wir dazu verpflichtet, wenn wir uns das Label selbst irgendwann einmal aufgeklebt haben. Wir dürfen uns jederzeit ändern. Und wir dürfen – um zur Frage zurückzukommen – jederzeit annehmen, uns in unserem eigenen Idealzustand zu befinden, völlig egal, was für einer das gerade in diesem Moment ist.

14. März 2024

Nachdem ich gestern mehrfach lang und breit lamentiert hatte, warum ich das Fahrrad diese Woche nicht reparieren lassen kann – nämlich aufgrund einer Vielzahl an hochkomplexen Gründen – entschied ich heute, damit ins Büro zu fahren und in einer späten Mittagspause einen Reparaturtermin wahrzunehmen, den ich auch gleich erklickte. Anschließend fuhr ich in Gang 1 – dem einzigen verbleibenden Gang von 7 – acht km ins Büro. Diese Prozedere dauerte 47 Minuten, ich hatte jede einzelne davon sehr schlechte Laune. Nach Ankunft verzehrte ich zunächst ein Brot mit Käse und Spiegelei, um wieder zu Kräften zu kommen.

Gegen 15 Uhr hatte ich mich ausreichend erholt, um zum Reparaturtermin weiterzufahren. 2 km entfernt. Ich hatte nach der Erfahrung vom Morgen mit einer Fahrzeit von einer halben Stunde gerechnet, kam aber schon nach 10 Minuten an, vor verschlossener Tür, es war Mittagspause da. Also wer macht denn um diese Zeit Mittagspause? Ich machte Grimassen vor der Tür, entdeckte zu spät, dass jemand im Laden war, über meine Grimassen lachte und öffnete.

Ich habe ja ein Leihfahrrad, ein Swapfiets, und der Laden – das Durchdachte der Einrichtung, die maximale Effizienz – erinnern mich an Mr. Wash. Wer hätte gedacht, dass gleich zwei meiner Happy Places fahrzeuggebunden sind. Zwanzig Minuten später war das Rad wie neu, es fährt jetzt so leicht, dass ich sofort googlete, wann die nächste Tour de France stattfindet.

Dennoch fuhr ich nicht mit dem Rad wieder nach Hause, ich hatte nämlich noch eine ganz andere Aufgabe. Vor sehr kurzem wurde mir zugerufen, ich könne ab morgen ein „Abi-Poster“ in der Schule aufhängen, jedoch nur mit dem Klebeband von Herrn M., alles andere sei verboten. Ich wusste die Information zunächst nicht einzuordnen. Was um alles in der Welt ist ein Abi-Poster, wer ist Herr M und was hat es mit dem Klebeband auf sich? Gestern, als M, der Kater und ich bei der Tierärztin warteten, war endlich Zeit, nach den Details zu fragen. Ein Abi-Poster ist ein Poster, auf dem den Prüflingen Mut zugesprochen wird und Eltern, die ihr Kind lieben, machen so eins, no pressure. Herr M ist der Schulsekretär und das Klebeband muss ein Spezielles sein, weil die Poster an Glaswände geklebt werden und das Klebeband später rückstandslos wieder entfernt werden muss. So viel erfuhr ich, dann rief die Tierärztin den Kater auf – die Aufrufart fand ich sehr komisch, habe ich so auch schon in der Tierklinik gehört, es wird „für [Name des Tieres]“ aufgerufen, also in unserem Fall „für Charly bitte!“. Verstehe ich nicht.

Egal, ich hatte mir jedenfalls einen Reminder „Abi Poster machen“ gemailt, den ich heute im Büro vorfand und gegen 16:20 war es so weit, dass ich einen Moment Ruhe fand und, nunja, ein Abiposter erstellte. Um 16:32 ging die erste Korrekturfassung an Cucinacasalinga und während sie Zeichensetzung und Grammatik bemängelte fügte ich in einer überarbeiteten Fassung noch etwas Kitsch hinzu, machte einen Probedruck und rief um 16:51 den Copyshop an, der bei Google die Bewertung „bester Copyshop der Welt“ hat. Am Telefon versicherte man mir, man sei versiert in Abi-Postern, ich solle nur kommen und 5 Minuten Zeit (und etwas Geld) mitbringen, bis 19 Uhr ist geöffnet.

So traf ich pünktlich im Copyshop ein und wurde sofort informiert, dass ich für Abi-Poster am richtigen Ort sei, man wüsste alles. Die Schule wurde abgefragt, zu den Konventionen (Größe, Papierart) dort beraten, meine Datei auf passende Auflösung untersucht und dann durfte ich den Laden verlassen, um irgendwo Bargeld zu suchen, man kann da nämlich nicht mit Karte zahlen. 15 Euro kostet die Version in A1. Während ich wartete, holten zwei Personen eine gebundene Bachelor-Arbeit ab, beiden wurde sie beidhändig mit festem Blick und „Ich wünsche Dir weiterhin viel Erfolg auf deinem Weg!“ überreicht.

Morgen früh werde ich Herrn M kennenlernen. Und sein Klebeband. Ich werde berichten.

Heute wird in der täglichen Contentvorschlagliste gefragt: „Reisen Sie gerne alleine oder lieber in Gesellschaft? Wie hat sich Ihr Reiseverhalten in den letzten Jahren verändert?“

Ich reise überhaupt nicht sonderlich gern, ich habe es mir ja zu Hause schön eingerichtet, warum soll ich da ständig wegfahren? Gleichzeitig reise ich außerordentlich gern, weil ich dann Dinge sehe, die ich noch nicht kenne und weniger Zeug um mich herum habe, also zu Hause, den Kopf freier habe. Am Liebsten reise ich allein, weil ich mich dann mit niemandem absprechen und auf niemanden Rücksicht nehmen muss, am Liebsten reise ich auch mit Leuten, die ich mag, weil ich dann immer gleich wen zum Reden über das Erlebte habe und andere mich auf noch mehr Ideen bringen, als ich sowieso schon habe.

