16. Oktober 2023

Es gibt diese Situationen, wir nennen sie gerne „unglücklich“, die sind einfach schlecht und lassen sich in keiner Weise gut auflösen, ich erwähnte es bereits einmal. Und heute hatte ich davon gleich zwei.

Die eine war lapidar, hauptsächlich, weil ich auf eine bereits geschaffene und solide Basis sozusagen eincashen konnte und so konnte ich in das Büro des nOC gehen und ihm „Wir haben folgende Situation, die Erklärung interessiert sie nicht, Sie müssen nur mein Wort nehmen, dass ich nicht verrückt oder nachlässig geworden bin und dann einfach hier unterschreiben, damit lösen wir das Ganze auf“ und das tat er dann und alles war gut.

Die zweite Situation war zugegebenerweise deutlich komplexer, hätte dennoch bei einer guten Basis zwischen allen Beteiligten vielleicht zufriedenstellend gelöst werden können, diese Basis haben wir aber nicht, jede der vier beteiligten Personen findet jeweils alle anderen eher entbehrlich. In Bezug auf die Situation: der eine kann sie nicht lösen, die zweite darf nicht, der dritte und ich können und dürfen und haben daher die Wahl: stehen wir lieber vor uns selbst oder vor allen anderen als Depp da, im ersten Fall ist nichts zu tun, im zweiten müssen wir lösen. Der andere entschied sich für Variante a, muss also nicht, ich mich für Variante b, kann und darf und muss also und heute setzte ich um. Kurz vor Feierabend und das war sehr klug, weil mir der Vorgang sämtliche Energie abzog.

Im Anschluss verabredete ich mich mit Herrn N. in einer fußläufigen Kneipe und löschte den schalen Geschmack im Mund mit Flammkuchen und Bier. Ich weiß gar nicht, warum wir das nicht ständig machen, also nicht das mit den schlechten Situationen sondern das mit der fußläufigen Kneipe. Fast hätte ich sogar noch Schanuf zum Vorbeikommen auf ein Getränk bewegt, aber sie hatte Verpflichtungen, die mit einer Couch zu tun hatten. Dennoch, um 21 Uhr schon im Sessel, es gab leckeres Essen und die Küche ist sauber, ich glaube, ich habe diese kluge Vorgehensweise in 3,5 Jahren Pandemie schlicht vergessen. Wer weiß was noch alles.

Ansonsten habe ich noch einen Nachgedanken vom Wochenende bei Violinista. Wir sprachen kurz anlassbezogen von einem Kleidungssstück, das ihr Unbehagen bereitete und je länger ich darüber nachdachte, desto mehr stellte ich fest, dass ich meine Kleidung eigentlich nie spüre. Ich spüre zwar dezent ihr Vorhandensein aber sie ist mir nie unangenehm. Ich bin auch schon versehentlich völlig bekleidet schlafen gegangen, einfach weil ich vergessen hatte, das ich nicht in Schlafkleidung gewechselt hatte. Das alles gilt natürlich nur zu Jahreszeiten, die ich nicht hasse, im Sommer ist alles unbequem, Kleidung genauso wie keine Kleidung aber das hat mit dem Thema an sich nichts zu tun sondern mit Sommer und darüber wollen wir nicht reden jetzt, wo er endlich vorbei ist. Also kurz: meine Kleidung verhält sich unauffällig. Wenn mir auffällt, dass ich sie trage, stimmt in der Regel etwas nicht: Socken haben ein Loch, Hosen sind zu weit oder zu eng, Oberteile sind aus unangenehmem Stoff, BHs sitzen nicht richtig, all das entsorge ich dann sofort, ich lasse mich nicht von Dingen belästigen. Sehr dunkel erinnere ich mich, dass das „früher“ mal anders war, dass ich da öfters meine eigene Kleidung ungemütlich fand. Vielleicht fällt mir noch ein, wann sich das verändert hat, bisher leider nicht.

Nachgereicht auch noch zwei Antworten aus Fragen der unverbindlichen Contentvorschlagliste, ich habe plötzlich den Ehrgeiz in mir entdeckt, sie komplett abzuarbeiten und schneller Fragen zu beantworten, als Sie welche reinschreiben, hehe. Die von heute ist mir aber gerade zu anstrengend, also die von gestern und vorgestern, die sind sehr einfach.

Die eine: „Brüllen Sie tatsächlich Menschen an (siehe vorletzter Absatz vom Text vom 22.08.23)? Ja, ich brülle tatsächlich Menschen an. Meistens brülle ich, wenn ich mich erschrecke oder wenn die Situation kein ausführlicheres Gespräch erlaubt, also z.B. im Straßenverkehr, ich hupe auch außerordentlich gern, wir können alle froh sein, dass ich so selten Auto fahre. Manchmal auch so, wenn ich sehr verärgert bin. Am Arbeitsplatz eher nicht.

Die zweite: „Die Fee schenkt Ihnen eine Fertigkeit, die sie sich schon lang gewünscht haben, aber aus eigener Kraft nicht erwerben können. Welche ist das?“ Das wäre natürlich das Fliegen. Ich kann nachts in allen meinen Träumen fliegen und halte das für mich für die optimal passende Fortbewegungsmöglichkeit, es ist mir ein absolutes Rätsel, warum ich das einfach nicht kann.

15. Oktober 2023

Der Eintrag von gestern fiel aus, Sie kennen das vom Radfahren: manchmal muss man ein bestimmtes Tempo halten, um nicht seitlich umzukippen.

Das Vorhaben, keine Impfnebenwirkungen zu spüren, ist gut gelungen. So brach ich gestern nach Erledigung diverser Kleinsttätigkeiten nach Saarbrücken zur Geburtstagfeier von Violinista auf. Violinista wünscht sich sehr, dass ich über ihre Party schreibe. Das teilte sie mir nicht nur sehr direkt mit, mehrfach, sondern vorher auch schon indirekt, indem sie mich z.B. fragte, ob ich denn für den Tag gestern einen Platzhalter hier im Blog erstellt hätte, damit ich später noch einen Eintrag am richtigen Tag schreiben könne. Hatte ich natürlich nicht, fand die Frage auch merkwürdig irrevant, sie musste also in der Äußerung ihrer Wünsche massiver werden.

