11. März 2024

Einen halben Tag hatte ich Urlaub am Freitag und doch kam es mir heute so vor, als wäre ich mehrere Wochen nicht am Arbeitsplatz gewesen. Vielleicht lag das auch an der Ereignisdichte am Wochenende. Ich fühlte mich jedenfalls etwas wackelig.

Dieses Jahr haben wir übrigens eine spezielle Situation. Die ganze Welt weiß, dass ich die Sommerzeit ablehne. Nun wache ich allerdings seit über einem Montag morgens um 6 ausgeschlafen aus. Aufstehen muss ich erst um 7. Wenn ich um 6 Uhr aufwache, kann ich mich natürlich nochmal umdrehen und weiterschlafen, dann würde ich allerdings für anderthalb bis zwei Stunden schlafen, dann passt es wieder nicht. Ein Dilemma. Ende März wird nun der Rest des Landes sich an meinen neuen Schlafrhythmus anpassen. Der Gedanke gefällt mir.

Im Büro habe ich hauptsächlich Informationen für die großen Themen des Jahres zur Diskussion bereitgestellt und warte nun die Antworten und Einschätzungen ab. Für das eine Projekt, mein Wunschprojekt, mit dem ich neulich gegen eine Wand geprallt bin, habe ich mittlerweile drei von sechs Stimmen gesammelt, damit wird der zweite Anlauf – wenn noch ein paar Finanzfragen geklärt sind – sehr wahrscheinlich zum Erfolg führen.

Des weiteren hatte der Chef schlechte Laune. Hat er ja seit ein paar Wochen, mittlerweile hat er ganze Bereich so weit, dass sie seine schlechte Laune schon antizipieren und selbst auch in einen Jammerstrudel geraten, teilweise auch in Schicksalsgemeinschaftsambitionen. Ein paar Leute habe ich mir daher heute gezogen und mit ihnen abgemacht, dass es jetzt reicht mit der schlechten Laune und wir nun gute Laune machen. Ebbe langts, s ist ja völlig irrational, sich die Stimmung von einer Person aufdrücken zu lassen, die noch nicht einmal anwesend ist. Morgen früh ist erste Erfolgskontrolle mit Erfahrungsaustausch.

In der täglichen unverbindlichen Contentvorschlagliste wird heute gefragt: „Stellen Sie sich jemals (falls ja: wie oft und in welchem Kontext) die Frage, ob ihre geleistete Arbeit wohl den Erwartungen anderer an Sie entspricht?“

Zunächst mal vorweg – es scheint mir fast zu simpel, das zu erklären aber es hilft ja nix, es wurde gefragt: ich werde für meine Arbeit bezahlt, dementsprechend ist es ganz wesentlich, dass sie den Erwartungen „anderer“ – ganz konkret denen, die bezahlen – entspricht.

Nun zum nächsten Aspekt, ob ich mir vorstelle, dass meine Arbeit den Erwartungen anderer entspricht. Hier bin ich unsicher, was gemeint ist. Ich sitze nicht zu Hause (oder irgendwo anders) und male mir aus, wie sich irgendwer über meine Arbeit freut, sich Mr.-Burns-artig die Hände reibt oder abends beim Zubettgehen glücklich „ach, das hat Frau N heute genau so gemacht, wie ich es erwartet hatte!“ seufzt. Das also nicht. Ich gehe aber allgemein davon aus, dass meine Arbeit den Erwartungen meines Arbeitgebers entspricht, denn zum einen bin ich ziemlich gut in dem, was ich mache und zum anderen bekomme ich im gegenteiligen Fall sowieso sehr zeitnah einen Anruf, in dem Unzufriedenheit geäußert wird, da muss ich also nicht lange herumüberlegen.