Wie mein Reiseverhalten sich in den letzten Jahren verändert hat, liegt am Lauf der Zeit:

Vor 2020 hatte ich ein 15jähriges Kind, das lässt man noch nicht ständig allein zu Hause, um zu verreisen. Nach 2020 war eine weltweite Pandemie, da reiste man nicht so sehr herum. Als die Pandemie halbwegs beendet war, war mein Kind 18, das ist eine völlig andere Situation. Dafür sind mittlerweile die Katzen älter, die Putzhilfe hat gewechselt und das Leben anderer, unter anderem meiner Eltern, so weiterentwickelt, dass sie nicht mehr zum Katzensitting in eine andere Wohnung einziehen. Ab diesem Sommer bin ich – für Familienreisen – nicht mehr an die Schulferien gebunden. Ich habe vor 2 Jahren entschieden, dass ich nie wieder im Sommer in den Süden reisen werde. Ich habe zum meinem 50. Geburtstag von Fragmente eine Reise geschenkt bekommen und mir mit Schanuf gegenseitig eine Reise geschenkt, ich habe vor 2 Jahren begonnen, mit Frau Herzbruch einmal im Jahr zu verreisen, wie es dazu kam, erinnern wir beide nicht mehr, jedenfalls hat sich das Konzeptin allen Fällen so bewährt, dass wir es fortgeführt haben und zwei weitere Freundinnen dieses Jahr mit mir Wochenendreisen machen möchten.

Die letzten zwei Sommerurlaube haben wir mit Herzbruchs verbracht, den ersten, weil Frau Herzbruch meine gebuchte Reise mir einfach mit „du hast doch nichts dagegen oder?“ nachgebucht hat, weil ich nicht nur nichts dagegen hatte, sondern es für alle Beteiligten schön war, haben wir im nächsten Jahr gleich zusammen gebucht und für dieses Jahr auch wieder – vielleicht bleiben wir einfach dabei, so, wie wir ja auch Silvester immer zusammenfeiern, weil niemand sich jemals mehr den Stress machen will, zu überlegen, was man mal Silvester machen könnte. Das mit den Sommerurlauben haben wir vor 2020 nicht gemacht, aus keinem speziellen Grund, wir kamen einfach nicht auf die Idee, es hätte vielleicht aber auch nicht so gut geklappt, weil es bestimmt einfacher ist, die Interessen einer 19jährigen mit einem 15jährigen zu koordinieren als einer 15jährigen mit einem 11jährigen.

Also, schlicht, Lauf der Zeit, natürliche Entwicklungen. Außer das mit Frau Herzbruch, das ist, weil sie so warmherzig ist und ich schreibe das nicht nur, weil sie mich schriftlich dazu aufgefordert hat nur, weil ich ein paar Daten bei ihr nachfragen musste.

13. März 2024

Sehr konfuser Tag. Der Wecker stand auf 6:30 Uhr, weil der Knuspr-Bote zwischen 7 und 8 kommen sollte und dann wollte ich geduscht und angezogen sein, denn wenn ich im Zweifel erst nach 8 dusche wird alles arg spät.

Der Plan ging so grob auf, ich war um 6:45 fertig, da rief der Bote auch schon an, ob er früher kommen könne, jaja, sehr gern, meine Güte, um 6:45 Uhr morgens bin ich mit einem 100-Euro-Großeinkauf in meinem Flur dezent überfordert. Zusätzlich sah ich in diesem Moment, dass der Kater ein Matschauge hatte. Zusätzlich hatte ich zugesagt ich in diesem Moment M zu wecken.

Um 7:15 war alles sortiert, also die Einkäufe und das Kind und die Augentropfen im Kater, ich hätte gleich wieder schlafen gehen können, sah jedoch, dass eine Bahn fährt und die wollte ich nehmen.

Im Büro ging es ähnlich weiter, wie zu Hause. Es ist immer eine Falle, zu denken „also ich mache erstmal kurz xy und hole mir danach was zu trinken“, nach xy kommt nämlich ab und dann mn und dann op und das alles in rascher Abfolge, es war plötzlich 13:30 Uhr, ich hatte immer noch keinen Kaffee gehabt, ging statt dessen mit anderen Pommes essen und dann kam ein Anruf, dass die Tierärztin das Auge doch mal anschauen will, also verließ ich das Büro, saß dann bis 17:30 Uhr in der Tierarztpraxis, dann sehr müde im Sessel, arbeitete anschließend noch etwas Zeugs auf, Herr N kochte ganz hervorragend, nun ist es 21:30 und ich bin bereit, zu schlafen.

Kurz nur noch eine Frage in der unverbindlichen Contentvorschlagliste – heute auch eher nicht auf der heiteren Seite des Lebens: „Angenommen es gäbe in Ihrer Familie eine Prädisposition für Demenz. Wie würden Sie mit der Angst davor umgehen?“

Keine Ahnung. Denke, die Angst ist zweiteilig, einmal die, dass Angehörige erkranken und wie ich dann damit umgehe und andererseits die Angst, selbst zu erkranken. In beiden Fällen kann es hilfreich sein, sich Hilfe zu holen um zu erfahren, welche Möglichkeiten des Umgangs damit es gibt und ob es möglich und sinnvoll ist, irgendwelche Vorkehrungen zu treffen. Darüber hinaus würde ich vermutlich damit umgehen, wie mit allen Dingen, vor denen ich Angst habe, die aber außerhalb meines Einflussbereichs liegen: ich verdränge sie. Das ist nicht heute. Heute ist ein anderer, ein guter Tag.