Ich finde es schwierig, über Partys zu schreiben, weil ich generell versuche – aus Fairnessgründen – den Fokus des Blogs auf mir zu halten. Das klingt jetzt schon schräg, so als ob ich nur unfaire Dinge über die Partygäste schreiben könnte, was natürlich nicht der Fall ist, alle waren sehr nett, sind sicher auch generell sehr nett. Das klingt genauso schräg. Ich sehe jetzt schon, wo das hinführt.

Wir fangen vorne an. Am Samstagmorgen, eher schon Samstagmittag rief Violinista mich an mit der Botschaft, sie fühle sich recht matt und eingetrübt und ob überlege, ob sie die Feierlichkeit lieber absagen solle. Ihre Stimme kam mir aber gar nicht matt vor, eher leicht panisch, ich erfragte also Details, wie viele Gäste überhaupt erwartet würden, es wurde mir eine Zahl näher an der 30 als an der 20 genannt und ich diagnostizierte folgerichtig „Partypanik“. Empathisch war ich dabei auch, hätte ich wenige Stunden später knapp 30 Gäste erwartet, hätte ich mich durchaus auch angestrengt und vom Leben überfordert gefühlt. Diese Partysache ist ja kaum noch jemand gewohnt, schließlich spielen wir schon seit 3,5 Jahren Pandemie. Ich selbst kannte von den erwarteten Gästen alle vom erzählen und 7 bereits persönlich und war mir bei 6 dieser 7 Personen sehr sicher, dass sie auch eine Partyvariante mitgehen, bei der die Gastgeberin überfordert auf dem Sofa liegt, links hält jemand Händchen, rechts fragt jemand nach den Wünschen und ruft weitere Personen mit Speisen und Trank herbei.

Dazu kam es aber gar nicht, zwar fragte Violinista um 3 Minuten vor 19 Uhr noch, wo denn die ganzen Gäste seien und zierte sich, als ich anbot, vor der Tür Ausschau zu halten, ob sich im Dorf schon eine Schlange gebildet habe. Tatsächlich hätte ich dabei schon mindestens ein Paar entdeckt, erfuhr ich später, die im Zustand der Abhandengekommenen Partyerfahrung nämlich zu früh waren und das genauso peinlich fanden, wie Violinista mein Ansinnen, nachzuschauen, ob jemand kommt (und ggf. zu rufen, das hatte ich auch angeboten), daher hatten sie ein paar Häuser weiter abgewartet, bis andere ins Haus gingen. Wie schwer man sich das Leben machen kann!

Es war eine Mitbringparty. Total gute Idee! Unglaublich leckere Speisen wurden mitgebracht, für mich besonders herausragend ein grüner Salat mit Traube, Zwetschge und Erdnüssen und ein Shepard’s Pie. Dazu gab es Livemusik und viel Gespräch, ich bemerkte den ganzen Abend keinerlei Impfnebenwirkungen außer, wenn eine Gästin mit Mörderbizeps – der im folgenden auch vorgezeigt wurde – mir im Eifer des Gesprächs immer mal wieder auf die Grippeimpfstelle boxte. Später, als der Kreis kleiner wurde, wurde Kopfstand vorgeführt und manche schliefen mitten auf der Party ein, wie es sich gehört. Ich denke, die Gastgeberin kann zufrieden sein.

Heute am Mittag reiste ich zurück, etwas angeschlagener als am Vortag und mit schmerzendem Coronaimpfarm (vielleicht hätte ich die Bizepsfrau da auch ein paar Mal draufhauen lassen sollen, der Grippeimpfarm ist völlig okay!. Auf einem Autobahnrastplatz legte ich deshalb ein kleines Zwischenschläfchen ein, das mich über die restlichen 100 km trug. Deshalb werde ich nach einem Backofengemüseabendessen auch gleich schon für etwa 10 Stunden schlafen gehen und wenn ich danach fit bin werde ich sagen können: das alles war ein hervorragender Plan.

13. Oktober 2023

Morgen werden wir sehen, wie weit der feste Wille trägt.

Aber von vorn. Ich wurde heute von Impfluencerin Fragmente vor dem Bürohaus aufgesammelt und wir fuhren zu einem Impftermin. In einer Apotheke in einem großen Shoppingcenter, wahnsinniges Gebilde, von außen schon extrem verwirrend, zwei Spuren führen ins Parkhaus, diverse Rolltreppen führen ins Parkhaus, manche auch in eine U-Bahn-Station, es ist ehr weitläufig. Ich kann ja keine Einkaufszentren, ich verliere erst die Orientierung und dann meine Persönlichkeit. Es war im Nordwestzentrum ein klein wenig besser, weil es zum einen nicht ganz geschlossen ist und zum anderen in Teilen ein Glasdach hat, so dass mir die zeitliche Orientierung ein wenig erhalten bleibt. Ich kann sonst nach kurzer Zeit in solchen Zentren schon nicht mehr sagen, ob Tag oder Nacht ist und die wievielte Nacht möglicherweise, vielleicht wurde ich da drin schon geboren und bin da aufgewachsen, vielleicht ist auch alles nur ein Traum. Wie gesagt, ich kann Einkaufszentren nicht.

