Allgemein

21. Januar 2024

Heute war Demo Tag Nr. 2 in Folge. Damit hat sich die Zahl meiner Demobesuche, an die ich mich erinnere, nun verdoppelt. Einmal Golfkrieg, einmal Lucky Streik (bzw. ich glaube, das waren mehrere, ich erinnere mich aber halt nicht). Ich bin wirklich keine Demogängerin, sowas liegt mir null, ich bringe keine gemeinsamen Parolen über die Lippen und rege mich über die Reden viel zu sehr auf. Bei den aktuellen Demos gegen Rechts finde ich es wichtig, Anwesenheit zu zeigen. Konkrete Erwartungen habe ich nicht, mir geht es um die Aussage „okay, hier sind wir“. Ich werde auf jede weitere Demo gegen Rechts gehen, die ich zeitlich einrichten kann. Da bin ich jetzt bockig.

Frage in der unverbindlichen Contentvorschlagliste heute: Heiraten oder lieber nicht? Soll ich ihr wirklich einen Antrag machen? Ich würde gern, aber hab Angst. 🙂

Ich schicke hier ein gewisses Maß an Bedauern vorweg, denn ich gehe sehr davon aus, im Folgenden nichts, was auch nur annähernd die gewünschte Antwort ist, zu liefern. Gleichzeitig kommt meine Antwort mit reinem Gewissen, denn ich habe ganz sicher nie Anlass gegeben, hier Romantik zu erhoffen.

Ich finde Heiratsanträge generell so ziemlich das Letzte. Am Ende noch vor Publikum, was für eine Zugzwangsituation, was für eine Pistole auf der Brust, und das bei einer Person, die man liebt? Ernsthaft? Sind Sie sich nicht 100% sicher, dass die andere Person den Antrag wünscht, riskieren Sie, sie in eine mega unangenehme Situation zu bringen und wozu das, wegen irgendeiner miesen Konvention? Und wenn Sie 100% sicher sind, dass die andere Person auf einen Antrag wartet, warum muss sie dann überhaupt darauf warten, was ist das für ein Machtspiel? Warum wird das denn nicht partnerschaftlich besprochen, was die jeweiligen Vorstellungen sind und warum sie so sind. Eine Trauung ist ein Rechtsgeschäft, ein formbedürftiger Vertrag und sollte insgesamt auch so behandelt werden. Meine Meinung ist: Schaffen Sie sich Ihre Romantik im privaten Bereich, abseits von Rechtsgeschäften. Sie haben Angst? Gut so, es geht ja um was. Klappen Sie das Visier hoch, sagen Sie zu Ihrer Partnerin, dass Sie was besprechen wollen, was Ihnen Angst macht, weil es Ihnen so wichtig ist, dass Sie mit ihr zusammen sein wollen, sehr lange, vielleicht für immer, ob sie das auch will und wenn ja, wie Sie das gemeinsam gestalten wollen. Das finde ich romantisch: ein Gespräch unter ebenbürtigen Partner*innen mit voller Offenheit und Verletzbarkeit. Das ist der wahre Kniefall, nicht eine gymnastische Übung mit Ring und Rose.

Tut mir leid.

20. Januar 2024

Ich wachte heute Morgen von Gekruschel von Violinista auf und lauschte sofort gespannt, weil ich dachte, sie würde in ihr Büchlein schreiben. Sie führt seit einiger Zeit ein 6-Minuten-Tagebuch, in dem sie jeweils morgens und abends die Antworten auf drei Fragen notiert, die sie sich selbst gestellt hat, also: täglich stellt (wobei die endgültige Version dieser Fragen noch nicht feststeht). Das fand gestern Abend natürlich auch statt, ich war sehr interessiert und bat um Vorlesen aus dem Büchlein, nach kurzer Diskussion (aber das ist doch privat! – aber ich bin doch deine Freundin!) wurden mir Details offenbart und für den Morgen gab es eine Frage, die mich sehr interessierte, nämlich „wofür bin ich dankbar“.

Ich hatte vor ein paar Monaten ja schon im Chor (für das Herbeiführen des richtigen Mindsets für eine Passage) nichts gefunden, wofür ich dankbar bin. Ich bin oft sehr glücklich, nicht aber speziell dankbar, zu Dankbarkeit gehört für mich irgendeine Adresse, an die sich die Dankbarkeit richtet und gleichzeitig das Konzept, dass etwas auf irgendwie großzügige Art und Weise „gegeben“ wird, ein Machtverhältnis spielt da mit rein.

Violinista kenne das Dankbarkeitssprech hauptsächlich aus dem Yoga-Kontext, dort wird das häufig verwendet. Wir überlegten viel daran herum, mich interessiert auch, wie andere Personen Dankbarkeit auslegen.

Es war aber Lakritz. Also das Geräusch von dem ich aufwachte. Und es war noch Nacht, das wirkliche Tagebuchschreiben am Morgen kam erst Stunden später.

