Das dunkle Herz des Kapitalismus – Teil II

Gestern sind wir gestartet mit Gewinnverwendungsmöglichkeiten und der Frage, was eine Dividende ist und wann es sie (meistens) gibt. 

Heute schauen wir uns an, welche Formen der Ausschüttung von Gewinnen an die Aktionär*innen es insgesamt gibt. Jede Form der Ausschüttungmist eine hoch strategische Entscheidung, da sie Signale aussendet, die auf ganz unterschiedliche Interessenlagen treffen. Dazu kommen wir später ganz im Detail.

Formen der Ausschüttung

Als Formen der Ausschüttung gibt zum einen die schon genannte:

Dividendenzahlung

Wenn eine Dividende gezahlt wird bedeutet das: der Gewinn, den ich verteile, wird durch die Aktien im Markt (also: die an der Wertpapierbörse gehandelt werden) geteilt und die Besitzer*innen erhalten pro Aktie, die sie haben, den Euro-Betrag, der bei dieser Rechnung herauskommt. 

Neben der Auszahlung eines Euro-Betrags (das nennt man Bardividende), kann eine Dividende auch in Form von zusätzlichen Aktien (Stockdividende) oder Sachleistungen (Sachdividende) ausgeschüttet werden. 

Legendär ist der “Schokoladenkoffer” von Lindt & Sprüngli (die Lindt & Sprüngli-Aktie kostet allerdings derzeit über 110.000 Euro, dafür kann man sich auch viel Schokolade selbst kaufen), üblicher sind Rabattgutscheine für Produkte/Leistungen des Unternehmens. 

Das Essen, dass es für die Aktionär*innen auf der Hauptversammlung gibt, wird scherzhaft als “Würstchen-Dividende” bezeichnet (auch hier ein unfassbar aufregendes Spannungsfeld, nämlich zwischen verdeckter Gewinnausschüttung/verbotene Einlagenrückgewähr, Sicherheitsaspekten, Möglichkeiten der Beschlussanfechtung).

Ich beschränke meine weiteren Betrachtungen hier aber auf die Bardividende.

Eine weitere Ausschüttungsform ist die:

Sonderdividendenzahlung

Wenn wir die Dividende verstanden haben, ist auch schon das meiste zur Sonderdividende klar. Der Unterschied ist, dass die Sonderdividende etwas Besonderes ist, sagt ja schon der Name. Und diese Kennzeichnung, etwas “Besonderes”, ist auch schon der ganze Trick. Es geht hier um die Erwartungshaltung.

Die Sonderdividende wird als einmaliges Ereignis betrachtet, niemand erwartet eine Regelmäßigkeit. Man kann sie zahlen, wenn besondere, kurzfristige Geschäftsereignisse  zu “viel Geld übrig” führen. Es gibt aber keine Enttäuschung, wenn sie im nächsten Geschäftsjahr nicht in ähnlicher Höhe wieder gezahlt wird.

Die dritte Form der Ausschüttung ist der:

Aktienrückkauf

Das ist eins meiner Lieblingsthemen, weil es so unfassbar viele mögliche Hebel, so viele mögliche Verstrickungen gibt!

Ich versuche, mich kurz zu fassen: bei einem Aktienrückkauf kauft die Aktiengesellschaft eigene Aktien.

Aktien, die im Besitz der Aktiengesellschaft selbst sind, werden bei der Gesamtzahl der Aktien nicht mehr mitgezählt. Was bedeutet: es gibt nun weniger Aktien der Gesellschaft, die man kaufen kann. Wenn also gleich viele Personen eine Aktie kaufen möchten, steigt der Preis und damit der Wert für diejenigen, die schon eine haben! Durch Verknappung. Der Aktienrückkauf kann also zur “Kurspflege” genutzt werden. (Die Abgrenzung von Kurspflege zu Marktmanipulation ist auch wieder ein spannendes Thema!) 

Zusätzlich: Wenn eine Dividende gezahlt wird, wird der Gewinn, der zur Verteilung zur Verfügung steht, nach dem Aktienrückkauf auf weniger Aktien verteilt, es bleibt also für jede Aktie mehr Gewinn mehr übrig.

Das ist für die Aktionär*innen eine schöne Sache. Und für die Geschäftsführung oft auch! Denn viele Vergütungsprograme für Manager*innen sind an Kennzahlen wie zum Beispiel Gewinnwachstum pro Aktie oder an die Kursentwicklung geknüpft ujnd darauf wirkt der Aktienrückkauf sich ja positiv aus. Hier liegt also ein gewisses Missbrauchspotenzial.

Die Aktiengesellschaft kann auf verschiedenen Wegen Aktien zurückkaufen (normal an der Börse, von einzelnen Aktionär*innen oder durch ein öffentliches Rückkaufangebot (Tender Offer). Dazu gibt es natürlich diverse gesetzliche Regularien, das zu erläutern führt hier aber zu weit.

Und die vielen spannenden Gründe für einen Aktienrückkauf führen hier leider eigentlich auch zu weit, aber wirklich nur ganz kurz: Neben dem starken Signal, Vertrauen in das eigene Unternehmen zu haben, kann der Aktienrückkauf auch finanzpolitische Gründe haben, kann ein Instrument zur Abwehr feindlicher Übernahmen oder zur Gestaltung der Aktionärsstruktur sein.

Andererseits kann der Aktienrückkauf natürlich auch ein Signal dafür sein, dass die Geschäftsführung keine besseren Ideen mehr hat, was sie mit dem Geld machen könnte, dass also keine Innovationskraft mehr im Unternehmen ist. Und durch den Aktienrückkauf verringert sich das Eigenkapital des Unternehmens und es steht weniger Liquidität zur Verfügung, damit natürlich auch weniger Flexibilität, schnell auf gute Gelegenheiten oder widrige Begebenheiten zu reagieren. 

Aktienrückkäufe werden also durchaus auch kritisch gesehen und sind in anderen Ländern, beispielsweise in den USA viel üblicher als in Deutschland. Seit einigen Jahren sind sie aber auch hier ein zunehmend beliebtes Instrument. 

Zurück zum Thema, die letzte Möglichkeit der Ausschüttung ist die

Nennwertrückzahlung

Die Nennwertrückzahlung hat nur eine sehr geringe praktische Relevanz und ausschließlich aus diesem Grund bewege ich mich dabei in Bezug auf mein Wissen auf sehr dünnem Eis. 

Eine Nennwertrückzahlung ist eine ordentliche Kapitalherabsetzung (bedeutet also eine Verringerung des Grundkapitals der Aktiengesellschaft), sie ähnelt wirtschaftlich der Dividendenzahlung und praktisch dem Aktienrückkauf.

Soviel zu den möglichen Formen einer Gewinnausschüttung. Beim nächsten Mal schauen wir uns eine Handvoll Kennzahlen an, mit denen wir eine Ausschüttung beurteilen können. Keine Panik, es kommen maximal Grundrechenarten vor!