Ein bisschen komplexer ist es mit den Erwartungen derjenigen, die mich nicht bezahlen, aber von meiner Arbeit betroffen sind. Die haben ja natürlich auch Erwartungen und bei denen muss ich genauer hinschauen, zumal ich diese Erwartungen erst einmal herausfinden muss denn die Personen, um die es da geht, können mir keine Weisungen erteilen. Deshalb sind diese Erwartungen weniger klar kommuniziert und können auch nicht Erfüllung einfordern, trotzdem ist es für mich wichtig, diese Erwartungen zu kennen und sie – wenn ich sie schon nicht immer erfülle – zumindest nicht zu enttäuschen, indem ich Mangels Kenntnis der Gefühlslage den Eindruck von falschen Versprechungen oder Hinhalten erwecke. Manchmal geraten – im beruflichen Kontext – Personen in Hinsicht auf ihre Erwartungen an mich auch ein wenig in Schieflagen und erhoffen sich, dass ich für ihre Erwartungen eintrete, auch wenn sie denen meines Arbeitgeber konträr laufen, einfach aus dem Grund, dass es ihnen wichtig ist und sie ihre eigene Meinung für wichtiger halten als die des Arbeitgebers. Was ich gar nicht bewerten will, nur ändert es nichts am Vertragsverhältnis, da liegt also ein ganz generelles Missverständnis der Situation vor.

Privat ist die Sache mit den Erwartungen bei mir viel weniger komplex, da es ja um rein partnerschaftliche Verhältnisse geht und das bereitet mir keinen Stress. Wenn Erwartungen an mich herangetragen werden, überlege ich, ob ich sie erfüllen will und mache es oder lasse es, mit den entsprechenden Konsequenzen.

10. März 2024

Kurze Vorbemerkung: es findet hier seit ein paar Tagen eine kleine Spamkommentarwelle statt, also in Form von sinnlosen Buchstabenkombinationen (nicht abwertend gemeint, sie ergeben nicht Worte, die mir missfallen sondern Worte, die ich keiner Sprache zuordnen kann) zusammen mit dubiosen Links. Sollte irgendwer kommentiert haben und der Kommentar ist nicht freigeschaltet worden, habe ich ihn versehentlich gelöscht. Schreiben Sie einfach nochmal. Es wird nicht an Ihnen gelegen haben. Ich habe noch keinen Kommentar, der aus mir (sprachlich) verständlichen Worten bestand, absichtlich gelöscht.

So. Ich habe Wirklichkeit geschaffen und bin mit dem Zug nach München gefahren. Die Zugbindung war wegen Streik aufgehoben, im Büro waren wegen Streik keine Termine, so schlenderte ich 2 Stunden früher zum Bahnhof, stieg in einen Zug zwei Stunden früher ein und traf überpünktlich zum Treffen in München ein. Musste dann feststellen, dass ich versäumt hatte, mich mit dem geplanten Programm vertraut zu machen, ich ging ja davon aus, zu spät zu kommen und dann allen anderen einfach immer hinterherzulaufen. Nun musste ich mich allein zum Hotel bewegen und noch herausfinden, wann ich denn abends nun wirklich verabredet war.

Ging alles gut, wenn ich auch gleich an der ersten Ampel vor dem Bahnhof von einer anderen Passantin wegen Über-Rot-Gehen zurechtgewiesen wurde, ich dachte schon, ich sei in Wien, vielleicht ist es auch mein heimliches Talent, mich in fremden Städten sofort irgendwie fehlzuverhalten. „Da Sie sich im Straßenverkehr so gut auskennen, sagen Sie mir bitte auch noch, wo ich die Haltestelle der Tram 21 finde?“ fragte ich zurück. So gewinnt man Freundinnen. Den Rest der zwei Tage lief ich sicherheitshalber immer nur noch hinter Excellensa her, wenn man sich irgendwie fortbewegen musste.

Es ist so: das Treffen, zu dem ich da war, war zum ersten Mal für, haha, März 2020 geplant gewesen. Damals gab es noch kein Deutschlandticket und ich hatte ein ganz anderes Hotel gebucht, fußläufig zur Wohnung von CucinaCasalinga, in die ich eingeladen war, weil ich nämlich überhaupt keine Lust hatte, mich mit Fahrkarten in irgendeinem anderen Verkehrsverbund auseinanderzusetzen. Nun, 2024, ist ja alles anders, ich brauche keine anderweitige Fahrkarte und kann in alle Verkehrsmittel einfach einsteigen, deshalb nahm ich das Hotel, in dem auch die anderen auswärtigen Gäste unterkamen. Lust, mir eine App zu installieren und Verbindungen zu verstehen, hatte ich dadurch allerdings immer noch nicht. Deshalb lief ich einfach immer hinterher, in, sagen wir mal, guten wie in schlechten Zeiten.