12. März 2024

Während ich heute mit dem Auto zum Büro fuhr – die Bahn wird ja bestreikt – fantasierte ich, wie schön es wäre, wenn es in der Stadt auf allen Straßen nur noch eine einzige Autospur gäbe (also auch nur noch Einbahnstraßen) und der restliche Platz ausschließlich für Geh- und Radwege und eine ÖPNV-Spur vorhanden wäre. Die Autos würden sich entsprechend länger durch die Stadt schlängeln, macht aber ja nichts, warum sollte es mit dem Auto in der Stadt schneller gehen als anderweitig, das ist ja nicht notwendig. Währenddessen wurde im Radio berichtet, dass sich an den Streik beim Fernverkehr nun ein dreitägiger Streik im Nahverkehr anschließt, ich also den Rest der Woche auch Auto fahren werde. Ich kann das alles ganz entspannt gleichzeitig denken, mein Gehirn gibt das her.

Im Büro arbeitete ich Dinge auf. Es hat sich – durch zahlreiche Mietbeginnverzögerungen, Mietminderungen, Versehen und entsprechenden Korrekturen – ein unglaublicher Stapel an „Mietdauerrechnungen“ angesammelt, von denen alle bis auf eine keinen Bestand mehr haben, mir war das ganze aber zum einen durcheinandergeraten und zum zweiten wollte ich lieber nochmal nachrechnen und nachvollziehen. Das dauerte ein Weilchen, lohnte aber, denn es wurde eine vierstellige Summe zu viel eingezogen.

Danach befasste ich mich mit Müll. Ich weiß jetzt alles über die aktuelle Müllentsorgung und zukünftige Pläne im Gebäude, dazu telefonierte ich mit verschiedenen Personen, las Abrechnungen, Berichte und Zertifizierungsunterlagen, anschließend verfasste ich ein „Müll-Essay“, in englischer Sprache, das hoffentlich ausreichend dezidiert ist, dass mich niemand jemals wieder danach fragt.

Anschließend stellte ich noch einen Einseiter zusammen, um in Verhandlungen mit dem Vermieter zu gehen und hatte eine Videokonferenz, die sich mit dem Vorschlag befasste, alle gespeicherten Mails, die älter als 4 Jahre sind, zu löschen. Kann man natürlich machen, also das kollektive Gedächtnis einer Organisation über einen Zeitraum von vier Jahren hinaus einfach löschen, besonders häufig wird es wohl nicht bemerkt werden, wenn, dann aber in den Fällen, in denen es echt drauf ankommt.. Meine Stimme gibt es dafür nicht.

Zu Mittag hatte ich relativ geschmacklose Pasta mit Wirsing und Haselnüssen, danach zum Ausgleich eine wunderbare Kirschtasche.

Jetzt gerade im Sessel fiel mir ein, dass ich eigentlich noch einkaufen wollte, nun ist es zu spät und so habe ich Knuspr für morgen früh zwischen 7 und 8 Uhr bestellt, bin dann gleich in Aktionismus verfallen und habe Vorräte durchsortiert und beide Katzenklos grundgereinigt, folglich auch noch Katzenstreu und -futter bestellt, dann zwei Maschinen Wäsche durchlaufen lassen, denn morgen kommt die Putzhilfe und die Putzlappen waren noch nicht gewaschen wegen meiner Wochenendreise. Nun ist alles top.

In der täglichen Contentvorschlagliste ist heute eine Frage, die ich schon beantwortet habe. Bitte konzentrieren Sie sich. Zusätzlich: jede Person kann ins Handelsregister schauen, die Unterlagen dort einsehen und sich ein Bild machen. Das kostet nichts. Also, wenn man mich es machen lässt schon. Insofern machen Sie es besser einfach selbst.

11. März 2024

Einen halben Tag hatte ich Urlaub am Freitag und doch kam es mir heute so vor, als wäre ich mehrere Wochen nicht am Arbeitsplatz gewesen. Vielleicht lag das auch an der Ereignisdichte am Wochenende. Ich fühlte mich jedenfalls etwas wackelig.

Dieses Jahr haben wir übrigens eine spezielle Situation. Die ganze Welt weiß, dass ich die Sommerzeit ablehne. Nun wache ich allerdings seit über einem Montag morgens um 6 ausgeschlafen aus. Aufstehen muss ich erst um 7. Wenn ich um 6 Uhr aufwache, kann ich mich natürlich nochmal umdrehen und weiterschlafen, dann würde ich allerdings für anderthalb bis zwei Stunden schlafen, dann passt es wieder nicht. Ein Dilemma. Ende März wird nun der Rest des Landes sich an meinen neuen Schlafrhythmus anpassen. Der Gedanke gefällt mir.

Im Büro habe ich hauptsächlich Informationen für die großen Themen des Jahres zur Diskussion bereitgestellt und warte nun die Antworten und Einschätzungen ab. Für das eine Projekt, mein Wunschprojekt, mit dem ich neulich gegen eine Wand geprallt bin, habe ich mittlerweile drei von sechs Stimmen gesammelt, damit wird der zweite Anlauf – wenn noch ein paar Finanzfragen geklärt sind – sehr wahrscheinlich zum Erfolg führen.

