Ich muss neu kochen lernen, ich habe nämlich seit heute Nachmittag einen neuen Herd und zwar mit Induktion. Jetzt müssen wir alle aufpassen, dass hier niemand in der Familie einen Herzschrittmacher braucht. Zur Einweihung habe ich heute Pfannkuchen gemacht und gelernt, dass a) das Kochfeld ein bisschen anders positioniert ist als zuvor (es ist auch angedeutet, mein Körpergedächtnis hat aber zumindest bei diesem ersten Kochversuch meine optische Wahrnehmung gecancelt) und ich habe sonst immer quasi die Hälfte der Zeit mit Restwärme gekocht, was jetzt in diesem Umfang natürlich nicht mehr geht, weil nur der Topf Restwärme hat und nicht die Platte. Das muss ich mich umstellen.
Insgesamt ging alles außerordentlich reibungslos. Der alte Backofen hatte ein neues Geräusch gemacht, ein sehr hohes, röchelndes „iiiiiiiiiiiiiirhrhrhrhrhrhrhriiiii“, es klang wie ein Metalllüfter, der an einem Metallgehäuse schabt. Das Umlufträdchen drehte sich aber munter, so dass ich die Brötchen noch fertig buk, also damals, vor dem Urlaub, bevor es so heiß war. Dann durfte man den Backofen hier ja wegen Temperatur sowieso nicht mehr verwenden und dann war Urlaub und dann kam ich zurück und ging zum Elektriker meines Vertrauens, der aber wegen Personalmangel überhaupt nicht weiß, wann er wieder handlungsfähig ist und fragte, ob er mich zu einem Kollegen schicken dürfe, mit dem er sehr eng zusammenarbeitet. Natürlich gern. Ich fuhr mit dem Rad weiter zum Kollegen, wurde da sehr kompetent und individuell beraten, kaufte ein Gerät und auf „dann bringen wir das morgen, ok?“ sage ich „neinneinnein, ich hatte gerade Urlaub und muss morgen erstmal arbeiten, und übermorgen können Sie es auch nicht bringen, weil ich ja gar keine Töpfe für Induktion habe, Sie müssen jetzt warten, bis Amazon die liefert“. So vereinbarten wir einen Termin für heute, 16 Uhr. Um 16 Uhr kam Matteo mit seinem Vater, der Vater kam allerdings erst 20 Minuten nach Matteo die Treppe hoch, obwohl Matteo das Gerät getragen hatte, setzte sich an meinen Küchentisch, bekam von mir Wasser und ein Pflaster für einen aufgerissenen Finger und dann erklärte er Matteo detailreich und auf Italienisch, was er nun zu tun habe. Der Papa war ein Greis, Matteo war etwa in meinem Alter und wirkte durchaus kompetent in seinem Beruf, der Papa ließ es sich aber dennoch nicht nehmen, ihn genau an- und zurechtzuweisen. Den Zeitpunkt, zu offenbaren, dass ich jedes Wort verstehe, hatte ich schon versäumt, als der Papa zur Tür hineinkam und auf Italienisch über Matteos Mama schimpfte, die ihm keinen neuen Herd erlaubt, obwohl der alte keine 300 Grad kann für die Pizza, nicht wie dieser hier und so schön mit Induktion dass der Caffè morgens nur 90 Sekunden braucht, da hatte ich völlig perplex nichts gesagt und dann war es natürlich zu spät.
Perplex war ich, weil die beiden das Gerät die gesamte Zeit lobten. Das kenne ich von Handwerkspersonen nicht, normal kommen die zu mir und sagen, wie schlecht alles ist, der Altbau, die Leitungen, die Qualität von allem Möglichen, alles sehr schwierig, denke nicht, dass das klappt, mal sehen, ob man da überhaupt noch was machen kann oder das ganze Haus, evtl. alle Häuser in der Straße, abreißen muss. Bei Matteo und dem Papa war das anders, „alles ganz einfach, super, da haben wir es ja schon, tolles Gerät, den haben Sie gut ausgesucht, da werden Sie Freude dran haben, sieht gut aus! Und super, dass Sie sofort reagiert haben, der alte lief ja noch aber schauen Sie mal, hinten ist es etwas verschmort, das wäre nicht mehr lang gut gegangen, das haben Sie gut gemacht!“ Lernen Sie hier: wenn der Backofen iiiiiiiiiiiiiirhrhrhrhrhrhrhriiiii ruft, obwohl der im Gerät sichtbare Lüfter sich dreht, dann ist das vermutlich die Gehäusekühlung, die da gerade versagt, und wenn das Gehäuse nicht mehr gekühlt wird, wird es zu heiß, und so weiter.
Fast in Ohnmacht fiel ich, als Matteo sagte, der neue Backofen müsse jetzt bei 300 Grad eine Stunde „ausbrennen“. Bei einer Milliarde Grad draußen! Aber auch da hab ich was gelernt: ein Gerät heute ist besser gedämmt als vor 20 Jahren. Es war gar nicht schlimm. Wir können jetzt auch im Sommer backen!
In der täglichen Contentvorschlagliste heute: „Verdacht auf Legasthenie bei Kind 2. Klasse – möglichst schnell austesten oder abwarten? Wäre sehr dankbar für zusätzliche Gedanken dazu.“
Dazu kann ich nichts sagen, ich kenne mich mit Legasthenie nicht aus. Spricht denn irgendwas gegen das schnelle Austesten und dann – ggf. schnelle Unterstützen?
Danke für die nette Handwerkergeschichte!
Der neue Herd interessiert mich: Ist das ein Standherd (weil immer nur von einem Teil die Rede ist), welche Marke, welches Modell, kann er ernsthaft 300 Grad? Und bitte, wenn er dann mal in Betrieb ist, Erfahrungsberichte!
Wünsche viel Freude am neuen Herd und Ofen! Gerade weil der Ofen viel weniger Wärme in die Küche bringt als Kochtöpfe verwende ich den Ofen im Sommer erst recht gerne. Das Ofengemüse oder den Auflauf kann man ja ein bisschen abkühlen lassen vorm Genuss.
Ein älterer Italiener, der für Induktion schwärmt, ist tatsächlich erstaunlich. (Die meisten schwören immer noch auf Gas.)
Der war ja Elektriker.
Zum Thema Legasthenie:
Austesten! So schnell wie möglich, meist wartet man ohnehin ewig auf Therapeutentermine, zumindest in Ö.
Im besten Fall ist bisschen z, dann weiß man das. Bestätigt sich der Verdacht kann man sich Hilfe holen und das Leben für Kind, Eltern, Lehrer mit entsprechenden Maßnahmen leichter machen.
Was qualifiziert mich zu der Aussage: ich bin Elementar- und Hortpädagogin.