2. Februar 2024

Durch eine Woche Urlaub, den Blackout-Tag (des Gebäudes, ich selbst hatte kein Blackout) und die Ereignisse gestern habe ich im Büro ein Aufgabenlevel erreicht, bei dem ich keinerlei Überblick mehr habe, was alles zu tun ist. Dazu gab drei absolut dringende Kernaufgaben, von denen jede ca. einen halben Tag in Anspruch nimmt und die mussten – komme was wolle – heute gemacht werden. Das entspannte die Situation für mich, was es alles noch auf der Liste gab, war damit vollkommen gleichgültig, es ging ja nur noch darum, drei Halbtagsdinge an einem Tag möglich zu machen, das ist mit vielen runden Ecken und wenig Diplomatie kein Problem. Ich fand sogar noch Zeit, mittags Essen zu gehen, ein superspannendes kleines Menü: Schwarzwurzel-Orangen-Salat, Mohnspätzle mit Rindergeschnetzeltem, Aprikosenpannacotta und ein Espresso Macchiato mit Hafermilch. Dazu trank ich eine Literflasche Wasser, weil ich an dicht gepackten Tagen das Trinken meist vergesse, das Mittagessen schien mir eine gute Gelegenheit.

Die tägliche Contentvorschlagliste fragt heute, wie Frau Herzbruch und ich uns kennengelernt haben. Das ist hiermit die erste Frage, die ich verweigere. Ich habe das schon zu oft erzählt, wenn ich etwas sehr oft erzähle, wird es mir langweilig und ich fange an, die Erzählung zu verändern, damit meine Langeweile endet. Ich könnte jetzt erzählen, wie wir beide im selben Kaufhaus beim Ladendiebstahl erwischt wurden und uns anfreundeten, als wir auf die Polizei warteten oder dass wir beide den selben Sitzplatz in der Bahn reserviert hatten, nach einer körperlichen Auseinandersetzung und gegenseitigen Anzeigen einem Schlichtungsverfahren ausgesetzt waren, das unerwartet erfolgreich verlief oder ich Frau Herzbruch nach Klamottenshopping mit ihren ganzen Tüten auf der Straße sah und dachte, sie sei eine Person ohne Wohnsitz und die ganzen Tüten ihr hab und gut und dann lud ich sie zu einem Kaffee ein. Und dann sagt wieder wer, ich würde lügen. Insofern lasse ich Frau Herzbruch die Geschichte erzählen, mit komplettem Freifahrtschein, was immer es ist, ich werde mich für die Wahrheit der Erzählung verbürgen.

Den zweiten Teil der Frage, was Frau Herzbruch und mich verbindet, erzähle ich gern, zumal ich mich das auch öfters frage, denn wir sind sehr unterschiedlich. Ich habe die folgenden Thesen:

Uns verbindet zum einen ein sehr robuster Humor, wir wissen beide, wie es ist, zerrissen zu sein zwischen einer Freundschaft und dem Drang nach der perfekten Pointe und so ertragen wir die Despektierlichkeiten der jeweils anderen mit resignierter Hochachtung.

Was uns auch verbindet ist der absolute Glaube an ein gegenseitiges Wohlwollen. Ich weiß nicht, woher das kommt aber ich würde Frau Herzbruch ohne zu zögern mein Leben anvertrauen. Meine Steuererklärung allerdings nicht. Frau Herzbruch, da bin ich mir sicher, würde mir ihre Steuererklärung (und auch ihr Leben) anvertrauen aber nicht die Renovierung ihrer Wohnung. Wir kennen die Schwächen der anderen und hauen da gerne mal drauf. Immer wohlwollend natürlich.

Und dann verbindet uns noch eine spezielle Form von Irrsinn, ich glaube, mit Frau Herzbruch verbindet mich von allen meinen Freundinnen die größte Anzahl an skurrilen gemeinsamen Erlebnissen, weil sie – wie ich – immer nur einen Tick vom „ach da gehen wir jetzt mal mit“ entfernt ist, eine absolute Freundin der schnellen Entschlüsse mit sofortiger Umsetzung. Ich kann sie um 14, während sie 250 km entfernt im Baumarkt an der Kasse steht, fragen „kommst du heute Abend als meine Partnerin mit auf den Abschlussball?“ und um 18 Uhr ist sie da. Ich kann sie – im Zug auf dem Rückweg von einer Urlaubsreise – fragen „wo fahren wir denn nächstes Jahr hin“ und eine Viertelstunde später ist alles gebucht, inklusive Opernkarten.