Der Tag verging dann hopplahopp, ich musste morgens zum Optiker und ein paar Einkäufe machen, um 12 ging es schon los zum Demonstrieren für Demokratie, anschließend aßen wir bei Mutter Ernst Winterbratwurst (mit Rosinen und Walnüssen), dann musste Violinista einen Haufe aussortierter Klamotten von mir anprobieren und es wurde zeitlich so eng, dass sie die ersten 5 Minuten vom Dschungelcamp verpasste.

Die tägliche Contentvorschlagliste fragt heute, ob ich das Gefühl kenne, beleidigt zu sein. Natürlich kenne ich dieses Gefühl. Wer kennt es nicht?

Es gibt hier möglicherweise ein Missverständnis, auf das ich häufiger stoße. Es ist ganz sicher nicht so, dass ich irgendwie weniger Emotionen habe als andere Leute, diese Emotionen treiben mich nur (meist) nicht. Ich handele selten unmittelbar aus Gefühlen heraus. Ich habe z.B. Angst vor Dingen, gleichzeitig entscheide ich, sie zu tun, gleichzeitig bin ich gut gelaunt dabei, gleichzeitig zittern mir die Hände oder klappern mir die Zähne. In mir ist bei Gefühlen eine große Gleichzeitigkeit und so gut wie nie eine Mischung. Ich kann sehr traurig sein und gleichzeitig über etwas anderes sehr glücklich, ich kann sagen „mir geht es heute so mittel“ und gleichzeitig gut gelaunt sein, genauso, wie ich oft sehr müde bin aber dabei keinerlei Wunsch oder Sehnsucht nach Schlaf oder Erholung habe. Es ist halt komplex.

Gerade am Mittwochmorgen war ich noch für ca. 30 Minuten beleidigt, durch eine Nachricht vom nOC. Gleichzeitig war ich genervt, dass ich von zu Hause arbeitete (wegen Blitzeis) und gleichzeitig war ich in Sorge wegen des Anrufs, Sie erinnern sich vielleicht, den ich machen musste. Ich war also nicht so richtig sicher, ob meine Empfinden der Kränkung eventuell auch mit den letzten beiden Aspekten zusammenhing und ging dieser Frage erst einmal nach. Ich fand dabei heraus, dass ich auch in einem Grundzustand tiefsten Seelenfriedens durch die Nachricht gekränkt wäre, folglich überlegte ich warum. Der Grund war, dass wir eine Sache völlig gleich sehen, uns die äußeren Umstände aber sehr nahelegen, sie vorübergehend aufzugeben. Das hatte ich getan und kommuniziert, mich damit in eine von mir komplett ungewünschte Position begeben, der nOC konnte dafür bequem auf seinem Standpunkt verbleiben, es war ja schon alles (von mir) geregelt und statt mir dafür dankbar (!) zu sein, machte er sich meiner Interpretation nach lustig. Deshalb war ich beleidigt. Vielleicht natürlich alles ein Missverständnis. Vielleicht auch eigentlich total egal.

Es war mir aber nicht egal, also fragte ich bei der nächsten Gelegenheit (30 Minuten später) nach: „Ich habe das, was Sie gesagt, haben, so aufgefasst, dass Sie sich über mich lustig machen. Ist das so oder habe ich das falsch verstanden?“ Das muss ich ja erstmal wissen und ist die Antwort „ja, ist so“ kann ich ab da weitergucken, wie es dazu gekommen ist. War das alles unabsichtlich/gedankenlos (oft) oder war es gezielt (manchmal), ist die andere Person evtl. ein Arsch (selten) oder hat sie selbst irgendeinen Schmerz, der sie treibt (oft) oder hat mein Verhalten evtl. Anlass für die Kränkung gegeben (auch oft).

Und ganz wichtig: warum bin ich beleidigt, nur weil mich wer beleidigen will, muss ich ja noch lange nicht beleidigt sein, das kann ich ja immer noch selbst entscheiden. An welchem Punkt werde ich da gerade getroffen, der mir ja offensichtlich nicht egal ist, ist es z.B. etwas, das ich für wahr und richtig halte und das wird jetzt angegriffen oder ist es was, das ich selbst gern anders hätte aber nicht anders hinbekomme und es beschämt mich, dass da jetzt jemand drin herumbohrt. Und was mache ich dann daraus. Diese Gedanken bringen mich dann in Handlung, nicht das Gefühl, beleidigt zu sein. Das ist nur ein Impuls, nachzudenken.

19. Januar 2024

Alles ging ziemlich gut auf heute, um 13:29 Uhr hatte ich alles Wesentliche abgeschlossen und war bereit, zum Karaoke mit Violinista aufzubrechen. Das Bürohaus war aber nicht bereit. Es hatte einen Feueralarm gegeben und alle Aufzüge waren gesperrt. Ich hatte es mir so vorgestellt, dass ich ganz und entspannt durch die Innenstadt spaziere, vielleicht noch etwas zu Essen kaufe, zumal ich ja nicht gefrühstückt hatte. So war es dann nicht, ich stürmte auf den Punkt in den Karaoke-Raum, es war sogar schon dunkel.

Irgendwann später spuckte uns der Raum wieder aus. Das war ein guter Urlaubsbeginn, ich kann mich schon gar nicht mehr an Büroangelegenheiten erinnern. Naja außer an eine, die mir im Magen liegt, aber die ist eine Woche aufgeschoben.