Wir besuchten erst die Apotheke, linker Arm Grippe, rechter Arm Covid, ich hätte es lustiger gefunden, wenn zwei Personen das gleichzeitig gemacht hätten aber es war nur eine Person, die um mich herum ging. Nicht schlimm, wenn sich nicht alle Wünsche erfüllen. Danach hatten wir noch 6 Stationen: Passfotos, Blumen, Baklava, Obststand, Rewe, Starbucks. Wir liefen in viele Richtungen, nur einmal erkannte ich etwas wieder, der eine Fotoladen hatte eine defekte Fotomaschine aber plötzlich erschien uns ein anderer Fotoladen, als wir beim Baklava ankamen, konnte ich schon keine Entscheidungen mehr treffen und verließ den Laden ohne Kauf, bei Rewe trug ich ein Glas Leberwurst aus Linsen durch den (sehr großen!) Laden bis fast an die Kasse, dort bemerkte ich dann, dass das Haltbarkeitsdatum schon überschritten war und stellte es wieder weg, also auch kein Einkauf im Rewe. Die Blumen waren auch eher schon hinter „best before“, das Obst ließen wird aus, Fotos brauchte nur Fragmente, ich habe es geschafft, mich unzählige Stunden in einem Einkaufszentrum aufzuhalten und nur einen Kaffee zu kaufen.

Um 17 Uhr war ich zurück im Büro, stellte die Unterlagen für die 2. Budgetrunde fertig und schickte sie ab, erledigte dann unaufgefordert gleich die 3. Runde auch noch, das werden sie nicht bemerken, weil es den Abläufen widerspricht, in zwei Wochen werden sie danach fragen und dann kann ich klugscheißen, darauf freue ich mich. Und für mich ist es einfacher so, die 3. Runde besteht nämlich darin, Posten über einer gewissen Summe und Abweichungen über einer gewissen Größe noch einmal gesondert zu erklären, das ist natürlich viel einfacher, wenn ich mir die Sache gerade so überlegt habe als zwei Wochen später, wenn die Welt sich schon längst wieder weitergedreht hat.

Vom Büro aus fuhr ich gleich weiter zum Chor. Und jetzt bin ich hier gerade im Sessel angekommen und frage mich, ob ich morgen auf der Party von Violinista wohl einen meiner beiden Arme mit einer Flasche Bier zum Mund heben kann. Wir sind jetzt wieder beim Thema. Ich vertrage die Covid- und Grippeimpfungen nämlich nur so mittel, üblicherweise liege ich danach 1 Tag mit Fieber und Schüttelfrost im Bett und bin einen weiteren sehr matt. Dazu habe ich dieses Mal keine Zeit, ich reise ja morgen zu einer Party. Daher habe ich entschieden, dass ich dieses Mal keine Impfnebenwirkungen haben werde, jedenfalls keine gravierenden, maximal dürfen es schwere Arme sein. Das ist mein fester Wille und ich erwarte, dass es so geschieht.

In der täglichen Contentvorschlagliste ist heute die Frage, was „Freitag der 13.“ mit mir macht. Die Antwort ist knapp und unspektakulär: rein gar nichts. Ich kann mich auch an keinen Zeitpunkt in meinem Leben erinnern, zu dem das anders gewesen wäre.

12. Oktober 2023

Der Tag war anstrengend, und es entspannt mich ja, wenn Geräusche um mich herum sind. Allerdings bin ich allein zu Hause bzw. mit den Katzen, aber Katzen sind leise Tiere. Seit einer Viertelstunde versuche ich jetzt, ein Fernsehprogramm im Hintergrund laufen zu lassen, für angenehme Geräusche und ich scheitere.

Programmplatz 1, ARD, jemand wird umgebracht, entspannt mich nicht
Programmplatz 2, ZDF, jemand hat eine schwere Krankheit, entspannt mich nicht
Programmplatz 3, Arte, halbnackte Menschen massieren sich und volle Aschenbecher stehen herum, das stört mich
Programmplatz 4, ZDFINfo, irgendwas urzeitliches mit Skeletten und mit sensationsheischender Musik, die mich anstregt
Programmplatz 5, alphaHD, Menschen sprechen starken Dialekt, strengt mich auch an
Programmplatz 6, ZDFneo, erst dachte ich MaithinkX kommt aber jetzt ist da ein Mann im blauen Anzug, das stört mich, außerdem ist applaudierendes Publikum da, das ist enorm schlecht
Programmplatz 7, OneHD, Thorsten Sträter, da war ich neulich (also vor ca. 1 Jahr) mal in einer Show, den mag ich gern aber jetzt sitzt der da mit einem anderen Mann, naja, die Sendung heißt auch Männerhaushalt, da bin ich nicht die Zielgruppe, warum sollte ich zwei Männern zuhören, die sich unterhalten.
Programmplatz 8, RTL, Doku über Gewalt gegen Frauen, entspannt mich nicht
Programmplatz 9, SAT1, irgendwas mit Notarzt, megaunentspannend für mich, warum guckt man sich denn Notfälle an?!
Programmplatz 10, RTL+, ein Fuchs preist mir Waschmittel an wtf?
Programmplatz 11, DMAX, nun Feuerwehrnotfälle, sind auch nicht besser als Krankenwagennotfälle
Programmplatz 12, Doku irgendwas, es geht um Mafiamorde. Nein danke, kein Mord in meinem Wohnzimmer

Ich gebe das jetzt auf.

Mein Büroplan für heute ging auf. Alles Wesentliche ist erledigt, ich hatte mir einen Wecker auf 17:45 Uhr gestellt, damit ich definitiv pünktlich Feierabend mache . Einreichen werde ich die Sachen erst morgen, um 17.43 hatte ich noch festgestellt, dass ich komplett vergessen hatte, Stromkosten mit einzuplanen für 2024, insofern war es eine gute Idee, mich aus der Situation zu nehmen. Morgen weitermachen ist besser, in jeder Hinsicht.

Die anschließende Gesangsstunde war schwierig, ich war nicht im Rhythmus, kein Wunder, ich war ja in mir nicht im Rhythmus und im Tag schon gar nicht, es hätte auch noch 11 Uhr morgens sein können oder schon 1 Uhr nachts, ich war den Arbeitstag über in einer anderen Dimension. Wir beschlossen, uns auf Sonntag zu vertagen.

