(Alles zu WmdedgT wie immer bei Frau Brüllen.)
Es ist September, meine Güte, ich kann mein Glück kaum fassen. Und dass der 5. ist kommt mir auch sehr gelegen, dass ist ein angenehm niedrigschwelliges Angebot nach dem letzten eher schwermütigen Text.
Hier in Hessen hat gestern die Schule wieder angefangen aber das Kind ist nicht da – sie ist in einer anderen Stadt, nimmt dort an der Summer School einer Uni teil, dort wohnt sie in einer WG und ist mit dem Auto hingefahren. Ich habe einen Proviantkorb mit Kuchen mitgegeben. Meine Güte, sie ist erwachsen.
Dementsprechend muss ich mir momentan keinen Wecker stellen, ich kann ja arbeiten gehen, wann ich will. Ich wurde gegen halb 8 ausgeschlafen wach, trank noch Tee auf dem Balkon und fuhr die halbe Strecke mit dem Rad – dann war es mir zu sonnig und ich ließ das Rad stehen und stieg in die klimatisierte S-Bahn. Die ja um halb 10 auch angenehm leer ist.
Im Büro wartete eine Adressauskunft auf mich, was mich gleichzeitig faszinierte aber auch erschreckte. Es ist wirklich möglich, mit ein paar Klicks und ein paar Euro eine Adresse aus den Datenbanken der Meldebehörden ermitteln zu lassen, wenn man nur Vornamen, Nachnamen und die Stadt eingibt, wenn man also jemanden so einigermaßen googeln kann und dabei öfters auf Berlin stößt, kann man das einfach probehalber mal eingeben und zapp, gibt es die genaue Anschrift. In der Theorie wusste ich das, in der Praxis erschreckt es mich. Solle man also zu Personen aus der Vergangenheit, sei es Familie, Ex-Partner*in, was auch immer, wirklich keinen Kontakt wünschen, ist es absolut notwendig, der Weitergabe von Meldedaten zu widersprechen. Nur kurz googeln, das geht ganz einfach. Meine Auskunftsanfrage hatte natürlich einen legitimen Hintergrund, ich bin keine Stalkerin.
Weiter habe ich momentan ein Projekt. Und zwar habe ich jemanden in den letzten Monaten vergessen, dadurch vernachlässigt, was mir aber erst jetzt aufgefallen ist, also neulich, weil ich die Person jetzt nämlich bei einer Sache im Boot brauche aber ja eben leider, leider versäumt habe, ein belastbares Verhältnis aufzubauen, obwohl das verdammt noch mal mein Job gewesen wäre. Ich hole das also jetzt nach, mache mich präsent und vertraut und stelle mich zur Verfügung, es schreitet zäh voran aber dann doch schneller als gedacht. Schauen wir mal. Dafür habe ich heute insgesamt über den Tag zusammengerechnet ca. 1 Stunde aufgewendet.
Über Mittag war ich mit der Recruiterin verabredet, ich sage immer Headhunterin, aber das mag sie nicht. Das ist eine Person, die mich damals schon zu meinem jetzigen Arbeitgeber gebracht hat, damals, also vor vielen Jahren, sah sie aus wie Mitte 60 und genau so sieht sie immer noch aus. Absolut faszinierend und auch ein bisschen unheimlich. Momentan soll sie mir 4 Stellen in 2 Ländern besetzen, davon alle bis auf eine mehr aus psychologischen Gründen als wegen tatsächlicher Auslastung, so verrückt das klingt, so dankbar bin ich, dass ich auch Budget für rein psychologische Bedarfe habe.
Direkt im Anschluss kam der Chef aus einem der Länder, für die ich suche, spontan vorbei, um sich auf den aktuellen Strand bringen zu lassen und Zwischenlösungen zu besprechen. Wir waren uns bei allem aber sowieso einig und schauten statt dessen die neu eingerichteten Büroflächen an und die aktuelle Baustelle, er hatte seinen Standort kürzlich mit neuen Konferenztischen ausstatten lassen, zeigte mir Fotos davon und gab ein paar Tipps. Das war sehr nett, besonders auch, weil mir der Besuch eine eher unerfreuliche Besprechung zu Compliance-Themen ersparte, also nicht für immer aber für die nächsten zwei Tage und wer weiß schon, was in zwei Tagen ist. Unerfreulich ist das Thema, weil der deutsche Standort ständig wächst und daher das Mutterhaus immer weniger Lust hat, Compliance-Themen für uns mitzuerledigen, weil es ja immer mehr Arbeit wird, zudem noch fremdsprachlich. Verstehe ich total, hier hat aber auch niemand Lust auf Compliance, das ist jetzt ausnahmsweise mal ein Bereich, den ich nicht unbedingt will, also verzögern wir.
Dazwischen und danach viel Kleinkram. Rechnungen freigeben, Urlaub freigeben, Aufgaben verteilen, Streitthemen durchsortieren, Abläufe geradeziehen und so weiter.
Gegen 18:45 Uhr machte ich mich auf den Heimweg und schaute im Augenbrauenzupfsalon vorbei – ich war unsicher, wie lange die aufhaben und steckte um 1 Minute vor 7 den Kopf durch die Tür. Die Zupffrau bestand darauf, dass ich noch hereinkomme, obwohl um eigentlich um 7 Uhr geschlossen wird, das war mir unangenehm aber das „nein wirklich nicht“-„doch unbedingt“-Feilschen in der Tür war mir dann noch unangenehmer, es ist ja auch anzunehmen, dass so eine erwachsene Frau weiß, was sie will und nicht auf Hereinkommen bestehen würde, wenn ihr gerade an pünktlichem Feierabend gelegen ist. Im Verlauf kamen später noch zwei weitere Kundinnen, auch sie wurden noch zum Bleiben genötigt, vielleicht sind die Öffnungszeiten nur ein Richtwert.
