26. Februar 2024
Gestern habe ich fast den ganzen Tag geschlafen. Erst Nachtschlaf bis morgens um 10, dann Mittagsschlaf von 13 Uhr bis 15:30 Uhr und dann abends ab 21:30 Uhr wieder. So erwachte ich heute schon vor dem Wecker gegen 6. Die Annahme, der Tag könne ruhig werden zerschlug sich schon um 6: 27 Uhr durch zwei Krankmeldungen.
Als allererstes begegnete ich im Büro aber meinen Playern im großen Stimmungszirkus, den ich letzte Woche veranstaltet hatte, mit vielen Worten, auch erhobenen und Paukenschlägen und so weiter. Heute entschied ich mich für ganz knapp und unterkühlt. Ich bin noch unschlüssig, wie ich am Mittwoch – dem Tag auf den die ganze Aktion hinzielt – vorgehen werde. Bislang dachte ich „ganz ruhig mit scheinbar mühsam unterdrückter unfassbarer Wut“, mittlerweile bin ich eher bei „die entspannteste Gesprächspartnerin der Welt, die nur ganz selten die Erinnerung anklingen lässt was passiert, wenn man ihr blöd kommt“. Ich warte mal morgen noch ab. Und entscheide dann spontan.
Später gab es ein Vorstellungsgespräch. Ich mag ja keine Vorstellungsgespräche, der Besuch ist meist irgendwie eingeschüchtert und ich muss Energie darauf verwenden das einzuhegen, dann ergibt sich mit etwas Glück maximal noch 30 Minuten Zeit für ein sinnvolles Gespräch und am Ende sieht man sich in 50 % (oder mehr) der Fälle nie wieder. Und ich selbst muss in weiten Teilen Dinge sagen, die ich schon zig Mal vorher gesagt habe, nur halt zu anderen Personen. Ich habe diesen Bereich deshalb abgegeben an eine Mitarbeitern, die solche Gespräche mit Elan und sehr gutem Urteilsvermögen betreibt. Heute wollte sie mich aber dabeihaben, es ging um ein Zweitgespräch und als ich fragte, was genau mein Auftrag da jetzt ist sagte sie „Die Kandidatin ist noch ganz jung und hat irgendwie Angst vor uns, du sollst machen, dass sie nicht mehr so viel Angst hat.“
Ja. Haben wir also gemacht. Wir sprachen viel über das Telefonieren, dass es manchmal echt unangenehm ist, ans Telefon zu gehen, wenn man die Anrufenden nicht richtig versteht, wenn es noch eine Fremdsprache ist, die Namen schwierig, alle in Eile und ich erzählte meine Badewannenschlauch-Telefongeschichte: als ich noch recht klein war, also vor der Grundschule, war das Telefon noch was Besonderes bei uns zu Hause, etwas für die Erwachsenen und Telefonieren war auch noch ziemlich teuer, an unserem Telefon stand eine Sanduhr, damit man nicht über die drei (oder fünf?) Minuten kam, die eine „Einheit“ kostete. Ich war halt noch klein und wollte auch immer mal telefonieren, durfte aber nicht und Anrufe kamen für mich sowieso nicht. Für meine älteren Schwestern (sie sind beide deutlich älter als ich) kamen ab und an Anrufe, für mich nie, ich war so neidisch! Irgendwann saß ich mal in der Badewanne und meine älteste Schwester reichte mir den Duschschlauch, sagte „Telefon für dich“, ich hielt mir den Brausenkopf ans Ohr und sie drehte das kalte Wasser auf. So weit, so gut. Das haben wir aber nicht nur einmal so gemacht sondern immer und immer wieder. Und ich wusste: da kann nur wieder das kalte Wasser kommen. Und gleichzeitig war die Hoffnung so groß, dass es eventuell doch mal ein Anruf für mich ist, dass ich immer wieder drauf reingefallen bin. Daran denke ich heute öfters, wenn ich vom Telefon genervt bin und dann freue ich mich über den nächsten Anruf wieder, immerhin kommt kein kaltes Wasser aus dem Hörer.
„Das ist schön, wie du dich immer mal wieder komplett entspannt zum Affen machst, um jemanden zu knacken“, sagte die Mitarbeiterin hinterher. Und ich fragte, warum um alles in der Welt sie denn eine Person einstellen möchte, die so zurückhaltend ist. „Weil wir alle hier sehr ausgeprägte Persönlichkeiten haben und wir brauchen mal ein bisschen Puffer dazwischen“, war die Antwort. Nun gut. Ich hoffe, der Puffer rennt nicht nach kurzer Zeit schreiend weg.
Die Frage in der täglichen Contentvorschlagliste heute lautet: „Können Sie gut Nein sagen und wenn ja, wie haben Sie das gelernt?“
Ich kann genauso gut Nein sagen wie Ja, es kommt halt immer auf den Zusammenhang an. Ich sage gern das, was ich richtig finde. Manchmal finde ich Ja richtig und manchmal Nein. Ein Problem zieht man sich immer dann zu, wenn man Ja sagt und Nein meint (oder umgekehrt).
Die Frage soll vermutlich eigentlich bedeuten, ob ich anderen gut etwas abschlagen, ihre Erwartungen enttäuschen kann. Auch das kommt drauf an, wie ich den Wunsch, die Bitte, die Aufforderung der anderen Person einordne. Wenn es eine Diskrepanz zu meinen eigenen Wünschen gibt. wäge ich ab, ob es im Gesamtkonstrukt der Umstände angemessen ist, entgegenkommend zu sein und ich wäge ab, die die Unzufriedenheit der anderen Person, wenn ich ihren Wunsch nicht erfülle, aufzurechnen ist gegen meine eigene Unzufriedenheit, wenn ich ihn erfülle. Ich bin ungern unzufrieden. Andererseits bin ich gern grundlos nett. So entscheide ich mich dann halt für irgendwas und neige dann nicht zum schlechten Gewissen, ich habe ja vorher abgewogen und mich entschieden, fände ich die Entscheidung nicht gut vertretbar, hätte ich mich ja anders entschieden. Wenn Sie nicht dauernd davon ausgehen, dass andere Personen mehr Anrecht darauf hätten, zufrieden zu sein als Sie oder dass andere Personen Ihre Kapazitäten und Anliegen besser einschätzen könnten, als Sie selbst, dann können Sie einfacher Nein (oder auch Ja) sagen.