Thema der täglichen unverbindlichen Contentvorschlagliste: Tax the Rich. Ich habe bei Steuern nicht so richtig den Durchblick. Es scheint mir ein amöbenhaft gewachsenes Geflecht aus Regelungen zu sein, in dem es zahlreiche Sonderwege gibt. Optimistisch nehme ich an, dass diese Sonderregelungen möglichst vielen verschiedenen Lebensrealitäten Rechnung tragen sollen, dass sie eigentlich zu mehr Gerechtigkeit führen sollen. Gleichzeitig führen sie – wie alle verworrenen Regelungen – auch zu Missbrauch und wer sich sehr gut auskennt oder eine Person bezahlt, die sich sehr gut auskennt, findet für sich selbst bessere Weg als der Durchschnittsmensch. Das ist ärgerlich, denke ich, denn eine Gesellschaft ist ein Solidarsystem und alle sollten einen gerechten Anteil daran tragen. Ich kenne mich zu wenig aus, um beurteilen zu können, ob Vereinfachungen möglich sind und ob sie zu mehr oder zu weniger Gerechtigkeit führen.

11. Oktober 2023

Sehr wilder Tag. Heute haben ja zwei sehr wichtige Menschen Geburtstag nämlich (in alphabetischer Reihenfolge) Fragmente und Violinista. Ich rief beide vom Arbeitsweg aus an, bei Violinista, die ja ein sehr unstetes Leben führt, war ich unsicher, ob ich sie eventuell aus dem Tiefschlaf reiße aber dann dachte ich mir, sie ist ja nun alt genug geworden, um sich mit dem Handy zu organisieren und es ggf. auszuschalten. Sie klang aber wach – schon so, als hätte sie noch nicht mit ganz so vielen Personen vorher gesprochen, aber auch nicht wie frisch aus dem Schlaf gerissen und war schon ausreichend auf Zack, anzumerken, dass meine Doppelimpfpläne am Tag vor der Party vielleicht nicht klug sind. Ich versprach, in diesem Fall für entsprechende Medikation zu sorgen. Wir werden sehen.

Bei Fragmente war ich unsicher, ob ich sie am Arbeitsplatz störe, auch das war aber nicht der Fall, sie stand noch im Stau, ich präsentierte die Idee von Geburtstagslunch aber das ging sich dann zeitlich bei ihr leider nicht aus. So war ich den ganzen Tag in Zahlen vergraben, nächste Budgetrunde ist Montag und das ganze Wochenende bin ich unterwegs, es muss also am Freitag alles fertig sein, morgen habe ich abends aber was vor und gehe daher ganz pünktlich und am Freitag ist der Nachmittag mit Fragmente vorgesehen und abends Chor – das mag jetzt nach schlechter Planung klingen aber ist es ganz und gar nicht. Ich mache in diesen Phasen, in denen ich eigentlich ununterbrochen auf eine Deadline hinarbeiten müsste-sollte-könnte-würde immer viele private Termine, damit ich genau das nicht tue, das tagelange Vergraben mit eskalierenden Arbeitsstunden und Nächten vor dem Rechner. Das tut mir nämlich nicht gut und die Qualität wird auch nicht besser. Die Zeit, die ich durch eine Mittags-oder Abendverabredung nicht zusätzlich investiere, hole ich danach locker wieder auf, weil ich entspannt bin und keińen Tunnelblick habe.

Zwischendrin, zwischen den Zahlen, hatte ich noch Besuch. Der Möbellieferant kam, begleitet von einer Person, die mir als „Head of Innenarchitektur“ und einer anderen, die mir mit „Unsere Designerin“ vorgestellt wurden. Gemeinsam begingen wir eine Baustelle und zwei Bereiche mit Veränderungsbedarf, Head of Innenarchitektur und Unsere Designerin wiegten die Köpfe hin und her und sprachen von Herausforderungen, Problemstellungen und schweren Denkaufgaben und ich versuchte nicht durchscheinen zu lassen, dass mich Design und Innenarchitektur in etwa genauso interessieren wie Autos.

Heute Abend gelang es mir dann noch, das gestern ausfindig gemachte Paket abzuholen. Der Kioskmann begrüßte mich freudig und namentlich und holte es sofort aus seinem Hinterzimmer.

Themenanreichung in der täglichen Contentvorschlagliste heute: Wanderurlaub.

Vor ein paar Jahren hatte ich mit Frau Herzbruch ja mal überlegt, eine mehrtägige Eselwanderung in der Uckermark zu machen. Ich weiß nicht mehr, wie es dazu kam, ich glaube, Frau Herzbruch hatte diese Idee. Ich mag Esel. Der Uckermark sagt man aber schlechten Handyempfang nach und als wir uns die Unterkünfte, die bei der Eselwanderung zur Auswahl standen, anschauten, waren wir schnell desinteressiert.

Ich habe nichts gegen Wandern, ich besitze sogar Wanderschuhe, die ich schon häufiger mal getragen habe. Die Wanderreisen, die die Kaltmamsell unternimmt sprechen mich sehr an, denn da dreht man nicht Runden sondern geht von Ort zu Ort (ich habe immer gern ein Ziel) und das Gepäck wird transportiert. Das ist für mich wichtig, ich möchte bekanntlich überhaupt nie irgendwas tragen. Eigentlich auch keinen Tagesrucksack mit Wasserflasche, deshalb fand ich die Idee mit dem Esel attraktiv. Ich habe, finde ich, in meinem Leben meinen Anteil an „Sachen hin- und herschleppen“ schon fertig absolviert, ich möchte das einfach nicht mehr, es macht mich aggressiv und mein generelles Aggressivitäsniveau ist ja schon ausreichend hoch, da muss man etwas achtsam vorgehen. Achja und im Sommer würde ich natürlich überhaupt nie wandern wollen, ich glaube, für die Eselwanderung hatten wir auch den Oktober angepeilt, na da hätten wir aber blöd geguckt, wenn das so ein Oktober gewesen wäre wie dieser.

10. Oktober 2023

Die Menschen auf der Straße sind unglaublich aggressiv derzeit, also auch die 5/6 in Hessen, die keine Rechtsradikalen sind, mich eingeschlossen. Ich gehe sehr davon aus, das liegt am Wetter, es ist ja viel zu warm.