Des weiteren hatte der Chef schlechte Laune. Hat er ja seit ein paar Wochen, mittlerweile hat er ganze Bereich so weit, dass sie seine schlechte Laune schon antizipieren und selbst auch in einen Jammerstrudel geraten, teilweise auch in Schicksalsgemeinschaftsambitionen. Ein paar Leute habe ich mir daher heute gezogen und mit ihnen abgemacht, dass es jetzt reicht mit der schlechten Laune und wir nun gute Laune machen. Ebbe langts, s ist ja völlig irrational, sich die Stimmung von einer Person aufdrücken zu lassen, die noch nicht einmal anwesend ist. Morgen früh ist erste Erfolgskontrolle mit Erfahrungsaustausch.

In der täglichen unverbindlichen Contentvorschlagliste wird heute gefragt: „Stellen Sie sich jemals (falls ja: wie oft und in welchem Kontext) die Frage, ob ihre geleistete Arbeit wohl den Erwartungen anderer an Sie entspricht?“

Zunächst mal vorweg – es scheint mir fast zu simpel, das zu erklären aber es hilft ja nix, es wurde gefragt: ich werde für meine Arbeit bezahlt, dementsprechend ist es ganz wesentlich, dass sie den Erwartungen „anderer“ – ganz konkret denen, die bezahlen – entspricht.

Nun zum nächsten Aspekt, ob ich mir vorstelle, dass meine Arbeit den Erwartungen anderer entspricht. Hier bin ich unsicher, was gemeint ist. Ich sitze nicht zu Hause (oder irgendwo anders) und male mir aus, wie sich irgendwer über meine Arbeit freut, sich Mr.-Burns-artig die Hände reibt oder abends beim Zubettgehen glücklich „ach, das hat Frau N heute genau so gemacht, wie ich es erwartet hatte!“ seufzt. Das also nicht. Ich gehe aber allgemein davon aus, dass meine Arbeit den Erwartungen meines Arbeitgebers entspricht, denn zum einen bin ich ziemlich gut in dem, was ich mache und zum anderen bekomme ich im gegenteiligen Fall sowieso sehr zeitnah einen Anruf, in dem Unzufriedenheit geäußert wird, da muss ich also nicht lange herumüberlegen.

Ein bisschen komplexer ist es mit den Erwartungen derjenigen, die mich nicht bezahlen, aber von meiner Arbeit betroffen sind. Die haben ja natürlich auch Erwartungen und bei denen muss ich genauer hinschauen, zumal ich diese Erwartungen erst einmal herausfinden muss denn die Personen, um die es da geht, können mir keine Weisungen erteilen. Deshalb sind diese Erwartungen weniger klar kommuniziert und können auch nicht Erfüllung einfordern, trotzdem ist es für mich wichtig, diese Erwartungen zu kennen und sie – wenn ich sie schon nicht immer erfülle – zumindest nicht zu enttäuschen, indem ich Mangels Kenntnis der Gefühlslage den Eindruck von falschen Versprechungen oder Hinhalten erwecke. Manchmal geraten – im beruflichen Kontext – Personen in Hinsicht auf ihre Erwartungen an mich auch ein wenig in Schieflagen und erhoffen sich, dass ich für ihre Erwartungen eintrete, auch wenn sie denen meines Arbeitgeber konträr laufen, einfach aus dem Grund, dass es ihnen wichtig ist und sie ihre eigene Meinung für wichtiger halten als die des Arbeitgebers. Was ich gar nicht bewerten will, nur ändert es nichts am Vertragsverhältnis, da liegt also ein ganz generelles Missverständnis der Situation vor.

Privat ist die Sache mit den Erwartungen bei mir viel weniger komplex, da es ja um rein partnerschaftliche Verhältnisse geht und das bereitet mir keinen Stress. Wenn Erwartungen an mich herangetragen werden, überlege ich, ob ich sie erfüllen will und mache es oder lasse es, mit den entsprechenden Konsequenzen.

10. März 2024

Kurze Vorbemerkung: es findet hier seit ein paar Tagen eine kleine Spamkommentarwelle statt, also in Form von sinnlosen Buchstabenkombinationen (nicht abwertend gemeint, sie ergeben nicht Worte, die mir missfallen sondern Worte, die ich keiner Sprache zuordnen kann) zusammen mit dubiosen Links. Sollte irgendwer kommentiert haben und der Kommentar ist nicht freigeschaltet worden, habe ich ihn versehentlich gelöscht. Schreiben Sie einfach nochmal. Es wird nicht an Ihnen gelegen haben. Ich habe noch keinen Kommentar, der aus mir (sprachlich) verständlichen Worten bestand, absichtlich gelöscht.

So. Ich habe Wirklichkeit geschaffen und bin mit dem Zug nach München gefahren. Die Zugbindung war wegen Streik aufgehoben, im Büro waren wegen Streik keine Termine, so schlenderte ich 2 Stunden früher zum Bahnhof, stieg in einen Zug zwei Stunden früher ein und traf überpünktlich zum Treffen in München ein. Musste dann feststellen, dass ich versäumt hatte, mich mit dem geplanten Programm vertraut zu machen, ich ging ja davon aus, zu spät zu kommen und dann allen anderen einfach immer hinterherzulaufen. Nun musste ich mich allein zum Hotel bewegen und noch herausfinden, wann ich denn abends nun wirklich verabredet war.