Das Wochenende war sehr kulinarisch und für mich gab es einige erste Male. Ich aß zum ersten Mal Kalbsfleischpflanzerl, was für ein Zungenbrecher, das Wort! Die Speise war lecker, leichter und feiner als Frikadellen, die ich von zu Hause kenne. Glaube ich, ich habe das letzte Mal vor 10 oder 15 Jahren Frikadellen gegessen. Also habe ich da nicht so den Anwendungsfall, wollte nur etwas typisches Essen. Am nächsten Morgen ging es gleich mit etwas typischem weiter, nämlich Weißwurstfrühstück! Weißwurst hatte ich auch noch nie gegessen! War auch lecker! Wenn ich nochmal gerade Wurst essen möchte, würde ich auch nochmal Weißwurst essen, ich hatte vorher gehört, dass die möglicherweise ziemlich eklig ist, das kann ich nicht bestätigen. Sogar eher unauffällig im Geschmack, unaufdringlich gewürzt, keine Stücke darin, die beim Kauen Widerstand leisten. Mir ist unklar, was man daran ablehnen kann, also wie gesagt, außer man lehnt Wurst generell ab. Möglicherweise hat es mit Erwartung zu tun, wenn man Lust auf Rostbratwurst hat, wird Weißwurst nicht glücklich machen. Das habe ich aber als Kind ja schon bei Oliven gelernt. Wenn man da Weintraubengeschmack erwartet, wird man auch nicht glücklich.

Weitere neue Erlebnisse: Caffè coretto grappa (hat mir nicht geschmeckt) und Cognac-Kirschen (ich glaube, es war Cognac?), die wiederum fand ich hervorragend und habe nur aus Vernunft irgendwann aufgehört, weiter davon zu essen. Leichtbier habe ich auch zum ersten Mal probiert und fand es super. Und das erstes Spaghetti-Eis des Jahres gab es noch, mittelgut, das liegt an mir, ich mochte schon im letzten Jahr Eis plötzlich nicht mehr so richtig gerne.

Schön war, dass ich ganz viele Dinge von denen CucinaCasalinga mir schon erzählt hatte, live sah. Ein Knuspr-Fahrzeug, Feinkost Käfer, den Rewe und den Kindergarten, das Busle (hoffentlich richtig geschrieben), das virtuelle Büro in echt und mir fällt gar nicht mehr alles ein, zusätzlich sah ich einige Orte, mit denen ich beruflich häufiger zu tun habe, zum ersten Mal wirklich. Zeitweise hatte ich das Gefühl, in der Kulisse meines eigenen Films herumzulaufen. Zusätzlich fuhren wir noch – ein ganz großes Erlebnis für mich – am ehemaligen Wirecard-Firmengelände vorbei.

Ich bewunderte die Aufbewahrung von Streugut (in Häuschen, die auf Stelzen in der Luft stehen), wir lernten den Blumen-Peter kennen, der von Kundschaft, die am Morgen kurz nach der Öffnungszeit erscheint und dann auch noch einen großen Strauß möchte, zunächst überfordert bis empört war, sich im Verlauf aber sehr gut selbst regulierte und uns am Ende noch Süßigkeiten zusammen mit einer kleinen Geschichte schenkte und ich lernte, dass es möglich ist, meine Begeisterung für Autowaschanlagen nicht zu teilen sondern sogar ganz das andere Ende des Gefühlsspektrums dafür aufzurufen. Ich wollte mir einreden, dass es so kam, weil es eine Aral-Waschanlage war und keine Mr. Wash-Waschanlage; das gelang mir aber nicht. Wobei ich schon glaube, ein Mattentoaster hätte das noch etwas rausreißen können in Bezug auf die gewünschte Emotion. Vielleicht probieren wir das in ein oder zwei Jahren nochmal.