Meine aktuelle Herausforderung ist, mit Violinista diese Dschungelsendung zu schauen, richtig heißt sie (ich habe es gerade erfragt) „Ich bin ein Star, holt mich hier raus!“. Bisher finde ich die Moderation bizarrer als das Campteam. Ich habe gerade mit Violinista besprochen, was wir essen könnten und was nicht. Für mich bin ich zu dem Entschluss gekommen, dass ich für eine gewisse Zeit, vielleicht 20 Sekunden, alles essen könnte. Es also davon abhängt, wie schwierig, mechanisch, es ist, etwas zu essen – wenn es gut runter geht, ist es unproblematischer, weil alle Konzentration darauf aufgewendet werden kann, sich geistig zu entfernen. Wenn jedoch mit Bedacht oder irgendwelchem Umstand oder Kraftaufwand gegessen werden muss, wird es schwieriger und je länger es dauert sowieso, jede Sekunde muss ja die Konzentration der geistigen Entfernung aufrecht erhalten werden, das kostet Energie, dann kann man quasi herunterzählen. Violinista brachte auch auf, ob die Sendung menschenverachtend ist. Ich denke, es ist ein Deal. Die gehen dahin und bekommen etwas dafür und auch, wenn ich jetzt niemanden der Beteiligten kenne, wirken sie alle auf mich nicht bedürftig. Ich gehe von einer freiwilligen Teilnahme aus. Dennoch finde ich ehrlich gesagt alles sehr uninteressant, am interessantesten sind noch Violinistas Einlassungen.

Jetzt wollte ich gerade noch etwas aus der unverbindlichen Contentvorschlagliste beantworten, aber da steht für heute gar nix drin. Tja.

18. Januar 2024

Nun habe ich also beschlossen, nächste Woche Urlaub zu nehmen. Also, darüber nachgedacht habe ich ja schon seit Weihnachten, kurz nach Weihnachten fühlte mich mich definitiv erschöpft und urlaubsreif aber plötzlich dann nicht mehr, die zweite Luft möglicherweise, dann dachte ich aber noch, ich müsste Urlaub nehmen, um den Haushalt wieder in den Griff zu bekommen aber nun ist die Putzfrau aus dem Urlaub zurück und auch das ist nicht nötig, also fand ich dann, eigentlich muss Urlaub jetzt nicht sein. Kann man auch wann anders machen. So richtig opportun ist Urlaub beruflich gerade auch nicht, inhaltlich gesehen, nur andererseits: meine Lunte ist echt kurz zur Zeit und wenn ich das beiläufig erwähne, widerspricht niemand. Das ist – neben der zweiten Luft – ein Zeichen, finde ich. Also habe ich meinen Urlaub ab morgen Mittag heute groß angekündigt und damit wird er geschehen, jetzt einfach Montag hingehen und so tun, als wäre nichts, ist verhaltensauffällig, sogar für unsere Maßstäbe. Ich habe nächste Woche Urlaub, hurra!

Nach diesem Entschluss ging es natürlich als erstes darum, ganz hart zu priorisieren, was vor dem Urlaub, also konkret in den noch verbleibenden ca. 7 Stunden (es war 16 Uhr und morgen lasse ich um 13:30 Uhr den Stift fallen, sehr harte Deadline weil: Karaoketermin!), noch dringend passieren sollte, aber natürlich ohne allzu viel Nachdenken, denn jede Sekunde Nachdenken über Priorisierung geht ja ab von der Umsetzungszeit. Danach wurde alles sehr schnell. Ob das Plan am Ende aufgeht, weiß ich noch nicht, wenn nicht, ist es nicht so schlimm, ich habe ja gar keine Pläne nächste Woche und schubse den Rest dann einfach am Montagabend von zu Hause noch über die Ziellinie. Dementsprechend habe ich auch so sortiert, dass ich alles, das auf Papier passiert, als erstes mache, um keinesfalls Papier mitnehmen zu müssen.

Morgen Wecker auf früh, dann sehr hohe Schlagzahl bis 13:30 Uhr, dann Karaoke, leider hat die Karaokebar den Mindestverzehr ja aus Kulanz erlassen, ich habe daher keinen leicht zugänglichen Anlass, mich komplett abzuschießen aber vielleicht wird mir ja noch einer geliefert. Wie gesagt, die Lunte ist kurz.

17. Januar 2024

Gut-gut-gut. Alles ist gut. Das erste Mal war ich mit dem Tag durch um kurz nach 7 Uhr, ein weiteres Mal um kurz nach 10 Uhr, um 19 Uhr schlief ich im Sessel ein, jetzt bin ich wieder fit und habe Kaiserschmarrn und Rohkost.

