Heute grüße ich aus Genua, sehr krasse Stadt, man fährt rein und denkt erst einmal „ACH DU MEINE GÜTE!“ und innen ist dann alles ganz putzig. Wir wohnen in einem Palazzo, vor der Tür steht die Kathedrale, mir ist schon aufgefallen, dass Pesto GENOVESE ja aus Genua kommt, ich würde sagen, es läuft. Internet ist in der ganzen Stadt schlecht, mobil wie auch Wlan, es liegt wohl an Mauern und Bergen aber die Einzelheiten habe ich nicht verstanden, es wurde auf Italienisch erklärt. Auch typisch für hier: Foccaccia, Panissa ligure (sieht aus wie Pommes, ist aber frittierte Kichererbsenpolenta oder so ähnlich) und Fainà (Pfannkuchen aus Kichererbsenmehl). Warum machen die hier so viel mit Kichererbsen? Das finde ich noch heraus. Pistazien scheinen auch ein Ding zu sein, finde ich auch noch heraus, ich hatte die eher in Sizilien verortet.
Wir waren bis zum letzten Moment nicht sicher, ob wir wirklich reisen. M kam gerade vor zwei Tagen erst aus Barcelona zurück, Herr N von einer Woche an der Ostsee und ich habe mich in der letzten Zeit mit Amüsement ein bisschen übernommen, so waren wir zögerlich bis zum finalen „ach scheiß drauf“. Der Weg war erstaunlich einfach, drei Personen mit Fahrerlaubnis im Auto erlauben immer einer Person totale Entspannung (Person am Steuer muss sich konzentrieren, Person auf dem Beifahrersitz muss bedienen, Person auf dem Rücksitz macht, was sie will). Wir teilten die Länder auf: Herr N fuhr Deutschland (fährt gern schnell), M fuhr Schweiz (da hat sie eh keine mobilen Daten), ich fuhr Italien (entspricht am besten meinem Fahrstil). Auf dem Rückweg wollen wir es genauso halten.
Heute war außer der Ankunft, Einleben in die Unterkunft, kurzer Spaziergang und Restaurantsuche nicht viel. Ich hatte wirklich schon wieder vergessen, Restaurants vorzureservieren, dabei hatte ich mich doch neulich mit Fragmente in Metz schon daran erinnert, wie wichtig es für uns ist, zu wissen „um 8 Uhr gibt es einen Tisch daundda“ – bis dahin kann man den Appetit dann je nach Situation und Disposition zügeln oder mit Snacks befriedigen und falls sich die Tagespläne anders entwickeln, ist eine Reservierung schnell storniert. Wenig ist hingegen der Laune abträglicher, als unterzuckert durch fremde Städte zu irren und überall abgewiesen zu werden und letztendlich in Paris in Munich’s Best Döner zu landen.
Vor der Pandemie hatte ich das schon einmal gelernt und verinnerlicht und für den gesamten Cornwall-Urlaub damals durchreserviert, dann kam Corona und alle Reisesmartness war vergessen. Vorhin fiel es mir wieder ein. Ich habe jetzt die restlichen Abende der Woche eingebucht und Frau Herzbruch meine Vorschläge für Wien übernächste Woche geschickt. Wir werden uns da nicht gegenseitig den Kopf abbeißen, jedenfalls nicht mangels Essen, höchstens, weil die jeweils andere zu viel Redezeit beansprucht.
Thema aus der unverbindlichen Contentvorschlagliste heute: „Was gibt es zu Mobbing zu sagen?“. Trauriges Thema, Mobbing ist Versagen auf ganzer Linie – der mobbenden Personen und des Umfeldes, das nicht adäquat reagiert. Wenn wir es nicht schaffen, gut oder zumindest fair zueinander zu sein. Wenn wir das bei anderen beobachten und es nicht schaffen uns auf die Seite der betroffenen Person zu stellen. Aus Gründen, die meist im unklaren bleiben, ganz sicher aber eher in uns selbst liegen als in der Person, die unserem Versagen zum Opfer fällt. Ist mir auch schon passiert, zweimal, im beruflichen Kontext. Beim ersten Mal habe ich gar nicht verstanden, was passiert – ich bin mir auch nach wie vor unsicher, ob diejenigen, von denen die Tat ausging, wussten, in welche Spirale sich da bewegen, die beiden Hauptverantwortlichen mochten sich eigentlich gegenseitig noch nicht einmal, im Nachhinein betrachtet war vielleicht genau das der Aufhänger, dass die einzige herstellbare Gemeinsamkeit die Ablehnung einer dritten Person war. Ich weiß es nicht, es hat sich nie geklärt, ich habe alles viel zu spät bemerkt und die Person, die gemobbt wurde, hatte sich schon selbst geholfen, sich ein Umfeld gesucht, in dem auf so etwas besser geachtet wird und gekündigt.
Beim zweiten Mal hatte bei mir ein Lerneffekt stattgefunden, immerhin das. Es ging um andere Beteiligte, ich wurde aufmerksam, bevor es zur Eskalation kam, daher gab es noch die Möglichkeit, eine klare Position dazu einzunehmen, andere richten sich dann bekanntlich daran aus und mit ein bisschen schieben und schubsen ist die Situation jetzt schon lange stabil. Für die betroffene Person ist die Sache bereinigt, sie fühlt sich wohl und die Person, die die Hauptakteurin des Mobbens war, ist mehr oder weniger isoliert. Meine dauerhafte Aufgabe ist jetzt, das über die Veränderungen, die es ja in Teamzusammensetzung, Systemfunktionalitäten etc. immer wieder gibt, auch so stabil zu erhalten, dass die Person nicht komplett isoliert ist, sich aber auch kein Mobbingefolge mehr aufbauen kann. Das muss ich im Auge behalten und immer wieder ausbalancieren.