Es begann schon morgens damit, dass am Eingang zur S-Bahn ein komisches Schild blinkte, so eine Figur mit seitlich ausgestreckten Armen in einem roten Kreis, ich kann ja keine Piktogramme lesen aber ich nahm an, es bedeutet irgendwas von „hier nicht weitergehen“. Das Schild an sich muss schon länger da sein, es war strombetrieben und schmutzig, leuchtend oder blinkend hatte ich es aber noch nie gesehen. Außer mir interessierte das Schild genau niemanden, alle gingen ganz normal in die S-Bahn-Station bzw. hinaus, keine rennenden oder beunruhigten Menschen niemand in Panik, eher wie Lemminge. Ich machte auch auf Lemming und ging in die Station, traf dort auf die Security, die seit Monaten immer da herumlungert und sprach sie an, sie konnte mich aber wegen Kopfhörern in den Ohren erstmal gar nicht hören, wenn man in dieser S-Bahn-Station aus irgendeinem Grund um Hilfe rufen sollte, muss man also nicht denken, dass die drei Security-Typen, mit mit einem Megaphon, das so groß wie mein ganzer Oberkörper ist, 24/7 die eine Sitzgruppe komplett belegen und Liegestütze daran machen, irgendwas hören.

Nachdem die Security auf meine Weisung die Ohrstöpsel entfernt hatte, wurde mir mitgeteilt, ja, man wüsste wohl, dass das blinkt, aber keine Ahnung wieso. Ich verlangte Klärung, dann kam aber meine Bahn und ich verlor das Interesse, es ist ja auch wirklich scheißegal, die Security hört nichts und macht Liegestütze, das Schild blinkt oben und alle rennen wie Lemminge in die Station, niemanden interessiert es, warum sollte es ausgerechnet mich interessieren. Mich interessiert sowieso schon viel zu viel.

Im Büro eine Videokonferenz nach der nächsten, man sagt ja immer so schön „this meeting could have been an email“ aber mein erstes dieser Meetings WAR eine E-Mail, die ich sogar schon dreimal geschickt hatte, der Empfänger vermutlich nicht in der Lage, ihren Inhalt zu erfassen, das Thema unserer Besprechung, in größerer und eskalierter Runde, war nämlich genau das, das ich in der Mail erläutert und belegt hatte. Bzw. eine Kollegin beim allerersten Mal, beim zweiten Mal, als die Nachfrage an mich als Vorgesetzte kam, hatte ich die Mail – die wirklich alle Informationen und Belege enthielt – dann nochmal weitergeleitet und dann, als die Einladung zu der Besprechung kam, nochmal weitergeleitet, denn da steht ja alles, was also ist genau die Frage? Die Frage, die Fragen, betrafen Punkte, die in der Mail genau aufgelistet stehen, also leitete ich sie während des Meetings nochmal weiter, dieses Mal an alle Beteiligten, das vierte Mal, dann war das Meeting aus, denn da stand ja alles. Drei Chancen und 15 Minuten Zeitverschwendung sind offensichtlich mein Limit, danach schubse ich wen über Bord.

Alle weiteren Besprechungen waren ähnlich effizient, ich beschäftigte mich nebenher mit dem Versenden empathischer kurzer Nachrichten, zum Beispiel an den nOC „Da ist aber wirklich der Wurm drin mit Ihrem Flug, super ärgerlich, sagen Sie, wenn ich was für Sie tun kann!“ und an eine Mitarbeiterin aus einem anderen Büro „Thanks for letting me know you’ll be on vacation. I know you’ve been through alot with us. Take a good rest and enjoy yourself.“ Bei mehrstündiger kognitiver Unterforderung kann ich ja diesen bei mir unterentwickelten kommunikativen Bereich etwas trainieren.

Zum Tagesabschluss loggte ich noch versehentlich zwei Personen während laufender Calls aus ihren Telefonen aus, weil ich mich vertippt hatte. Gerade vorgestern hatte ich mich noch gewundert, warum denn niemand außer mir sein Telefonpasswort vom Standard wegändert und die Antworten darauf waren, dass das Risiko, dass da was passiert, ja wohl supergering sei. Tja so kann es gehen. Es war aber wirklich ein Versehen. Habe auch allen gezeigt, wie man das wieder repariert.

Abends nochmal fast Schlägerei im Supermarkt (ohne mein Zutun) und im Straßenverkehr (mit meinem Zutun), dann musste ich mich unfassbar über DHL ecommerce aufregen, die mir eine Sendung zugestellt hatten, bzw. eben nicht, aber in der Sendungsverfolgung stand, eine Benachrichtigungskarte sei zugestellt worden und das Paket am „Pickup Point“ abzuholen, ohne irgendwo zu verraten, wo dieser Pickup Point sei. Auf eine zuständige Telefonnummer kommt man über die DHL Webseiten nicht, auch nicht auf eine E-Mail Adresse, es ist und bleibt einfach ein Saftladen. Sollen Sie mal einem solchen Problem gegenüberstehen, nutzen Sie https://parcelsapp.com/, das ist schlauer als die originäre DHL Sendungsverfolgung und verrät ihnen dann (hoffentlich – mir ja), wo das Paket ist. Jetzt hoffen wir mal, dass ich es da morgen ohne Abholkarte auch bekomme, aber es ist der Paketladen, in dem (eine freundliche Version von mir) namentlich bekannt ist.

Morgen nochmal 25 Grad und Sonne, also weiterhin schlechte Laune. Bleiben Sie dran.

9. Oktober 2023

Ohne, dass ich es bemerkt hätte, habe ich den ganzen Weg im Büro durchgezählt. Eins-zwei-drei-vier-fünf-sechs braune Ratte! Eins-zwei-drei-vier-fünf-sechs braune Ratte! Wir sind hier ja schließlich in Hessen, alle sind verdächtig. Als ich im Büro ankam, traf mein mentales Durchzählen Kollegin S, die in meiner Tür stand und fragte „Haben Sie die AfD gewählt?“ „Sind Sie krank?“, fragte ich. Sie erwiderte nein, es gehe ihr zwar schlecht, aber nicht gesundheitlich. Sie könnte sich nur nicht vorstellen, wer diese Menschen sind und würde daher jetzt einfach alle Leute fragen. Bisher habe sich niemand offenbart. Wir kamen überein, dass wir unsicher sind, ob uns das erleichtert oder beunruhigt.