Beim Zupfen gab es noch eine lustige Situation. Die Zupffrau beschwerte sich, ich sei immer so angespannt, wie ein Gummiband auf Spannung, und solle doch mal locker lassen und entspannen. Ich tat wie geheißen. Ich kann das auf Anhieb, so schlafe ich abends (oder auch zu anderen beliebigen Zeitpunkten) ein, ich lege mich ins Bett, entspanne komplett den ganzen Körper und wenige Sekunden später bin ich eingeschlafen. Ich entspannte also und die Zupffrau bekam einen richtigen schreck und hüpfte ein Stück zur Seite, weil sie dachte, ich sei bewusstlos geworden oder Schlimmeres.
Um halb 8 war ich zu Hause, um 20 Uhr ist zweiwöchentlich „Event“ mit Frau Herzbruch aber wir hatten uns am Sonntag schon gesehen und daher für diese Woche genug voneinander.
Zum Abendessen Linsenbolognese (eine halbe abgelaufene Packung Berglinsen und eine abgelaufene Tube Tomatenmark wurden damit vernichtet), jetzt gemütlicher Abend im Sessel. Und die kleine Katze hat Geburtstag, aber das feiern wir nach, wenn das Kind zurück ist.
Danke für Ihre Blogeinträge. Könnten Sie für Laien erklären, warum Sie bzw. Ihre Firma hier nicht selbst recruiten und was die Vor-/Nachteile von Headhuntern aus Sicht der Person sind, die Mitarbeitende sucht? (Persönliche Wissbegier, ich könnte verstehen, wenn Sie keine Lust hätten…) Falls Sie wider erwarten große Lust verspüren, auch noch aus Sicht der Person, die eine Stelle sucht? Ich bin sehr neugierig, wie Sie das sehen.
Es gibt da aus meiner Sicht viele Faktoren, die wesentlichen sind aber zum einen, wie das Unternehmen funktioniert und zum anderen, wie die Zusammenarbeit mit der Headhunterin ist.
Generell kosten Bewerbungverfahren viel Zeit. Wenn man eine Anzeige nutzt, muss ja jede Bewerbung beantwortet werden und da ist einfach unfassbar viel Quatsch dabei: Personen, die sich nur bewerben, damit sie dem Arbeitsamt etwas vorlegen können, Personen, die sich nur bewerben, um den Marktwert zu testen, Personen, bei denen man nicht weiß, was die Kontaktaufnahme eigentlich soll. Dann das Sichten, fehlende Infos einholen, auswerten, Termine koordinieren und allen bis auf einer Person dann absagen – kann man machen, ist aber für einzelne Besetzungen nicht so effizient. Jetzt kann man sich natürlich eine Personal- oder sogar eine Recruiting-Abteilung leisten, die das als Tätigkeitsschwerpunkt macht und dann vielleicht auch gleich mal ein paar Dutzend Stellen gleichzeitig zu besetzen hat. Wir sind aber kleiner, wir haben formal keine Personalabteilung und suchen selten mehr als 2 Personen auf einmal.
Es ist also effizienter, das auszulagern – aber natürlich nur, wenn die Zusammenarbeit gut funktioniert. Das ist ehrlich gesagt selten der Fall, ich habe mir über die Jahre bestimmt schon bei 100 Headhuntern die Mühe gemacht, mich ausführlicher zu unterhalten und dann liefern sie doch nur Quatsch aus ihrer Kartei. Ich mache ganz klare Vorgaben in Bezug auf die Profile, habe klar definierte No-Gos und Erwartungen. Ich will z.B. niemanden kennenlernen, den sie nicht schon persönlich getroffen haben. Das spart mir die ganze Zeit bis inklusive einen Teil des ersten Gesprächs und sortiert auch alle schon aus, die sich nicht ernsthaft bewerben. Wenn diese Kriterien nicht beachtet werden, breche ich die Zusammenarbeit ab, weil sie für mich dann ja keinen Nutzen hat. Je länger die Zusammenarbeit ist, desto mehr Synergien ergeben sich.
Für die Headhunterin ist der Prozess auch nicht so ineffizient wie für mich, denn wenn sie für Qualifikation X sucht und dann merkt, ah, nee, bei Frau N wird die Person nicht ins Team passen, hat sie aber vielleicht andere Kund*innen, bei denen es passt.
Für die Bewerber*innen ist der Nutzen ähnlich, sie können vorher auch Kriterien effizient bei einer Person definieren und müssen damit nicht jedes Mal erst irgendwo anrufen oder zu einem ersten Gespräch, das dann sinnlos ist, hingehen. Und ich glaube, auch beim Gehalt ist es nicht schlecht, über Headhunter zu gehen, denn deren Vergütung ist ja in den meisten Fällen prozentual vom Bruttojahresgehalt gerechnet. Die passen schon auf, dass man sich nicht unter Wert verkauft. Was ich immer ganz verrückt finde, ich sage „meiner“ Headhunterin, dass ICH doch schließlich die Rechnung zahle und es daher doch viel fairer wäre, wenn wir gemeinsam sagen „ein realistisches Budget ist Summe X“ und wenn Sie jemanden drunter findet, kriegt sie für das erste Jahr den Rest und wenn nur drüber, dann muss ich weniger zahlen. Da lacht sie mich aber immer nur aus 😉
Danke, dass sie sich die Zeit genommen haben, das aufzuschreiben. Manche Aspekte sind neu für mich und nützlich.
*Sie *rolleyes*