Urlaub – Tag 5

Frau Herzbruch ist schon im Bett, entweder, um die Nahtoderfahrung zu verarbeiten, die wir hatten, als uns heute auf der Landstraße auf einer kurvigen Anhöhe auf unserer Spur ein LKW entgegenkam, der in einem Überholversuch neben einem Traktor fuhr, oder um das Doppelkopfdebakel zu verarbeiten, wir haben heute nämlich nicht gewonnen.

Der Tag begann an sich schon etwas holprig mit notwendigen Abläufen, die weitere Entscheidungen blockierten, gegen Mittag saßen wir aber alle gemeinsam im Tourbus, danach hatte es eine Stunde vorher noch nicht ausgesehen. Ich war sehr zufrieden. Wir wären im Zweifel glücklich gestorben, noch besser ist aber, am Leben zu sein. So konnten wir ein Schloss besuchen bzw. hauptsächlich die Gärten drum herum mit unendlich vielen Blumen. Und natürlich schien die ganze Zeit die Sonne, ich habe schon wieder juckende Arme und fühle mich komplett gedörrt. Sehr, sehr schön war der Fuchsiengarten. Ich mag Fuchsien und Fuchsien mögen 16 bis 24 Grad und Regen. Ich bin eine Fuchsie.

Mein botanisches Interesse an sich ist ja eher gering ausgeprägt. Am Wegesrand sahen wir aber immer wieder eine Pflanze, bei der ich mich schon seit meiner Kindheit oft frage, was das eigentlich ist. Ich hielt es früher für Rhabarber, weiß aber seit einigen Jahren, dass das nicht richtig ist. Ich sehe die Pflanze immer nur im Urlaub, heute auch wieder und ich bat Herrn H, den Tourbus anzuhalten, damit Frau H ihre Pflanzenapp befragen kann. Es handelt sich bei meiner Pflanze um den Gewöhnlichen Pestwurz. Das ist kein schöner Name, das hätte ich lieber nicht gewusst. Ich kann mich jetzt nicht mehr vorbehaltlos über die Pflanze freuen, wenn ich sie sehe, sondern werde immer nebenher „Pestwurz, wie doof“ denken. Ich weiß noch nicht, wie ich damit umgehen soll.

Auf der Heimfahrt fragen wir uns, wie es sich auf Fynen wohl lebt. Was arbeitet man dort? Es war Berufsverkehrzeit, die Straßen aber leer, nicht nur leer von Autos sondern auch leer von Menschen. Sowieso sind – außer an den Touristenattraktionen – wenige Menschen zu sehen. Wo sind die alle, wo hängen die Jugendlichen ab? Man müsste in eine Kneipe gehen, dort mit Einheimischen ins Gespräch kommen und sie fragen. Eine Kneipe hatten wir aber auch noch nicht gesehen.

Später schwammen wir wieder im Meer, also nicht alle, nur die Kinder, der Hund und ich. Neben vielen Seesternen und Krabben gab es heute Fische zu sehen, die über die Wellen sprangen, so ähnlich wie man Steine über das Wasser flitscht. Es gelang uns leider nicht, einen zu fangen und näher anzuschauen. Ziemlich kleine Fische waren das, silbrig, ich glaube mit weißem Bauch. Warum springen die da herum, ist es Übermut? Übermütig war auch Fiene. Erst schwamm sie bis zur Erschöpfung und wollte dann immer wieder das neue Quietschie, das wir ihr aus dem Supermarkt mitgebracht haben, geworfen bekommen, wollte es aber gleichzeitig nicht loslassen und ich wollte meine Hand nicht in das Maul eines Hundes stecken, der Zähne so lang wie mein kleiner Finger hat. Ich brauche die Hand ja noch zum Tippen.

9 Kommentare zu „Urlaub – Tag 5“

  1. Vielleicht kann es die Pestwurz rehabilitieren zu wissen, dass sie den Namen daher hat, dass sie früher als Heilpflanze gegen die Pest eingesetzt wurde – und dass sie heutzutage auch als Heilkraut u.a. bei Migräne verwendet werden kann?

  2. Ja, ich weiß, ich habe natürlich alles darüber sofort gegoogelt. Aber der Wortklang ist auch so schlecht. Es ist sehr traurig.

    1. Hat schon wer „a rose by any other name …“?

      Also, ich finde die trotzdem schön. Die Blüte hat auch diesen gewissen Raumschiff-Enterprise-Touch.

  3. Es ist nicht der Übermut, sondern die Todesangst, die kleine Fische gemeinsam springen läßt. Sie versuchen damit Räubern zu entkommen.

    1. Da wir recht weit entfernt waren, gehe ich davon aus, dass sie nicht vor uns geflohen sind – schwamm da unten irgendwas herum, das uns alle fressen wollte?!

  4. Petasites hybridus ist nah verwandt mit den Gänseblümchen – und wird bedroht vom Japanischen Knöterich. Der wächst viel schneller und höher und breitet sich überall an Bachläufen aus. Insofern gibt es allen Grund, sich vorbehaltslos zu freuen, wenn man Petasites hybridus sieht.

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