1. Februar 2024
Verrückter Tag. Von 15 bis 20:30 Uhr war ich in einer Mietflächenübergabe, es geschahen sehr unerwartete Dinge, ich bin völlig durchgenudelt, wollte mit einem Uber nach Hause fahren, zum allerersten Mal, ich bin noch nie Uber gefahren, habe es dann aber vergessen und es erst auf halbem Weg zur Bahn wieder erinnert, aus der Bahn bin ich dann, weil ich so in Gedanken versunken war, zu spät ausgestiegen und mit einer anderen Bahn wieder zurückgefahren, ging die Treppe hoch und dachte, ich lege mich zu Hause sofort auf den Fußboden und stehe so schnell nicht wieder auf, dann saßen zu Hause aber zig junge Erwachsene in der Küche und hatten gekocht, ich wollte nicht merkwürdig sein, es ist ja die Aufgabe der jungen Leute, merkwürdig zu sein, nicht meine. Also sitze ich jetzt im Sessel.
Geht vorbei.
Frage in der täglichen Contentvorschlagliste heute: Sie scheinen das Konzept „Achtsamkeit“ recht gut zu leben – aber mögen Sie auch den Begriff „Achtsamkeit“?
Hier hätte ich das „aber“ in der Formulierung zum Beispiel weggelassen. Ich habe auch keine Ahnung, ob ich das Konzept „Achtsamkeit“ gut lebe, ich interessiere mich nicht so für Konzepte. Sagen wir mal so: ich komme gut klar.
Mag ich den den Begriff „Achtsamkeit“? Den Wortrhythmus und die Laute mag ich, klingt irgendwie trocken-sanft. Der Begriff an sich ist mir völlig egal.
Ich lehne allerdings die Inhalte des Modebegriffs Achtsamkeit komplett ab, der für mich im Wesentlichen den Inhalt „ich schau nur auf mich und alle anderen sind Schuld an allem“ hat. Diese merkwürdige Anwandlung, sich vor der Welt schützen, sich abgrenzen zu wollen, statt einen guten Weg für alle zu suchen, in und mit dieser Welt zu leben. Platidütenhafte Sprüche, Kreiseln um die eigene Befindlichkeit in unendlicher Egozentrik ohne irgendwelche Zugeständnisse an das Gesamtgefüge des Lebens, Scheiß wie Me-Time oder Digital Detox oder Detox an sich, jegliche To-Dos oder Not To Dos, alles mit Ausrufungszeichen, 10-Minuten-Dies und 20-Minuten-Das, vorgefertigte Regelsätze zum Sich-Gut-Fühlen.
Achtsamkeit ist hingucken, hinfühlen, aushalten, sprich: harte Arbeit. Erfordert Mut, erfordert Entscheidungen – sehr oft die Entscheidung, nicht auf den aktuellen eigenen Impuls zu reagieren, es sich eben nicht leicht zu machen, sondern nochmal genau nachzudenken.
Es ist ein bisschen wie „Mit Nazis reden“. Zu sagen, Nazis sind doof, mit denen rede ich generell nicht, ich ignoriere das, ist eine zu bequeme Position, wenn daraus erwächst, dass sie ungehindert ihre Inhalte Raum greifen lassen. Genauso ist es eine zu bequeme Position zu sagen, mein Befinden ist x und deshalb mache ich y, das tut mir gut, ohne die Auswirkungen zu betrachten.
Konkretes Beispiel: Freund*innen 10 Mal Verabredungen abzusagen, weil ich mich dem gerade nicht gewachsen fühle- das ist nicht achtsam, das ist mies. Durchaus mag es sein, dass gerade nur mies drin ist, das ist okay. Macht es aber nicht achtsam. Achtsam wäre, irgendwann mal zu sagen „pass auf, ich hab folgende Situation bei mir/in mir, ich bin momentan unzuverlässig, ich mag dich trotzdem gern und will versuchen, dich zu sehen, aber es kann immer gut sein, dass ich es nicht schaffe, ist das ok, kannst du das ein Stück mit mir tragen?“ Und die Antwort, was immer sie ist, zu akzeptieren und das Beste daraus zu machen. Das wäre achtsam.
Wie gesagt, kostet Kraft, kostet Mut, geht nicht immer. Manchmal sind wir unachtsam, manchmal sind wir scheiße, oft hat es einen Grund, immer hat es Konsequenzen, machen wir es einfach, so gut wir können.