Was geschah? Um 7 Uhr irgendwas ein Cell Broadcast Alarm wegen Eisglätte. Damit stand fest, dass ich von zu Hause arbeite, was ich ja hasse, damit stand auch so einiges weiteres (beruflich) fest, das es nun in die Wege zu leiten gab und damit stand vor allem fest, dass ich einen Riesenschreck bekomme, wenn alle Mobilgeräte im Haushalt gleichzeitig losdröhnen, während ich mir gerade das Duschwasser zwischen den Zehen wegwische. Ich schreie dann immer mit, also wenn ich mich vor etwas lautem erschrecke dann auch mit Lautstärke, so, also würde meine Lautstärke die andere löschen. Was nicht der Fall ist. Ich rannte also schreiend durch die Wohnung auf der Suche nach den ganzen Geräten, um sie zum Schweigen zu bringen. In diesem Moment traf die Putzfrau ein, wir umarmten uns zum neuen Jahr, ich nur in ein Handtuch gewickelt, alles war sehr konfus und würde jetzt ja – wegen Organisation von allem – nur noch konfuser werden. Ich hätte mich umgehend wieder hinlegen und in Tiefschlaf verfallen können.

Bis 10 Uhr organisierte ich herum und stritt mich erbittert mit dem nOC, um 10 hatte ich dann ja den Anruf zu erledigen, der gestern gescheitert war. Niemand hob ab um 1 Minute nach 10. Um 2 Minuten nach 10 war besetzt, um 2:30 nach 10 und 3 nach 10 und 3:30 nach 10 auch, um 10:04 war Cucinacasalinga online und sah mir Unzufriedenheit an. Wir berieten kurz. Ich stellte fest, dass ich nur alle 30 Sekunden oder gar nicht anrufen kann, ein Mittelding war nicht möglich, zu viel Entscheidungslast (wann und wann nicht). „Willst du, dass ich da anrufe?“, fragte CC und ich sagte „Natürlich will, dass du da anrufst und natürlich will ist nicht, dass du anrufst!“ – „Ich übernehme die nächste Stunde“, sagte sie. „Ich rufe schnell nochmal an!“, sagte ich. Besetzt. CC rief an. Besetzt. Wir plauderten ein wenig, ich glaube, ich beschwerte mich über die Unbill von 7 Uhr und die Arbeit von zu Hause, CC wählte immer mal nebenher, dann: frei! Antwort! Und alles wurde gut. Ich hätte mich da zum zweiten Mal umgehend wieder hinlegen und in Tiefschlaf verfallen können.

Statt dessen entschloss ich mich, zu arbeiten. Ich war schlau. Ich ließ keine Waschmaschine oder Spülmaschine nebenher laufen, buk keinen Kuchen nebenher und stellte die Türklingel ab, damit all diese Nervfaktoren der „ICH BIN FERTIG!!!“-piepsenden Geräte oder Timer und natürlich Unterbrechungen durch Lieferungen schon einmal ausgeschaltet sind. So war ich vom zu Hause Arbeiten nur 100 % genervt und nicht 150 %. Hatte allerdings auch keinen Kuchen. Der Rest des Tages war dementsprechend unspektakulär, meine „Dringend“-Liste ist soweit geräumt, dass Urlaub nächste Woche noch möglich scheint und am Ende waren der nOC und ich auch noch best friends forever.

Feierabend um 18 Uhr, Katzen, Waschmaschine, die Gemüsekiste musste von unten vor dem Haus hochgeholt werden (Klingel war ja aus), bei der Gelegenheit brachte ich zwei Kisten Weihnachtszeug in den Keller, bei der Gelegenheit warf ich zwei Tüten und eine Kiste mit Sachen aus dem Keller in den Müll. Inhalt: 2019 abgelaufene Raviolidosen, sehr alte Plastikbehälter für Getränke, uralte und brüchige Regenklamotten. Nach meinem kurzen Schlaf im Sessel bestellte Herr N. essen, ich hatte keinen Appetit auf „richtiges“ Essen aber auf Dessert, bestellte also Kaiserschmarrn und es kam eine Portion, mit der ich 4 Dessertschalen kommplett füllen konnte. Dazu habe ich einen Teller Rohkost mit Dip, was könnte besser sein? Ich sage es sofort: ich habe keine Ahnung, wie andere Leute Rote Bete als Gemüsestick knabbern, ohne dass hinterher die Finger total verfärbt sind. Noch besser wäre also, wenn Rote Bete nicht färben würde.

16. Januar 2024

Vor Frust hätte ich heute morgen losbrüllen können, wirklich jetzt. Ich wollte einen Termin vereinbaren, der eine sehr harte Deadline für den 30.4. hat. Der Termin ist schwer zu bekommen. Deshalb hatte ich im Oktober oder November bereits bei der vergebenden Stelle angerufen, mir wurde gesagt, es sei viel zu früh, ich solle mich im Februar melden, das sei alles kein Problem. Nun ist Mitte Januar, ich rief heute also an und die Dame am Telefon sagte mir, sie würden diese Termine leider nicht mehr anbieten. Nunja, da ich schonmal da gewesen wäre, könnte sie fragen, ob für mich doch, für Personen, die schonmal da waren, gäbe es Einzelfallentscheidungen. Ich solle in 10 Minuten wieder anrufen. Das war um 10:05 Uhr. Von 10:15 Uhr bis 10:58 Uhr rief ich ca. 50 Mal an. Immer besetzt. Dann musste ich in einen beruflichen Termin. Cucinacasalinga übernahm und rief bis 12 Uhr ca. 55 Mal an. Immer besetzt. Dann Ende der Sprechzeiten. Ich drehe durch, ich schwöre. Alles wird gut, sagt Cucinacasalinga. ALLES WIRD GUT!