Ging alles gut, wenn ich auch gleich an der ersten Ampel vor dem Bahnhof von einer anderen Passantin wegen Über-Rot-Gehen zurechtgewiesen wurde, ich dachte schon, ich sei in Wien, vielleicht ist es auch mein heimliches Talent, mich in fremden Städten sofort irgendwie fehlzuverhalten. „Da Sie sich im Straßenverkehr so gut auskennen, sagen Sie mir bitte auch noch, wo ich die Haltestelle der Tram 21 finde?“ fragte ich zurück. So gewinnt man Freundinnen. Den Rest der zwei Tage lief ich sicherheitshalber immer nur noch hinter Excellensa her, wenn man sich irgendwie fortbewegen musste.

Es ist so: das Treffen, zu dem ich da war, war zum ersten Mal für, haha, März 2020 geplant gewesen. Damals gab es noch kein Deutschlandticket und ich hatte ein ganz anderes Hotel gebucht, fußläufig zur Wohnung von CucinaCasalinga, in die ich eingeladen war, weil ich nämlich überhaupt keine Lust hatte, mich mit Fahrkarten in irgendeinem anderen Verkehrsverbund auseinanderzusetzen. Nun, 2024, ist ja alles anders, ich brauche keine anderweitige Fahrkarte und kann in alle Verkehrsmittel einfach einsteigen, deshalb nahm ich das Hotel, in dem auch die anderen auswärtigen Gäste unterkamen. Lust, mir eine App zu installieren und Verbindungen zu verstehen, hatte ich dadurch allerdings immer noch nicht. Deshalb lief ich einfach immer hinterher, in, sagen wir mal, guten wie in schlechten Zeiten.

Das Wochenende war sehr kulinarisch und für mich gab es einige erste Male. Ich aß zum ersten Mal Kalbsfleischpflanzerl, was für ein Zungenbrecher, das Wort! Die Speise war lecker, leichter und feiner als Frikadellen, die ich von zu Hause kenne. Glaube ich, ich habe das letzte Mal vor 10 oder 15 Jahren Frikadellen gegessen. Also habe ich da nicht so den Anwendungsfall, wollte nur etwas typisches Essen. Am nächsten Morgen ging es gleich mit etwas typischem weiter, nämlich Weißwurstfrühstück! Weißwurst hatte ich auch noch nie gegessen! War auch lecker! Wenn ich nochmal gerade Wurst essen möchte, würde ich auch nochmal Weißwurst essen, ich hatte vorher gehört, dass die möglicherweise ziemlich eklig ist, das kann ich nicht bestätigen. Sogar eher unauffällig im Geschmack, unaufdringlich gewürzt, keine Stücke darin, die beim Kauen Widerstand leisten. Mir ist unklar, was man daran ablehnen kann, also wie gesagt, außer man lehnt Wurst generell ab. Möglicherweise hat es mit Erwartung zu tun, wenn man Lust auf Rostbratwurst hat, wird Weißwurst nicht glücklich machen. Das habe ich aber als Kind ja schon bei Oliven gelernt. Wenn man da Weintraubengeschmack erwartet, wird man auch nicht glücklich.

Weitere neue Erlebnisse: Caffè coretto grappa (hat mir nicht geschmeckt) und Cognac-Kirschen (ich glaube, es war Cognac?), die wiederum fand ich hervorragend und habe nur aus Vernunft irgendwann aufgehört, weiter davon zu essen. Leichtbier habe ich auch zum ersten Mal probiert und fand es super. Und das erstes Spaghetti-Eis des Jahres gab es noch, mittelgut, das liegt an mir, ich mochte schon im letzten Jahr Eis plötzlich nicht mehr so richtig gerne.

Schön war, dass ich ganz viele Dinge von denen CucinaCasalinga mir schon erzählt hatte, live sah. Ein Knuspr-Fahrzeug, Feinkost Käfer, den Rewe und den Kindergarten, das Busle (hoffentlich richtig geschrieben), das virtuelle Büro in echt und mir fällt gar nicht mehr alles ein, zusätzlich sah ich einige Orte, mit denen ich beruflich häufiger zu tun habe, zum ersten Mal wirklich. Zeitweise hatte ich das Gefühl, in der Kulisse meines eigenen Films herumzulaufen. Zusätzlich fuhren wir noch – ein ganz großes Erlebnis für mich – am ehemaligen Wirecard-Firmengelände vorbei.

Ich bewunderte die Aufbewahrung von Streugut (in Häuschen, die auf Stelzen in der Luft stehen), wir lernten den Blumen-Peter kennen, der von Kundschaft, die am Morgen kurz nach der Öffnungszeit erscheint und dann auch noch einen großen Strauß möchte, zunächst überfordert bis empört war, sich im Verlauf aber sehr gut selbst regulierte und uns am Ende noch Süßigkeiten zusammen mit einer kleinen Geschichte schenkte und ich lernte, dass es möglich ist, meine Begeisterung für Autowaschanlagen nicht zu teilen sondern sogar ganz das andere Ende des Gefühlsspektrums dafür aufzurufen. Ich wollte mir einreden, dass es so kam, weil es eine Aral-Waschanlage war und keine Mr. Wash-Waschanlage; das gelang mir aber nicht. Wobei ich schon glaube, ein Mattentoaster hätte das noch etwas rausreißen können in Bezug auf die gewünschte Emotion. Vielleicht probieren wir das in ein oder zwei Jahren nochmal.

Zwischen und beim Essen wurde viel erzählt und es wird einige Tage dauern, bis in meinem Kopf alles in den richtigen Kästchen einsortiert ist und nicht mehr ununterbrochen nachdenkenswerte Satzfetzen hochploppen.