Zwischen und beim Essen wurde viel erzählt und es wird einige Tage dauern, bis in meinem Kopf alles in den richtigen Kästchen einsortiert ist und nicht mehr ununterbrochen nachdenkenswerte Satzfetzen hochploppen.

Frage in der täglichen Contentvorschlagliste heute: „Die Benko-Pleite: Wie können immer wieder solche Luftschlösser entstehen, lernt niemand aus vorherigen Zusammenbrüchen?“

Ich finde das kein bisschen überraschend. Den Wunsch, etwas Besonderes zu machen, das Streben nach Glück, gibt es immer. Vielleicht könnte es ja dieses eine Mal klappen, schauen Sie sich selbst an, haben Sie schon Lotto gespielt, gedacht, dass sie ab jetzt total gesund essen, sich zum zweiten Mal in einem Fitness-Studio angemeldet, obwohl es schon beim ersten Mal nicht geklappt hat, mehrfach den Vorsatz gefasst, früher schlafen zu gehen oder sogar wirklich gelaubt, in diesem Jahr mit der Steuererklärung wirklich nicht in Verzug zu kommen? Wir hoffen, wir wünschen so, so, so sehr, nur dieses eine Mal kann es doch gut gehen, muss es doch gut gehen. Das ist nicht nur menschlich und ok so, das ist der Motor, mit dem wir versuchen, das Unmögliche möglich zu machen und ja, fast immer wird das scheitern. Und doch haben wir diese Dinge, die vor einiger Zeit noch unmöglich schienen und nun möglich geworden sind. Weil jemand es so, so sehr wollte und plötzlich alle Faktoren zusammentrafen, die für ein Gelingen notwendig waren. Wollen Sie darauf verzichten?

7. März 2024

Morgen fahre ich mit dem Zug nach München. Ich sage bzw. schreibe es nur schon einmal, um Realität zu schaffen.

Der Tag verlief ruhig, also: im Vergleich zu gestern jedenfalls. Ein sehr konfrontatives Meeting kam vor, allerdings nicht überraschend. Andere Dinge lösten sich in Wohlgefallen auf. Eine Sache, die mir (innerhalb meiner Geduldsspanne) nicht gelungen ist: der Hausverwaltung zu erklären, dass ein Unterschied besteht zwischen einer Minderung der Nebenkosten und einer Minderung der Nebenkostenvorauszahlung. Das ist eigentlich doch wirklich kein großer Denkakt, oder? Spätestens an der Nebenkostenabrechnung sieht man ja den Unterschied. Meine Güte. Ich muss eine Person mit mehr Geduld beauftragen, das zu klären. Um 17:30 Uhr noch ein Anruf des Vermieters, ich hatte keine Lust, den anzunehmen, ich rufe morgen zurück. Wer will mir ja seine Risikoanalyse hoffentlich nicht am Telefon erzählen.

Hin- und Rückfahrt verliefen per Auto ereignislos, der Koffer für morgen ist schon gepackt, Herr N hat Abendessen gemacht und M Schokocookies mit Meersalz.

Frage in der unverbindlichen Contentvorschlagliste heute: „Wie verlief der Weg von Ihrem Studium zu Ihrem (komplett fachfremden?) Job? Wie sind Sie auf die Idee gekommen, das zu machen, bzw. wer/was hat Sie dahin gebracht?“

Zunächst: ich finde nicht, dass mein Job komplett fachfremd ist. 

Dann: ich bin nie auf die Idee gekommen, diesen Job zu machen. Und die Frage, was mich dahin gebracht hat, passt auch nicht so richtig, denn der Job existierte nicht, bis ich ihn ausgeübt habe. Ich bin dieser Job, sozusagen.