Nach dem beruflichen Termin, bei dem ich viel Technisches lernte, war ich unglaublich müde und dachte ich falle eventuell jeden Moment um. Um meinen Puls wieder hochzubringen führte ich schwierige Gespräche, drei Stück. Ich bin in sowas oft besser, wenn ich müde bin und so ein bisschen gedämpft, dann kann ich besser andere aussprechen lassen, abwarten und zuhören ohne allzu viel in irgendwelche Richtungen zu denken. Die Gespräche endeten alle einvernehmlich, das eine mit einer Entschuldigung, das zweite mit der Erkenntnis, etwas gemeinsam so richtig verbockt zu haben und das dritte mit einer Veränderungszusage. Anschließend war ich noch müder und außerdem hungrig, es war fast 15 Uhr und ich hatte nichts gegessen, also ging ich kurz raus und kaufte mir in der Frankfurter Innenstadt einen Becher Porridge für EUR 9,50. Völliger Irrsinn. Porridge sind Haferflocken mit ein bisschen Wasser und ja, es waren noch Nussstückchen und Obststückchen drin aber, nunja, hallo. Egal. Während ich das Porridge dann aß, kam der nOC zur Besichtigung meiner neuen Möbel, das ist nun also auch erledigt.

Um 16 Uhr rappelte ich mich auf, um nochmal zwei Stunden richtig Turbo zu arbeiten, denn durch die Stimmungssenke heute und den Umzug gestern und überhaupt hatten sich zig Dinge angesammelt, ich war genervt, das sollte jetzt mal alles fertig sein. So wurde es gemacht. Feierabend um 18:30 Uhr, ich konnte schon absehen, dass ich keine Lust haben würde, abends noch etwas zu kochen, bot Herrn N daher an, ihm Döner mitzubringen. 9 Euro für ein Döner bezahlt. Meine Güte.

Abends war Lesezirkel, das war schön. Keine von uns hatte das Buch beendet. Alle hatten wir das Buch mögen wollen, aber es war nicht gelungen. Es handelte sich um Victory City von Salman Rushdie. Möglicherweise ergibt alles, was uns störte – die Stimme des Erzählers, die Langeweile, das Unspezifische, die merkwürdigen Frauenrollen – später im Buch noch einen Sinn, bis dahin kamen wir aber nicht, zwei von uns hatten nach 25 % abgebrochen und eine sich bis etwa zur Hälfte durchgequält. Sie wird das Buch noch beenden uns berichten, ob wir vielleicht doch etwas verpasst haben.

Nun sitze ich im Sessel und verleugne das Blitzeis, ich denke, es wird nicht kommen, denn ich will nicht, dass es kommt.

15. Januar 2024

Hurra, morgen ist Dienstag. Heute war viel. Umzug, 26 Kisten ausgepackt, in einer war ein Honigglas ausgelaufen, Schränke neu eingerichtet, dazwischen ein krisenhaftes Meeting, dann dem nOC auf Aufforderung beim Denken Gesellschaft geleistet (evtl. bin ich da nun auch emotional support animal?), überraschender Besuch des alten OC, längeres Meeting, bei dem mir ein Anliegen war, dass es genau nach (meinem) Plan verläuft, dann ganz viel Besuch, dann war es schon 18 Uhr, ohne dass ich auch nur einen Handschlag „wirkliche“ Arbeit erledigt hatte. Tja. Insofern gut, dass morgen nicht schon Mittwoch ist oder gar Freitag, da will ich nämlich um 14 Uhr mit Violinista zum Karaoke.

Erstmalig heute in einer Zeitung folgenden Absatz am Ende eines Artikels gelesen: „Die Redakteurin hat diesen Artikel verfasst und anschließend zur Optimierung nach eigenem Ermessen ein KI-Sprachmodell eingesetzt. Alle Informationen wurden sorgfältig überprüft.“ Ich habe keine Meinung dazu.

Ansonsten warte ich dringend auf den Besuch von Violinista. Ich würde sagen, mein halber Hausstand wartet darauf, von ihr in Augenschein genommen zu werden, ob sie ihn mitnehmen möchte. Tatsächlich handelt es sich nur um 2 große Kisten mit Kleidung und eine Massagematte, bei letzterer bin ich noch nicht einmal sicher, ob Violinista diejenige war, die diese Matte ausprobieren wollte oder jemand anders. Aber das finde ich dann heraus. Ich habe mir die vor ein paar Jahren gekauft, nachdem ich sie wiederum bei Schanuf ausprobiert hatte und super fand. Allerdings kommt es in meinem Leben nicht vor, dass ich mich zu Hause einfach mal so auf dem Boden auf eine Massagematte lege, ich habe zu keinem Zeitpunkt Lust dazu. Ich lege mich nur bei anderen Leuten zu Hause auf den Boden auf Massagematten, da ist das lustig, zu Hause ist das langweilig. Das beste, das mir passieren kann, ist also, diese Matte an eine Person zu verschenken, die ich gerne besuche, so dass ich sie dort verwenden kann. Ob Fragmente eigentlich noch mein Fußmassagegerät nutzt, fällt mir bei dieser Überlegung ein? Ich werde mal fragen. Nicht, dass ich es zurück haben möchte, auch dazu habe ich derzeit keine Geduld. Es interessiert mich einfach so.

