6. November 2023

Ich wachte heute Nacht von einem Niesanfall auf, einem eigenen, höchst merkwürdig, 30, 40 Mal niesen. Meine erste Vermutung war, ich hätte im Schlaf irgendwas komisches durch die Nase eingeatmet, eine Fluse, ein Tier (hoffentlich nicht…), irgendwas anderes. Ich war zu schläfrig, alles genau zu ergründen, schlief wieder ein und träumte von Linsen. Frau Herzbruch hatte mir die gesamte Zugfahrt erzählt, Herr Herzbruch würde für ihre Rückkehr Linsensuppe kochen. Seitdem möchte ich auch Linsensuppe, ich kriege das nicht mehr aus dem Kopf. Heute sollte es also Linsensuppe geben, Sellerie, Lauch, Karotten habe ich im Kühlschrank und heute Nacht träumte ich, ich stünde vor dem Küchenoberschrank, nähme die gut verschlossene Plastikdose heraus, öffnete sie und fände eine 3/4-Packung Tellerlinsen. Ich freute mich sehr.

Andere Leute haben aufregend sexuelle Träume oder spirituelle Visionen in der Nacht, ich träume von Tellerlinsen. Man kann es sich nicht aussuchen.

Am Morgen führte mein erster Gang (zur Empörung der Katzen) zum Küchenschrank und der gut verschlossenen Plastikdose. Es sind nur zwei Packungen rote Linsen darin, damit kann man Kokoslinsensuppe oder Karottenlinsensuppe machen aber natürlich keinen guten deutschen Linseneintopf mit Sellerie. Was für eine Enttäuschung. Ich packte Linsen auf die Einkaufsliste. Und Maggi.

Im Büro sortierte ich ein bisschen durch, weniger Unterlagen als viel mehr Köpfe, dann bekam ich am Mittag wieder einen Niesanfall. Wieder 30, 40 Mal. Die Zimmernachbarn schlossen ihre Türen. Bei genauer Betrachtung kratzt auch mein Hals ein wenig. Ich habe dazu keine Lust. Ich sagte alle Präsenztermine für die Woche ab bzw. verwandelte sie in Online-Termine. Das geht mir unfassbar auf die Nerven, ich möchte mögliche Erkältungen einfach wieder ignorieren können, wie früher, gute alte Zeit, ich habe null Interesse daran, sie ernst zu nehmen und mein Verhalten zu ändern, bin nicht an einer Beschäftigung in irgendeiner Form mit möglicher Erkältung interessiert, meine Güte, alles eine Zumutung. Ich knallte meine Tür auch zu. Die Fenster im Büro gehen derzeit wegen Witterung nicht auf, völlige Fehlkonstruktion, wer will denn das Fenster bei warmer Luft öffnen, ich jedenfalls nicht, ich möchte es öffnen, wenn angenehm kühle Luft hineinkommt. Vielleicht trat ich kurz gegen die Wand. Wird sowieso bald gestrichen.

Am Abend zog ich durch die Supermärkte, überall nur rote Linsen, am Ende fand ich vorgegarte braune Linsen, es war zu dem Zeitpunkt sowieso schon so spät, dass es gut war, dass irgendjemand anders die Linsen schon gegart hatte. 3 Teller Linseneintopf gegessen, jetzt sehr satt, werde gleich fragen, was es im Hause Herzbruch die nächsten Tage gibt, damit ich entsprechend einkaufen kann. Wobei ich morgen Mangold-Quiche machen muss, in der Gemüsekiste war ein Busch Mangold, der nimmt den halben (sehr großen doppeltürigen) Kühlschrank ein und muss wirklich weg. Ich hoffe, wir schaffen das, diesen Busch morgen aufzuessen und der frisst nicht uns.

Frage in der täglichen Contentvorschlagliste ist, was ich studiert habe und wie das ins Herz des Kapitalismus geführt hat. Ich habe im wesentlichen Sprachen studiert, habe einen Magisterabschluss in Älterer Anglistik, Amerikanistik, Romanischer Linguistik und ein 1. Staatsexamen (Lehramt Sek I/II in Englisch, Spanisch, Deutsch als Fremd- und Zweitsprache), ich habe VWL (Vordiplom) und BWL (Bachelor) studiert, habe eine Ausbilderinneneignung, ein Übersetzerinnendiplom, eine kaufmännische Ausbildung, eine Ausbildung als Mediatorin, als Systemische Practitioner und – above all! – ein Jodeldiplom. Nichts davon hat ins Herz des Kapitalismus geführt oder alles, keine Ahnung, Konkret ins Herz des Kapitalismus hat mich eine Headhunterin geführt. Ich hatte bis dahin keine Ahnung, dass es solche Arbeitsplätze überhaupt gibt und was man da macht.