Ansonsten war der Tag verrückt. Morgens gingen unsere Wochenendaktivitäten durch die Presse, das war ein bisschen aufregend. Dann verbrachte ich längere Zeit damit, einem ausgebuchten Berliner Hotel ein Tageszimmer abzuschwatzen. „Sie haben fast 400 Zimmer und da wird doch wohl irgendwo eine frühe Abreise und eine späte Anreise dabei sein und dann können Sie das Zimmer quasi doppelt abrechnen, meine Güte, für 500 Euro würde ich das an Ihrer Stelle sogar selbst putzen und abgesehen davon hängt der Gast eh nur reglos in Videokonferenzen und macht keinen Dreck“, sagte ich. Welcher dieser Punkte der überzeugende war, weiß ich nicht, aber es ging dann.

Kurz darauf erhielt ich einen Anruf von Fragmente, der sehr geschäftsmäßig klang, sie informierte mich recht knapp, sie habe für uns einen Impftermin ausgemacht und teilte Datum und Uhrzeit mit. Mir war bis dahin nicht bewusst, dass ein Impftermin für mich ausgemacht würde, ich interessiere mich zwar für einen aber habe irgendwie bis in drei Jahren zu keinem Zeitpunkt Muße, mich nochmal zwei Tage mit impfkrank auf’s Sofa zu legen. Andererseits ist das natürlich besser, als mich nochmal eine Woche mit Corona ins Bett zu legen. Ich gehe also Freitag zur Coronaimpfung und Montag zur Grippeimpfung und am Wochenende dazwischen fahre ich zu den Geburtstagsfeierlichkeiten von Violinista und nehme vielleicht mit dem Auto einen Typen mit, den ich für so irre halte, dass ich nicht zu ihm ins Auto steige. Ob er ausreichend irre ist, zu mir ins Auto zu steigen, ist noch nicht ganz raus.

Abends war ich im Supermarkt, weil ich großen Appetit auf Frikadellen hatte. Ich mag überhaupt keine Frikadellen, weil mir Hackfleisch suspekt ist. Ich wäre aber ja eigentlich letztes Wochenende in München gewesen und wir wären im Spatenhaus eingekehrt, man hatte mir schon mitgeteilt, das Signature Dish des Spatenhauses seien die „Kalbsfleischpflanzerl“. Ich brauchte schon drei Anläufe, das zu tippen. Gruselig. Fleisch, das nicht in Urform daher kommt und dann noch von einem Kalb. Gleichzeitig habe ich immer heftige FOMO und natürlich muss ich das Signature Dish essen, es führt kein Weg daran vorbei, so dass ich jetzt schon seit etwa zwei Wochen komplett auf Kalbsfleischpflanzerl (Übung macht die Meisterin) ausgerichtet war und dann fiel der Besuch aus. Seitdem habe ich Appetit auf Frikadellen. Ich kaufe natürlich keine fertig abgepackten, Gipfel der Widerlichkeit und ich matsche natürlich auch nicht selbst in gehacktem Fleisch, um Frikadellen selbst herzustellen, K2 der Widerlichkeit. Ich kaufte also ein veganes Produkt, oder vegetarisch, keine Ahnung und nunja, ich wurde mitgerissen und was weiß ich, welches Ersatzprodukt da schmeckt, ich kaufte also alle verfügbaren veganen/vegetarischen Sorte. Fünf waren es. Zu Hause verspürte ich Erkärungsnot vor dem Kind, erläuterte also meine Gedankengänge, M fand alles absolut nachvollziehbar, sagte aber auch, wie immer sei „Mühlendings“ die Marke der Wahl. Das findet sie bei allen solchen Produkten. Auf dem Einkaufszettel steht daher häufig „Mühlendingszeugs“.

Die Mühlendingsfrikadellen waren als Trägersubstanz für Curryketchup und Senf geeignet, in der Textur auch sehr angenehm, im Geschmack ein solides „gut“, nur der Nachgeschmack ist mir etwas zu intensiv. Den werde ich gleich mit einem Apfel neutralisieren.

Frage in der Contenvorschlagliste heute: „Wer und/oder was (Mehrfachauswahl möglich) ist komplett wunderbar, perfekt, wie für Sie gemacht, einfach großartig?“ – Sie ahnen die Antwort vermutlich schon: kommt ganz drauf an, zu welchem Zeitpunkt Sie mich das fragen. Vorhin hätte ich gesagt „Mühlendingsfrikadellen“, jetzt wegen des Nachgeschmacks und weil ich ja schon satt bin nicht mehr. Zum jetzigen Zeitpunkt wäre Mineralwasser mit viel Sprudel, Zimmertemperatur, große Glasflasche zweifellos das Beste auf der Welt für mich. Deshalb hole mich mir das jetzt.

8. Oktober 2023

Es ist so viel besser für mich, morgens das Haus zu verlassen, der ganze Tag hat dann für mich einen besseren Rhythmus. Idealerweise verlasse ich das Haus aber nicht gegen 8 Uhr sondern gegen 10 Uhr, so wie heute, zum Frühstück mit Schanuf und Dackel. Und jederzeit ca. 50 Wespen. Die waren allerdings schon etwas dumm, sie umflogen die Speisen, landeten auch mal aber bekamen es nicht hin, davon zu fressen. Aggressiv waren sie auch nicht, eher etwas kuschlig aber wir mussten sehr aufpassen, nicht versehentlich eine mitzuessen.