Frage in der täglichen Contentvorschlagliste heute: „Die Benko-Pleite: Wie können immer wieder solche Luftschlösser entstehen, lernt niemand aus vorherigen Zusammenbrüchen?“

Ich finde das kein bisschen überraschend. Den Wunsch, etwas Besonderes zu machen, das Streben nach Glück, gibt es immer. Vielleicht könnte es ja dieses eine Mal klappen, schauen Sie sich selbst an, haben Sie schon Lotto gespielt, gedacht, dass sie ab jetzt total gesund essen, sich zum zweiten Mal in einem Fitness-Studio angemeldet, obwohl es schon beim ersten Mal nicht geklappt hat, mehrfach den Vorsatz gefasst, früher schlafen zu gehen oder sogar wirklich gelaubt, in diesem Jahr mit der Steuererklärung wirklich nicht in Verzug zu kommen? Wir hoffen, wir wünschen so, so, so sehr, nur dieses eine Mal kann es doch gut gehen, muss es doch gut gehen. Das ist nicht nur menschlich und ok so, das ist der Motor, mit dem wir versuchen, das Unmögliche möglich zu machen und ja, fast immer wird das scheitern. Und doch haben wir diese Dinge, die vor einiger Zeit noch unmöglich schienen und nun möglich geworden sind. Weil jemand es so, so sehr wollte und plötzlich alle Faktoren zusammentrafen, die für ein Gelingen notwendig waren. Wollen Sie darauf verzichten?

7. März 2024

Morgen fahre ich mit dem Zug nach München. Ich sage bzw. schreibe es nur schon einmal, um Realität zu schaffen.

Der Tag verlief ruhig, also: im Vergleich zu gestern jedenfalls. Ein sehr konfrontatives Meeting kam vor, allerdings nicht überraschend. Andere Dinge lösten sich in Wohlgefallen auf. Eine Sache, die mir (innerhalb meiner Geduldsspanne) nicht gelungen ist: der Hausverwaltung zu erklären, dass ein Unterschied besteht zwischen einer Minderung der Nebenkosten und einer Minderung der Nebenkostenvorauszahlung. Das ist eigentlich doch wirklich kein großer Denkakt, oder? Spätestens an der Nebenkostenabrechnung sieht man ja den Unterschied. Meine Güte. Ich muss eine Person mit mehr Geduld beauftragen, das zu klären. Um 17:30 Uhr noch ein Anruf des Vermieters, ich hatte keine Lust, den anzunehmen, ich rufe morgen zurück. Wer will mir ja seine Risikoanalyse hoffentlich nicht am Telefon erzählen.

Hin- und Rückfahrt verliefen per Auto ereignislos, der Koffer für morgen ist schon gepackt, Herr N hat Abendessen gemacht und M Schokocookies mit Meersalz.

Frage in der unverbindlichen Contentvorschlagliste heute: „Wie verlief der Weg von Ihrem Studium zu Ihrem (komplett fachfremden?) Job? Wie sind Sie auf die Idee gekommen, das zu machen, bzw. wer/was hat Sie dahin gebracht?“

Zunächst: ich finde nicht, dass mein Job komplett fachfremd ist. 

Dann: ich bin nie auf die Idee gekommen, diesen Job zu machen. Und die Frage, was mich dahin gebracht hat, passt auch nicht so richtig, denn der Job existierte nicht, bis ich ihn ausgeübt habe. Ich bin dieser Job, sozusagen.

Wie das passiert ist, kann ich nicht so genau sagen. Ich mache gerne Dinge, ich habe schon immer gerne Dinge gemacht. Wenn ich sehe, dass etwas gemacht werden muss, kümmere ich mich darum, dass es gemacht wird, von mir oder von anderen. Das zieht sich so durch, durch alles, was mir begegnet. Ich neige nicht dazu, andere Anwesende zu fragen, ob sie denken, dass diese Sache gemacht werden solle, ich neige nicht dazu, zu warten, ob jemand anders diese Sache macht. Sie können sagen, ich habe ein schnelles Reaktionsvermögen oder ich habe wenig Geduld oder auch einfach, dass ich lieber was mache als nichts mache. Ich schaue nicht gern zu. Ich schaue ja auch kein Fernsehen.

Mit dieser gerafften Information sehen Sie mich jetzt vor Ihrem geistigen Auge in einer Büroumgebung, es ist ein wachsender Standort, autokratisch geleitet, ansonsten weitgehend ungeregelt und dementsprechend mit einem großen Koordinationsvakuum. Natürlich ist da ständig irgendwas, das noch hakt, das stört, das fehlt, das anders besser funktionieren könnte und wenn Sie da eine Person reinsetzen, die einfach – durchaus ungebeten – immer Sachen macht, die noch fehlten und Abläufe erfindet und einfach bei allem, das Sie irgendwann mal als „es wäre schon ganz gut, wenn wir auch xy hätten“ sagt „okay ḱümmer ich mich drum!“, dabei natürlich auch bemerkt, was ihr liegt, was gut klappt, wo Wissen fehlt und wo mal neugierig reingschnüffelt werden könnte und wenn man ihr sagt „hier geht es nicht weiter“ heiter antwortet „okay dann geh ich halt da außen rum“, dann können Sie diese Person entweder nach einiger Zeit genervt aus der Organisation entfernen oder Sie nehmen einen gewissen Nutzen wahr und es entwickelt sich eine gelebte Praxis, in der diese Person halt diese Dinge macht und alle akzeptieren es weitestgehend. Und nach einiger Zeit denken sie sich, dass es für alle einfacher ist, dem Kind einen Namen zu geben. Also einen Titel.