So, also, morgen ist Dienstag und ich werde „wirkliche“ Arbeit machen, allerdings habe ich morgen schon ein Meeting außer Haus, sehr lästig und habe außerdem auf dem Plan, mit einer Person unangenehm zu streiten und zwischendrin soll ich noch das Mindset eines Golden Retrievers channeln, ich bin gespannt, wie das alles zusammen geht. Ach ja, und den Installateur muss ich anrufen, ich wurde heute schon wieder zweimal erinnert. Kennen Sie das, wenn Sie nach einer Erinnerung erstmal eine gewisse Zeit vergehen lassen müssen, bis Sie die Sache erledigen, so aus einer inhärenten Bockigkeit heraus? Davon bin ich betroffen. Ich wurde heute schon wieder zweimal erinnert, am besten rufe ich gleich morgen früh an, dann liegt die letzte Erinnerung ca. 15 Stunden zurück, das bedient die Bockigkeit in ausreichendem Maße.

14. Januar 2024

Ich habe heute alles gemacht und nichts und Unerwartetes, unter anderem habe ich einen Mittagsschlaf auf dem Fußboden gemacht, weil ich beim Katze bürsten eingeschlafen bin, wobei das nicht ganz korrekt ist, das Bürsten ist an sich nicht so einschläfernd aber ich wollte ein Interview dabei hören, hatte also Kopfhörer auf und es geschah, was immer passiert, wenn ich etwas höre, ohne mich dabei (maßgeblich) zu bewegen: ich schlafe ein.

Der Rest kam daher durcheinander aber ist ja nicht schlimm, letztendlich ist alles gut. Der Baum ist weg, hurra, so viel Platz, den Katzen gefiel es auch, sie mochten den Baum nicht. Aller möglicher Kleinkram ist erledigt, sehr uninteressant aber muss halt und morgen muss ich mich weiter mit Kleinkram befassen, nämlich den Installateur anrufen, die IT sitzt mir damit im Nacken. Das ist erklärungsbedürftig. Unsere Telefonanlage wählt manche Nummern nicht an, eine Mitarbeiterin beschwerte sich zu Jahresbeginn, dass sie die Nummer ihrer Schwester nicht anwählen könne, gut, das ist auch nicht notwendig vom Büro aus, es wurde aber in meinem Beisein von der IT erwähnt als Absurdität, dass das nicht ginge, angeblich, das könne ja gar nicht sein und ich sagte „naja ich kann dauernd irgendwelche Nummern nicht anrufen und mache das dann halt vom Handy“. Unerwarteterweise handelt es sich aber um ein Problem, das – aus wiederum ganz anderen Gründen, die hier zu weit führen – bei der IT mit einer sehr hohen Lösungsmotivation versehen ist und ich wurde nach Nummern gefragt und sagte „was weiß ich, Krankenkasse, Rentenversicherung, ach ja und mein Installateur, den wollte ich vor Weihnachten anrufen aber da ging das nicht“, wurde sofort gefragt, ob ich den Installateur denn dann jetzt nochmal anrufen wollte, ja, das will ich, das Gäste-WC und diverses andere ist ja immer noch defekt und seit dem werde ich gechased, ob ich endlich den Installateur angerufen habe. Schlimmer noch als von Frau Herzbruch und das will was heißen. Ich konnte mich erst herausreden, dass wenn ich den anrufe der ja im Idealfall auch kommt und dann muss ich zu Hause sein und das bin ich ja nicht, weil ich es hasse, von zu Hause zu arbeiten und Urlaub habe ich nicht. Nun habe ich aber übernächste Woche vermutlich Urlaub und werde mittlerweile zwei bis dreimal täglich gefragt, ob ich jetzt mal da anrufen will, weil „übernächste Woche!!“. Meine Güte. Ich mache das morgen, damit diese bizarre Situation endet.

Frage in der täglichen Contentvorschlagliste: Notlügen. Ah. Ich bin generell nicht der Typ für Lügen, nicht wegen Moral sondern wegen Durcheinander. Ich hab Sachen gerne klar und in sich stimmig, Ich könnte auch nicht das Gefühl haben, gut verstanden zu werden, wenn ich lüge, es würde dann ja eine andere Version von mir verstanden, die ich aber nicht bin, das würde mir nicht gefallen.