Spaziergang in milder Luft zum Fahrrad, das ja noch an der S-Bahn stand, dann auch weitere Fuhrparklogistik, M hatte gestern Nacht nämlich im Hof geparkt, weil das Garagentor so laut ist. Das erste Mal kam sie um 2 Uhr nach Hause, allerdings nur zum Umziehen und Partywechsel, das zweite Mal dann gegen 6 Uhr. Ich bin schon vom Zusehen völlig erledigt. Das Auto konnte ich dann leider nicht umparken, M hatte so nah an der Wand geparkt, dass ich nicht durch den Türspalt passte. Meine Güte.

Nachmittags Kaffeeplausch ohne Kaffee mit Cucinacasalinga, ich habe schlimmen Entzug (nicht nach Kaffee) aber sie war wegen Corona die letzten Tage nicht verfügbar. Ich bin gespannt, was mich in Bezug auf Corona in der nächsten Woche erwartet, eben habe ich nämlich erfahren, dass ich seit letztem Donnerstag (also dem vor gut einer Woche) an jedem einzelnen Wochentag mit einer Person Essen oder Kaffee trinken war, die nun Corona hat. Immer unterschiedliche Personen, insgeamt also 7. Mein Test – gerade gemacht – ist negativ. Schauen wir mal, wie lange.

Über den Rest des Tages möchte ich jetzt nichts sagen. Wenn ich aus dem Fenster gucke, wenn ich auf die Straße gehe, ist jede*r sechste Wahlberechtigte offensichtlich eine braune Ratte. Es ekelt mich.

Frage in der unverbindlichen Contentvorschlagliste heute – nein, erst kurz eine Zwischenbemerkung, es wird derzeit viel in die Liste eingetragen und, weil man auf meine Antwort wohl nicht bis nächstes Jahr warten möchte, andere Einträge überschrieben. Ich billige das. Schauen Sie also am besten selbst nochmal rein und schreiben Sie ihre eigenen Themen wieder an die Spitze, je wilder desto besser, party hard!

Wo war ich – Thema heute: „Ihr Job scheint Ihnen zu liegen. Was speziell befriedigt Sie daran?“ – Ja, das Geld natürlich, was sonst, es ist ja ein Job. Ich verdiene es auf eine Weise, die mir nicht sonderlich weh tut, bzw. nur sehr selten. Ich musste mich in dem Job noch nie verstellen, zunehmende muss ich mich zwar als eine besser Version der Person, die ich mit Bequemlichkeit sein kann, verhalten, das würde ich nicht „verstellen“ nennen, es verursacht nur manchmal Wachstumsschmerzen. Was mir auch gefällt ist, dass mein Job sehr undefiniert ist. Dadurch ist er abwechslungsreich, ich habe ständig wieder Themen, mit denen ich noch nie zuvor zu tun hatte, also wird mir nicht langweilig, und wie ich diese Themen angehe, ist auch mir überlassen, also wird mir noch weniger langweilig.

7. Oktober 2023

Was für ein wahnsinnig zerfranster Tag! Ich wollte tausend Dinge tun, habe tausend Dinge begonnen und bin dann zu einer anderen Tätigkeit gesprungen, zu einer weiteren, wieder auf Begonnenes gestoßen und ein bisschen weitergemacht. Gleich morgens das Bett abgezogen, dann erst einmal gefrühstückt, zwischendrin 5 kg Zitronen heiß abgewaschen, dann Gesangsstunde, neue Bettwäsche ausgesucht, Wäsche sortiert, eine Waschladung angeschaltet, zum Einkauf aufgebrochen aber ein Auto mit zig Kästen Leergut vorgefunden, Leergut weggefahren, das ganze Auto aufgeräumt, spontan zu Mr. Wash gefahren, dann einkaufen, dann Teig für die Tarte gemacht und Zutaten für Risotto rausgelegt, dann ein Bett wieder frisch bezogen und einen Wäscheständer mit trockener Wäsche abgeräumt, eine neue Waschladung angestellt, Kühlschrankeinkäufe verräumt, zwischendrin Katzen gebürstet und kurz staubgesaugt und mit M ein Partyoutfit ausgesucht, kandierte Zitronen gemacht, Spülmaschine aus- und wieder eingeräumt, Getränke verräumt, ein weiteres Kopfkissen frisch bezogen, Zitronencreme für die Tarte gemacht, mittlerweile zu viel Chaos, um noch Risotto zu machen, daher Aufbackbaguette gegessen, Tarte fertiggebacken, restliche Zitronen geschnitten und eingefroren. Jetzt sind noch eine Bettdecke und ein paar Kissen zu beziehen, restliche Einkäufe wegzuräumen, die nasse Wäsche aufzuhängen (und dafür wohl noch ein Wäscheständer freizuräumen) und dann sollte alles wieder so wie vorher, besser als vorher, sein.

Der Mensch, bei dem ich das Leergut abgab, war wehleidig. Die Kästen waren nicht alle voll und ganze 5 Flaschen waren einzeln nicht in einem Kasten. „Das ist ja alles durcheinander!“, sagte er vorwurfsvoll und ich fragte „Was meinen Sie genau damit?“. „Ja hier halt“, deutete er auf die Kästen und ich deutete auf Kasten 1 und fragte „Ist der durcheinander?“ Nein, war er nicht. Kasten zwei auch nicht. Die übrigen Kästen auch alle nicht, ich habe es einzeln abgefragt. „Ist schon gut“, sagte der Leergutmann. Ich habe die Fähigkeit verloren, unsinnige Bemerkungen stehenzulassen. Diese Großzügigkeit ist mir verloren gegangen. Das habe ich auch schon bei Online-Konversationen an mir festgestellt.

Im Supermarkt war ein älterer Mann, ich fuhr mit dem Einkaufswagen an ihm vorbei, er sagte „Entschuldigung“. Ich fuhr zurück und sagte „Ja? Kann ich helfen?“ und er antwortete „Nein, ich habe mich nur entschuldigt, weil ich hier stehe, das stört ja!“. „Sie stören überhaupt kein bisschen“, sagte ich. „Das hat lange niemand mehr zu mir gesagt“, sagte der ältere Mann. Dann gab es noch einen Polizeieinsatz im Supermarkt, ein Mensch, der unsere Sprache nicht sprach und „under influence“ war, konnte nicht zahlen bzw. wollte nicht zahlen, als die Polizei kam, ging es dann doch.