6. März 2024

Der Morgen begann rasant, nämlich mit der kleinen Katze, die auf den schlafenden Herrn N. kotzte. Er wachte nicht davon auf. Ich aber und ich hatte Angst, es könnten Bröckchen auf meine Betthälfte rutschen, wenn er sich im Schlaf bewegt. Also entfernte ich die Katzenkotze von Herrn N, er wachte auch dabei nicht auf, ich checkte kurz die Vitalparameter, es war alles in Ordnung. Vermutlich hat er sich schlafend gestellt – er streitet es bislang ab.

Dann war es weiter rasant, ich stritt mich mit einem Kippladerfahrer von der Großbaustelle hinter dem Bürogebäude, er fuhr mir quasi vor die Füße, ich gestikulierte und brüllte, er stieg aus und brüllte und ging auf mich zu, ich brüllte und ging auf ihn zu, dann standen wir Nase an Nase und dann kam die Security. Ich trug das rosa Mäntelchen, mit dem ich mich immer wie die Queen fühle. Also halt nur nicht tot. Das Kantinenpersonal machte gerade draußen Rauchpause und amüsierte sich sehr. „Signorina Sie kriegen heute doppelt Dessert“, sagte der italienische Koch, nachdem die Security uns getrennt hatte.

Im Büro war es heute selbst für unsere Verhältnisse sehr verrückt. Eine Person, die sich echauffiert, dass in ihrer Abwesenheit an ihre Zimmertür geklopft wird, eine Person, die einer entsorgten Pflanze nachweint, die sie – ohne das mit irgendjemandem abzusprechen – in den Raum anderer Personen gestellt hatte, dort war sie eingegangen und nun ist sie halt im Müll, und auch ansonsten war es nicht so ganz einfach.

Passend dazu fragt die tägliche Contentvorschlagiste: „Was haben Sie am OC besonders geschätzt oder sogar übernommen?“

Eigentlich wollte Frau Herzbruch diese Frage beantworten, sie liefert aber ja nicht. Wobei ich mich da nicht zu weit aus dem Fenster lehnen kann, ich habe gerade vorhin auch sowas von nicht geliefert, ich habe sie nämlich um Anruf gebeten, damit ich Herrn Herzbruch zum Geburtstag gratulieren kann, in dem Moment, als der Anruf kam, nahm ich ihn dann nicht an, weil ich gerade den Mund voll Erdnussflips hatte, rief nach dem (vermeintlichen) Schlucken zurück, aspirierte dabei einen Erdnussflipsrest und konnte, als Frau Herzbruch dann antwortete, schlicht nichts sagen. Also auch keinen Glückwunsch.

Am OC habe ich besonders geschätzt, dass er es sich nie leicht gemacht hat. Ich kann mich an keine einzige Situation erinnern, in der er einen Weg genommen hätte, von dem er nicht überzeugt war, nur weil es der leichtere unter den verfügbaren Varianten war. Das hat seinem Handeln eine große Verbindlichkeit und Integrität verliehen. Dass er diesen Anspruch – dass wir es uns nicht leicht machen – auch an uns hatte, hat mich viel gelehrt und in der Lernkurve auch einiges gekostet. Ich denke, dass ich heute davon profitiere, dass er uns über Jahre antrainiert hat, nicht wegzugucken, nicht durchzuwinken, uns nicht abwimmeln zu lassen und Dingen, die unklar sind, auf den Grund zu gehen, bis sie klar sind.

5. März 2024 – WmdedgT

Alles zu WmdedgT wie immer bei Frau Brüllen.

Wie man sich abends immer noch an morgens erinnern soll, meine Güte, 15 oder 16 Stunden liegen dazwischen mit tausend spannenden Dingen.

Der Wecker klingelte um 7 Uhr. Ich hatte keine Nachricht, wann das Kind zu wecken sei, also kümmerte ich mich nur um mich und ein bisschen um die Katzen, hatte also ausreichend Zeit, mich unfassbar über die Bahn aufzuregen. Dass ich mich am Freitag nach München transportiere ist klar, wie ich mich transportiere allerdings noch nicht. Einen Platz im Flixbus lehnte ich ab, ich weiß nicht genau warum, vermutlich aus Bockigkeit, ich habe ja ein Bahnticket und ich wollte mir eine Runde einbilden, dass ich aus Bockigkeit fliegen würde, wenn es denn ginge, es ist für alle Beteiligten besser, wenn ich mit meiner Laune nicht als Fahrzeugführerin auf der Autobahn bin, lieber sitze ich verängstigt (ich habe ja Flugangst) in einem Linienflug und ich könnte Fingerzeigen, nach unten aus dem Flugzeug heraus und sagen „Hier, ihr seid Schuld, dass ich fliege und das Klima zu Grunde geht!“, das waren schöne Gedanken mit keiner Gefahr der Verwirklichung, denn der Flughafen wird ja auch bestreikt. Ich spiralisierte mich in rechtschaffender Empörung bist ganz nach oben und kündigte dann mit einem fulminanten „Klick“ mit dem rechten Mittelfinger meine Bahncard.

Wir wissen alle: ich fahre im Jahr über 10.000 km Bahn. Natürlich werde ich die BahnCard, wenn die aktuelle abläuft, gleich für die nächste Fahrt wieder kaufen, da müssen wir uns nichts vormachen. Ist aber egal, das ist irgendwann im November, das ist nicht heute. Heute habe ich es ihnen so richtig gezeigt!