Jetzt sprechen wir ja von Notlügen, ich kann mich nicht so richtig an eine Notlage erinnern, in der mir eine Lüge weitergeholfen hätte. Ich denke, da würde ich abwägen. Wenn es um Leben und Tod ginge, würde ich natürlich lügen, in so einem Notfall war ich aber noch nicht. Mir fallen keine passenden Notsituationen ein. Was mir einfällt ist, dass ich manchmal wirklich nicht die Wahrheit sagen möchte und dann sage ich das, also „das will ich nicht sagen“, daraus entwickeln sich manchmal zwar unangenehme Situationen, manchmal aber auch recht charmante. Kurz vor Weihnachten hatte ich ein Geschäftsessen und vergessen, den Tisch zu reservieren, am Eingang sagte ich also „einen Tisch für 2 Personen bitte“ und die Person dort „haben Sie denn reserviert?“ und ich sagte „das möchte ich nicht beantworten“ und die Person sagte, sehr irritiert „warum?!“ und ich dann „weil ich dabei nicht gut wegkomme und ich weiß doch schon exakt, was ich essen will und freue mich seit zwei Tagen drauf, ich habe online geschaut und kann jetzt sofort hier an der Tür bestellen, ich nehme…“ und ja, natürlich bekamen wir einen Tisch. Das war lustig und fühlte sich sehr viel besser an, als eine Reservierung zu behaupten, die es nicht gibt, damit eine anderen Person in Stress zu bringen, weil vermeintlich was schief gelaufen ist etc.

Ansonsten Notlagen, ich weiß nicht. In echten Notlagen ja klar, aber wann begegnen wir schon echten Notlagen, in denen eine Lüge weiterhilft, wir sind ja alle nicht Mafia oder so. Vermutlich. Wenn es nur um Unannehmlichkeiten geht, würde ich auch bedenken, dass eine unbequeme Wahrheit ja manchmal auch Vertrauen schafft. Das kann sehr hilfreich sein, genauso wie z.B. sich mal mit irgendwas ans Messer liefern oder einfach klein machen lassen von Personen, die sehr misstrauisch sind, das kann Wunder bewirken und sie total öffnen und zutraulich machen. Egal, das ist ein anderes Thema.

Notlügen im Sinne von diesen kleinen Sprüchen, um gesellschaftliche Konventionen aufrecht zu erhalten, finde ich doof und Leuten, die sagen „oooh der Kuchen ist aber lecker“, wenn er scheußlich schmeckt, haben nichts anderes verdient, als genau diesen Kuchen immer wieder vorgesetzt zu bekommen. Man kann ja auch anders formulieren, so ein Mittelding zwischen „boah nee wie ekelhaft“ und „bester Kuchen der Welt“, auch bei sowas hilft es, finde ich, immer ganz konkret zu werden wie z.B. „der riecht super und der Teig ist total lecker, nur Rosinen mag ich nicht, ist es ok, wenn ich die rauspicke?“ oder was auch immer Sache ist. In solchen Fällen zu lügen ist noch nicht einmal Quatsch sondern einfach nur Bequemlichkeit und von Bequemlichkeit halte ich generell nicht viel.

13. Januar 2024

Viel weniger Wäsche habe ich heute gewaschen, als ich wollte – ja, ich meine „wollte“ und nicht „musste“, ich wurde wach mit dem Gedanken, Wäsche zu waschen und zusammenzulegen und der Freude, viele Dinge gebrauchsfertig im Schrank zu haben. Dann versank ich aber eine Stunde mit intensivem Nachdenken im Sessel. Ich denke selten intensiv nach, meistens denke ich sehr beiläufig nach, das reicht im Allgemeinen aus, wenn ich intensiv nachdenke ist das ähnlich, wie wenn ich jemandem meine volle Aufmerksamkeit widme, kommt auch höchst selten vor und alle sind damit zufrieden, dass es selten vorkommt. So ähnlich, wie ich heute noch zu Cucinacasalinga sagte, dass ich mich nicht 48 Stunden mit derselben Person beschäftigen kann, bzw. ich könnte natürlich, wenn es um Leben und Tod ginge, aber so lange es das nicht tut, will ich es nicht und kann mir auch nicht vorstellen, dass die andere Person das will. Cucinacasalinga kann sich das auch nicht vorstellen, dass irgendwer 48 Stunden meine Aufmerksamkeit möchte. Es ist schön, wenn Selbst- und Fremdbild übereinstimmen.

Nach dem Nachdenken musste ich was Essen und dann kam auch schon Schanuf mit Dackelchen, es gab einen Zwischenfall zwischen Dackel und Kater, erstmalig. Das Dackelchen verließ, ich glaube auch zum ersten Mal überhaupt bei einem Besuch hier, für längere Zeit den Raum, in dem wir uns aufhielten, der Kater sah dann wohl nach dem Rechten und es ergab sich die Situation, dass das Dackelchen unter dem Wäscheständer zwischen zwei Getränkekisten saß (die stehen da wegen Wetter und ja, das nervt mich) und nicht mehr rauskam und der Kater stand davor und war aufgeplustert und das Dackelchen schrie wie am Spieß. Zu körperlichen Handlungen kam es aber, soweit wir sehen konnten, nicht, beide Tiere ohne jeden Kratzer. Später saßen sie auch gemeinsam am Tisch. Das Dackelchen auf Schanufs Schoß, der Kater neben mir auf der Küchenbank. Er machte freundliche lange Blinzelbewegungen und das Dackelchen erwiderte sie.

