25. Februar 2024

Hinfallen, Krönchen richten, weitermachen! Carpe Diem!

In den Kommentaren werden mir diese beiden „Sinnsprüche“ angereicht, damit ich mich auslassen kann, warum ich sie hasse.

Sehr gerne.

Carpe Diem! (unbedingt mit Ausrufungszeichen) hört man meist im Frühjahr oder Sommer. Im Herbst oder Winter ist das nicht so angesagt, da ist es offenbar okay, den Tag mal nicht zu nutzen sondern verstreichen zu lassen.

Ich halte schon per se nichts von Aufforderungen an andere, deren Leben wir null beurteilen können. Eigene Ansätze schildern, Impulse geben, Ideen suchen gerne, Aufforderungen JETZT NUTZ DOCH DEN TAG VERDAMMT NOChmAL SCHLAFEN KANNST DU WENN DU TOT BIST ja meine Güte, kommen wir da schon in den Bereich von „Lebe jeden Tag als wäre es dein letzter“ und was ist dann mit der Nachhaltigkeit? In wessen Sinne soll ich denn was nutzen, was ist nutzen überhaupt?

Wir können uns auf etwas stabileres Terrain retten: „Also, „nutzen“ heißt das zu machen, was du willst, was dir gut tut“. Aha. Schöner Allgemeinplatz, worüber sprechen wir hier, was war jetzt der Anlass, überhaupt irgendeinen Sinnspruch aus der Mottenkiste zu ziehen? Und kann ich auch mal Sachen tun, die mir nicht gut tun, weil sie anderen gut tun? Das tut mir dann natürlich sozusagen gut-by-proxy, weil ich es für richtig halte, auch wenn es mir nicht gut tut, es tut mir ethisch gut, irgendwie scheinen wir uns immer dahin retten zu können, dass am Ende dann doch alles gut ist und sonst, Achtung neuer Spruch, ist es noch nicht das Ende. (Irgendwann halt doch.)

Sagen wir mal einer Person, die sich gerade komplett zwischen Pflege von Angehörigen, Geldsorgen und Job zerreibt „Carpe Diem!“ oder, weniger hoch aufgehängt, jemandem mit akut Magen-Darm.

Ich denke, es reicht, wenn wir es immer noch bis zum nächsten Tag schaffen. Wunderbar, wenn es klappt, Spaß dabei zu haben. „Carpe Diem!“ ist ein Luxus für Leute, die nicht wirklich was zu tun haben.

Der andere ist eigentlich noch schlimmer, weil: noch dümmer. „Hinfallen, Krönchen richten, weitermachen!“ Erst einmal: wieso überhaupt Krönchen? Sprechen wir mit einem Kind im Prinzessinnenglitzerkleid? Was ist da sprachlich los, geht es mit noch etwas mehr Herablassung?

Dann, inhaltlich: was ist, wenn ich lieber was anderes machen will statt weitermachen? Könnte ja sein. Was ist, wenn ich mir echt weh getan habe? Muss ich das ignorieren, weil „ALLES WAS NICHT TÖTET HÄRTET AB!!“? Wird es nicht so sein, wenn ich sage, nee, ich mache jetzt nicht weiter, das war so richtig Scheiße, das brauche ich kein zweites Mal, dass ich einen guten Grund dafür habe und dass ich das vollumfänglich einschätzen kann und mir herablassende Sprüche erspart bleiben sollten?

Auch möglich, dass ich durchaus gerne weitermachen möchte, möglichst ohne weiteres Hinfallen und wenn ich dann wirklich keine absolute Idiotin bin schaue ich mal nach, WARUM ich hingefallen bin. Vielleicht kann ich daran was ändern, also falls ich weitermachen will ohne Hinfallen. Kann natürlich auch sein, dass ich ganz gerne hinfalle und dann ein bisschen liegen bleibe und andere sich um mich kümmern, hat auch einen gewissen Nutzen, kann manchmal angesichts der Gesamtumstände eine kluge Wahl sein. Wie Leute, die sich ein Bein brechen beim ersten Truppenausmarsch in den Krieg und dann leider zurückbleiben müssen, sind hinterher dann auch nicht tot oder die immer wieder sagen neeee ich kann nicht kochen und dann immer die Kartoffeln anbrennen lassen, irgendwann kocht wer anders, ist doch prima.

Krönchen. Meine Güte.

24. Februar 2024

Ups, das bin ich wohl in einem Buchhaltungs-Wurmloch verschwunden. Ich habe nämlich am Nachmittag, gegen 16 Uhr, begonnen, mich mit der Buchhaltung des Chors en detail vertraut zu machen und jetzt ist es fast Mitternacht, wie ist das möglich? Es ist aber auch immer wieder spannend zu sehen, wo im einzelnen das Geld herkommt und wo im einzelnen das Geld hingeht, das Skelett einer jeden Organisation sozusagen.

Davor, am Morgen, war ich fachfremd unterwegs. Und zwar reparierte ich die Spülmaschine. Die hatte vor ein paar Tagen einen E15-Fehler angezeigt und ließ sich sowieso auch nicht ausschalten, also außer durch Stecker ziehen, was ich dann tat und mich die nächsten Tage nicht befasste, weil ich anderes und ja, ich möchte sagen Besseres zu tun hatte. Eine kurze Google-Recherche hatte auch ergeben, dass E15 etwas mit austretendem Wasser ist und man die Finger davon lassen kann. Da ich mich ja die ganzen letzten Tage wegen Handwerklichem im Büro gestritten hatte, sah ich keine gangbare Realität vor meinem geistigen Auge, in der ich mich auch zu Hause mit Handwerkern befassen würde. Die Sache musste warten.

Heute konsultierte ich Papa N. Ich habe schon häufiger mit ihm Spülmaschinen, Waschmaschinen und anderes repariert, an E15 konnte ich mich allerdings nicht erinnern. „Wennde das Wasser abdrehst kann auch keins rauskommen“, sagte Papa N weise und „dann guckst mal da rein“. Ich schraubte hier und da auf, guckte an allen Orten, fand kein Wasser. Alle Schläuche wurden schön gerichtet und als ich den Stecker wieder einsteckte, berichtete das Gerät nichts mehr von E15. Das Programm lief an, abpumpen fand statt, Wasser ansaugen fand statt, nirgendwo kam irgendwas raus, es gab keinerlei Meldung. Den nächsten Spülgang wagte ich mit Geschirr, das wurde auch sauber, weiterhin nirgendwo außerhalb des Spülraums Wasser in Sicht. Ich werde das noch ein wenig im Auge behalten.

Die tägliche Contentvorschlagliste fragt heute: „Welcher Lifestyle-Spruch / welche Weisheit geht Ihnen auf die Nerven, weil sie einfach nicht stimmt?“

Alles, ALLE, AUSNAHMSLOS ALLE! Und nicht nur, weil sie nicht stimmen, sondern weil es mich immer nervt, Dinge mehrfach zu hören, formelhafte Sprache, Langeweile, die durch die Ohren direkt ins Gehirn drängt. Aber natürlich auch inhaltlich. Wobei es nicht stimmt, dass sie nicht stimmen, in Teilen stimmen sie, in anderen nicht, sie sind halt so allgemein, dass alles sein kann. Wie beim Kartenlegen und ähnlichem Hokuspokus und unkonkretem Zeug. Sagen sie mir eine und ich sagen ihnen, warum ich sie hasse.