Und wir haben beide einen unfassbar starken Willen, wir fahren gemeinsam an einem Tag, an dem wir eigentlich überhaupt keine freie Minuten haben, fünf Supermärkte ab und stürmen sie sonderkommandomäßig, weil wir Entenbrust haben wollen. Die wir dann gar nicht zubereiten, oder vielleicht doch, ich habe keine Erinnerung daran, ich erinnere mich nur an die Jagd danach und lache noch heute darüber. Vor diesem Willen haben wir gegenseitig großen Respekt, was sehr gut ist, denn würden wir damit aneinandergeraten, ginge es für beide nicht gut aus.

7 Kommentare zu „2. Februar 2024“

  1. Meine Güte, ich bin ganz gerührt, aber zwei Punkte möchte ich anmerken: Dass du mir deine Steuererklärung nicht anvertrauen würdest, ist völlig absurd, natürlich macht die Steuererklärung ja der Steuerberater, dem vertraue ich meine gesamte Existenz an, privat und beruflich, warum nicht auch deine? Nicht, dass ich Lust hätte, mich um eine weitere zu kümmern… Und das mit den Entenbrüsten ist wirklich interessant: Ich weiß nämlich auch gar nicht mehr, was damit jemals passiert ist. Haben wir jemals zusammen Entenbrüste gegessen? Ich glaube nicht. Wie kann man das denn jetzt rausfinden? Du hast doch immer Leser:innen, die immer alles in deinen Texten recherchieren. Ich bitte da um Unterstützung. Weiß noch jemand, wie genau die Situation war, als wir „damals“ in 5 Supermärkten Entenbrüste suchten?
    Und das mit dem Kennenlernen erkläre ich morgen Mittag. Ein letztes Mal, verbindlich. Und ab dem Moment werden wir nur noch darauf verlinken. Wir haben das auch mal in diesem Podcast geschildert. Hört denn niemand zu?

  2. Oh, Nachtrag. Ich finde ja überhaupt nicht, dass wir total unterschiedlich sind. Wir sind offensichtlich außen exakt gegenteilig, alles, was an mir dunkel ist, ist bei dir hell, inklusive der Stimme, aber die Köpfe funktionieren ja gleich, mit Ausnahme von ein paar Sondersituationen, die man mit Umständen erklären könnte, kann ich mich nicht erinnern, dass wir jemals zu irgendeinem Thema nicht die Meinung der anderen nachvollziehen konnten oder unabhängig zum gleichen Ergebnis gekommen sind. Und wir haben unsere Leben unterschiedlich organisiert, aber wie die Haare eigentlich auch nur an der Oberfläche.

  3. Ja, guck, wie gut ich das mit der Empathie erlernt habe.

    Zur interessanteren Frage: ich kann das mit der Entenbrust nicht herausfinden, ich habe schon auf Twitter geschaut, das steht nur, ich sei 2022 mit einer Entenbrust in Barolo im Zug unterwegs war und damit irgendeinen Spaß mit dir treiben wollte – auch daran habe ich keinerlei Erinnerung. Du?

    Wir haben einmal zusammen Entenbrust gegessen, bei dir zu Hause. Was nicht zu der Jagd passt, die fand nämlich in Offenbach und Frankfurt statt. Wir müssen auf Input derjenigen warten, die mich so gerne in meinen eigenen Erinnerungen korrigieren, achso das warst du du.

      1. Wieso haben wir in Offenbach gefrorene Entenbrüste gekauft, um dann mit dir nach Düsseldorf zu fahren und die dort in der gleichen Konstellation, in der wir vorher in Offenbach waren, zu essen? Was sollte der Quatsch denn? Da haben wir wohl mal nicht so gut nachgedacht!

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