Mit quasi bereits vollendetem Tagwerk ging ich ins Büro, um dies und das zu tun. Den Vormittag über gelang es gut, weiter Krempel wegzuarbeiten. Mittags war ich mit Fragmente verabredet, wir aßen Pasta und ich berichtete ihr alle Neuigkeiten, zeitweise war sie etwas überwältigt. Der Nachmittag entglitt mir dann, das Telefon hörte nicht mehr auf zu klingeln und (externe) Personen schickten mir Quatsch statt Informationen, kurz vor Feierabend suchte ich noch dringend einen bestimmten Mitarbeiter, er schien verschwunden, ich fand ihn schließlich in der neuen (noch leerstehenden Etage) mit einer Flasche Bier, was soll man da machen, ich nahm mir auch eine und setzte mich dazu.

Später Bahngedöns, statt einer halben Stunde dauerte der Heimweg 90 Minuten, in denen ich den lustigen Artikel las in dem Weselsky sagt, Ziel der Wellenstreiks sei, dass die Bahn kein zuverlässiges Verkehrsmittel mehr ist – nunja, da müsste er sich gar nicht erst bemühen denke ich. Aber egal.

Pünktlich zum Event mit Frau Herzbruch war ich zu Hause. Wir trugen beide Streifen, das war schön. Vor lauter Erzählen vergaß ich, den kaltgelegten Crémant zu öffnen, immerhin schien Frau Herzbruch gut unterhalten zu sein durch meine Ausführungen und von Herrn N wurde zwischendrin Gemüsecurry serviert.

Jetzt noch ein Ründchen Sessel.

4. März 2024

Keine Blumen bekommen morgens. Ich war in drei Läden, in allen sahen die Blumen so aus, als hätten sie das Wochenende in wasserlosen Eimern verbracht. Also eine Woche ohne Blumen.

Dafür eine Woche mit vielen Menschen, die wegen irgendwas angefasst sind. Heute kam mir der Gedanke, ob die eventuell gerade alle noch irgendwelche Jahresanfangsvorsätze verfolgen, die sie so zermürben. Saftkur oder keinen Zucker oder sowas. Sie sind angefasst wegen lauter Dingen, die lösbar sind, die Lösung möchten sie nicht, lieber leiden sie unter der Situation. Ob wir wirklich mal ernsthaft in medias res gehen wollen oder ob sie nur leere Bestätigung von mir möchten, frage ich, und die Antwort ist eine Gegenfrage: Ob ich nicht einfach mal nett sein kann. Ehrlich gesagt weiß ich nicht, wie das geht, mein „nett“ scheint nicht das „nett“ der anderen zu sein. Ich finde es nett, wenn ich mich in ein Problem vertiefe, analysiere, wo welche Verantwortungsanteile liegen und meine Ideen zu dem Bereich, der beeinflussbar ist teile, das kostet mich Zeit, das kostet mich Energie, das ist etwas, das ich für Wertschätzung halte. Leere erlernte Sprüchlein wie „ja das ist aber auch doof und was für ein Affront!“ aufzusagen finde ich nicht nett. Die kann man sich ja auch selbst ins Handy diktieren und bei Bedarf dann abspielen. Genau wie Lob und sowas. Das finde ich viel sinnvoller, als ständig darauf zu warten, dass jemand anders das sagt – das Streben nach der Bestätigung durch andere ist eher nicht so der Weg zur Glückseligkeit. Sinn verleihen muss man seinem Tun schon selbst.

Nunja, das alles wurde ich nicht gefragt, es fiel mir nur gerade ein, ich sollte ja nur nett sein und das gelingt mir nicht, weil ich nicht weiß, was das ist.

Keine Erledigungen am Abend und noch ausreichend Nudelsoße vom Wochenende zum angenehmen Resteessen und zur Vertiefung in meinen Bahn-Hass. Die Bahn streikt bis Freitag 13 Uhr und Freitag 14:30 Uhr möchte ich im Fernverkehr verreisen. Ich bin noch nicht bei der Akzeptanz angekommen, dass das nicht funktionieren wird. Statt dessen bin ich vergangen in Fantasien, wie ich eigenhändig die Bahn, also den gesamten Konzern, zerlege oder wie ich selbst Züge steuere, was natürlich absurd ist, denn dann kann ich ja auch ein Auto steuern. Aber wir sind nicht bei Rationalität, wir sind bei Hass. Es ist gut, dass das heute beginnt, bis Freitag habe ich mich vermutlich innerlich ausgetobt und bin gute Gesellschaft.

Frage in der täglichen unverbindlichen Contentvorschlagliste: „Was ist eine gute Strategie, um sich beruflich ganz neu aufzustellen? Zweitstudium oder Lehrberuf in höherem Alter, Einstieg in anderen Bereich über persönliche Beziehungen, oder ganz anders, wie funktioniert es (auch aus Ihrer Recruiterinnen(?)-Sicht) am besten?“

Also: überlegen Sie sich erstmal, was Sie überhaupt wollen. Ob Zweitstudium oder Lehrberuf zum Beispiel kommt doch komplett darauf an, um welches Gebiet es geht. Wenn Sie Schreinerin werden wollen sollten Sie nicht Sinologie studieren, das wird nicht gut funktionieren. Was machen Sie gut, was machen Sie gerne, was können Sie am besten und wo können Sie das ausleben, wo werden Sie im besten Fall dafür geliebt und ecken zumindest nicht damit an? Halten Sie Ausschau nach dem passenden Spielfeld, das, wo Sie Lust haben zu liefern auch wenn gerade niemand hinschaut und gehen Sie dahin. Und dann werfen Sie sich rein, heben die Hand, wenn was zu tun ist und haben Spaß am Sein. Das war das Wort zum Montag. Noch eine ganze Werktagswoche Zeit, um was zu reißen! Amen.

(Ich bin keine Recruiterin. Meine Güte. Ich hasse Recruiting.)