Anschließend war ich draußen, ich brauche ja bis Montag eine Haltung, mit der ich mir die neue Büroeinrichtung leiste, diese Haltung muss offensiv sein und dazu gehören in jedem Fall gute Augenbrauen. Dieser Punkt ist nun also erledigt, damit schätzungsweise der halbe Weg, weitere 40 % regele ich durch Kleidung und die übrigen 10 % durch Contenance, das sollte ich hinkriegen. Neben mir bei der Augenbrauenfrau saß eine Person, die irgendwas mit Wachs machen ließ und sie schrie lauter als der Dackel, ich wurde von der Augenbrauenfrau an den Arm geboxt, weil ich so lachte, dass sie nicht mehr arbeiten konnte.

Nun ist Abend, die Waschmaschine läuft noch, M ist zurück (auf dem Rückweg ging die Bahnreise nicht so glatt wie auf dem Hinweg), alle Betten sind frisch bezogen und obwohl ich heute Morgen so früh wach war, bin ich noch immer kein bisschen müde. Sehr befremdlich.

12. Januar 2024

Highlight des Tage: ich war mit Fragmente bei Mr. Wash. Und ich durfte die Fußmatten in den Mattentoaster halten, also in das Gerät, das diese Matten reinigt. Es war verwirrend. Auf dem Gerät stand „Teppichseite nach vorne“. Wo ist vorne, wenn man vor einem Gerät steht? Ich ging davon aus, da, wo für mich vorne ist. Das Gerät ging von seinem eigenen Vorne, wenn es mit mir spricht, also per Schrift, aus. Ich bin nicht damit einverstanden, mich der Sichtweise des Geräts unterzuordnen. Aus Trotz ließ ich das Gerät eine Matte einsaugen, um zu schauen, was passiert. Man öffnet dann eine Klappe, hinten (ebenfalls aus Sicht des sprechenden Geräts unter der Annahme, dass die Schrift den Mund darstellt) und entnimmt die Matte wieder. Sie ist dann auch sauber. Eigentlich ist das auch ein guter Ablauf, statt sich mit den Fingern in die Matte zu krallen und sie hin- und herzubewegen, einfach loslassen und entnehmen. Öfter mal einfach loslassen, aber alles zur rechten Zeit, nur wenig danach bot ich Fragmente an, die Dinge in ihrem Kofferraum hochzuhalten, während sie dort saugt. Fragmente lobte mich, ich sei sehr gut im Hochhalten. Das hat mich gefreut.

Wir waren auch beide zum ersten Mal in der rechten Waschstraße, sonst sind wir immer in der Linken. Die Waschlappen bewegen sich wie tanzende Tannenbäume, das Licht wechselt die Farbe, der Fortschritt der Autowäsche wird auf die Windschutzscheibe projiziert, so dass wir immer voll informiert sind, ob gerade z.B. Phase 1 oder Phase 2 des Vorgangs „Luminaura“ stattfindet und manchmal erscheint die Information auch rechts/links vom Wagen, wie in einem guten Schulungsvideo, in dem man auch immer mal an anderen Stellen zu schauen aufgefordert wird, damit man nicht gedanklich abschweift. Am Ende der Waschstraße wurden wir über mögliche Glätte im Hof informiert. Ich fühlte mich gut betreut. Mr. Wash ist für mich ein Ort der Achtsamkeit.

Der Waschstraßenbesuch kam mir als Entspannungsprogramm gelegen, mein Tag enthielt in weiten Teilen sehr unerwartete Elemente, ich habe manchmal den Eindruck, dass mein Berufsleben irgendeine Netflix-Serie nachspielt, die ich nicht kenne, weil ich ja kein Fernsehen schaue. Vielleicht ist das nur meine Wahrnehmung, die sich komplett auf das Bizarre eingeschossen hat, vielleicht ist es meine Interpretation, vielleicht bin ich auch der treibende Faktor oder vielleicht ist das alles ganz normal, ich weiß es nicht. Ich wünsche mir manchmal, dass irgendeine kompetente Person – vielleicht jemand von Mr. Wash – mal eine Woche immer genau neben mir herläuft und mir hinterher das qualifizierte Urteil dazu mitteilt. Heute zum Beispiel war ich einmal nur noch Sekunden davon entfernt, den Turm räumen zu lassen bis die Nachricht kam, die das unnötig machte und all das, während ein Dienstleister meine neuen Möbel aufbaute, die in echt doch etwas präsenter sind als auf der Zeichnung und ja, das hätte ich wissen können, bedenken Sie nur, ich habe mit bildlicher Vorstellungskraft meine Probleme. Sieht alles super aus, keine Frage. Und weicht doch etwas offensiver, als ich erwartet hatte und zudem komplett unabgesprochen, von unserem Standard ab. Eine positive Veränderung, sozusagen. Ich habe die Tür erstmal abgeschlossen und werde mir, bis ich Montag die Tür wieder aufschließe, die passende Haltung zulegen.