Heutige Frage in der täglichen Contentvorschlagliste: „Nature or Nurture?“ Wir haben hier jetzt schon ein paar Mal darüber gesprochen, dass die Welt sehr komplex ist und in den seltensten Fällen nach einem Entweder-Oder-Schema funktioniert. Warum sollte das hier so sein? Glauben Sie nicht auch, dass jede inhärente Veranlagung auch gewisse Rahmenbedingungen braucht, um sich ausprägen zu können? Und glauben Sie nicht gleichermaßen, dass identische Rahmenbedingungen unterschiedliche Personen nicht zu gleichen Personen machen? Und dann haben wir auch noch freien Willen, wobei, wenn wir freien Willen als „frei von Kausalitäten“ definieren, dann haben wir keinen freien Willen. Oder wenn Sie Anhänger*in des Prädeterminismus sind, dann auch nicht, und dann wackeln sowieso die Grundlagen unserer Gesellschaft, wir tun dann gut daran, die Frage gar nicht zu beantworten und sie ist somit irrelevant.

6. Oktober 2023

Als ich neulich darüber schrieb, dass es mir manchmal irrational leicht fällt, mich zu entscheiden, habe ich nicht dazu gesagt, dass es mir auch sehr leicht fällt, mich immer mal wieder umzuentscheiden.

Heute zum Beispiel. Für den Chor heute Abend war ich schon abgemeldet, weil ich ja eigentlich mittags nach München gereist wäre. Diese Reise findet nun nicht statt und als ich heute Morgen aufwachte, freute ich mich sehr auf den Chor am Abend und beschloss, hinzugehen. Auf dem Weg ins Büro bemerkte ich, dass ich die Chornoten nicht dabei hatte und bekam sofort keine Lust mehr, weil ich so nochmal einen Zwischenstopp für eine halbe Stunde oder so zu Hause einlegen müsste, das ist lästig. Den ganzen Tag über im Büro bis etwa Nachmittags steigerte sich die Lust aber wieder, so dass ich die Chorpläne wieder fasste, ich würde einfach etwas früher von der Arbeit aufbrechen. Bis es dann um 17 Uhr noch ein Ereignis gab, dass zu einem deutlich späteren Aufbruch führte und ich verwarf den Chor. Auf dem Weg zur S-Bahn lief ich dann quasi Frau Fragmente vors Auto und sie fragte, ob sie mich nach Hause fahren solle. Was für eine Gelegenheit! Ich war begeistert. Ich würde nun auch früher ankommen und tiefenentspannt sein, also dann wohl doch Chor, Fragmente bestärkte mich in diesem Plan. Zu Hause fiel mir dann ein, dass das Fahrrad, mit dem ich üblicherweise zum Chor fahre, aber noch an der S-Bahn-Station stand, nunja, es war noch ausreichend Zeit, zu Fuß zu gehen. In diesem Moment kam aber M nach Hause, wir verquatschten uns, ich strich den Chorplan, eine halbe Stunde, nachdem ich losgemusst hätte, fragte M dann, ob ich eigentlich nicht zum Chor gehen wolle, sie würde Besuch erwarten und hätte mit meiner Abwesenheit gerechnet. Ich könnte aber natürlich auch hierbleiben, es würde keinesfalls stören, sei nur bisher nicht so gedacht gewesen. Ich schilderte mein Dilemma, das kluge Kind warf eine Münze und ich blieb im Sessel sitzen (nur figurativ, in Wirklichkeit stand ich auf und machte uns einen Drink mit den frischen Crowdfarming-Zitronen).

Heute in der täglichen Content-Vorschlagliste die Frage: was ist besser, ein Aquarium oder ein Bild eines Aquariums. Man könnte fragen „für wen?“, das tue ich nicht, ich bin der Nabel meiner Welt. Ich habe schon viele Aquarien gepflegt, welche mit Fischen drin und welche mit Fröschen drin und so weiter, es ist immer ganz nett, auch wenn ich Maden auftauen nicht zu den Abendbeschäftigungen zähle, auf dich ich ähnlich hinfiebere, wie eigentlich auf den Chor. Aber wie die Tiere dann – in meiner Interpretation dankbar und begeistert – fressen, ist nett. Darüber hinausgehende Aquariumspflege kann ich mir für mich nicht vorstellen. Mit den Händen in einer Wohnung in Wasser hantieren, es tropft, passt man nicht richtig auf, könnten Tiere an der Luft verenden, Pflanzen schneiden, Beschäftigung mit Pumpen, Licht, Wassertemperatur, das finde ich alles beschwerlich. Ich schaue Aquarien gerne an, wenn andere Menschen sie haben. Deshalb ist das Bild eines Aquariums besser, das kann ich ja auch anschauen, vielleicht sogar ein Lifestream, es gibt doch diesen Stream, wo man Fischen irgendwie eine Tür aufmachen kann. Das finde ich gut. Für mich gerne ohne Tür aufmachen, sonst ist es schon wieder eine Aufgabe, ich überlege derzeit im Privaten sehr genau, welche weiteren Aufgaben ich überhaupt für mich annehme und Fischen die Tür öffnen fällt bei meiner inneren Abwägung leider heraus, herunter, irgendwohin, ich gucke noch nicht einmal, wohin.

Bitte keine Aquarienbilder zum Geburtstag schenken. Ich mag keine Bilder, das Aquariumsbild ist lediglich das kleinere Übel, also sollte sie mit vorgehaltener Pistole bei Leib und Leben jemand verpflichten, mir ein Aquarium ODER ein Aquariumsbild zu schenken, dann gerne das Bild, in allen anderen Situationen schenken Sie mir bitte Verbrauchsgüter, gute Unterhaltung oder einfach gar nichts.