Wie das passiert ist, kann ich nicht so genau sagen. Ich mache gerne Dinge, ich habe schon immer gerne Dinge gemacht. Wenn ich sehe, dass etwas gemacht werden muss, kümmere ich mich darum, dass es gemacht wird, von mir oder von anderen. Das zieht sich so durch, durch alles, was mir begegnet. Ich neige nicht dazu, andere Anwesende zu fragen, ob sie denken, dass diese Sache gemacht werden solle, ich neige nicht dazu, zu warten, ob jemand anders diese Sache macht. Sie können sagen, ich habe ein schnelles Reaktionsvermögen oder ich habe wenig Geduld oder auch einfach, dass ich lieber was mache als nichts mache. Ich schaue nicht gern zu. Ich schaue ja auch kein Fernsehen.

Mit dieser gerafften Information sehen Sie mich jetzt vor Ihrem geistigen Auge in einer Büroumgebung, es ist ein wachsender Standort, autokratisch geleitet, ansonsten weitgehend ungeregelt und dementsprechend mit einem großen Koordinationsvakuum. Natürlich ist da ständig irgendwas, das noch hakt, das stört, das fehlt, das anders besser funktionieren könnte und wenn Sie da eine Person reinsetzen, die einfach – durchaus ungebeten – immer Sachen macht, die noch fehlten und Abläufe erfindet und einfach bei allem, das Sie irgendwann mal als „es wäre schon ganz gut, wenn wir auch xy hätten“ sagt „okay ḱümmer ich mich drum!“, dabei natürlich auch bemerkt, was ihr liegt, was gut klappt, wo Wissen fehlt und wo mal neugierig reingschnüffelt werden könnte und wenn man ihr sagt „hier geht es nicht weiter“ heiter antwortet „okay dann geh ich halt da außen rum“, dann können Sie diese Person entweder nach einiger Zeit genervt aus der Organisation entfernen oder Sie nehmen einen gewissen Nutzen wahr und es entwickelt sich eine gelebte Praxis, in der diese Person halt diese Dinge macht und alle akzeptieren es weitestgehend. Und nach einiger Zeit denken sie sich, dass es für alle einfacher ist, dem Kind einen Namen zu geben. Also einen Titel.

6. März 2024

Der Morgen begann rasant, nämlich mit der kleinen Katze, die auf den schlafenden Herrn N. kotzte. Er wachte nicht davon auf. Ich aber und ich hatte Angst, es könnten Bröckchen auf meine Betthälfte rutschen, wenn er sich im Schlaf bewegt. Also entfernte ich die Katzenkotze von Herrn N, er wachte auch dabei nicht auf, ich checkte kurz die Vitalparameter, es war alles in Ordnung. Vermutlich hat er sich schlafend gestellt – er streitet es bislang ab.

Dann war es weiter rasant, ich stritt mich mit einem Kippladerfahrer von der Großbaustelle hinter dem Bürogebäude, er fuhr mir quasi vor die Füße, ich gestikulierte und brüllte, er stieg aus und brüllte und ging auf mich zu, ich brüllte und ging auf ihn zu, dann standen wir Nase an Nase und dann kam die Security. Ich trug das rosa Mäntelchen, mit dem ich mich immer wie die Queen fühle. Also halt nur nicht tot. Das Kantinenpersonal machte gerade draußen Rauchpause und amüsierte sich sehr. „Signorina Sie kriegen heute doppelt Dessert“, sagte der italienische Koch, nachdem die Security uns getrennt hatte.

Im Büro war es heute selbst für unsere Verhältnisse sehr verrückt. Eine Person, die sich echauffiert, dass in ihrer Abwesenheit an ihre Zimmertür geklopft wird, eine Person, die einer entsorgten Pflanze nachweint, die sie – ohne das mit irgendjemandem abzusprechen – in den Raum anderer Personen gestellt hatte, dort war sie eingegangen und nun ist sie halt im Müll, und auch ansonsten war es nicht so ganz einfach.

Passend dazu fragt die tägliche Contentvorschlagiste: „Was haben Sie am OC besonders geschätzt oder sogar übernommen?“

Eigentlich wollte Frau Herzbruch diese Frage beantworten, sie liefert aber ja nicht. Wobei ich mich da nicht zu weit aus dem Fenster lehnen kann, ich habe gerade vorhin auch sowas von nicht geliefert, ich habe sie nämlich um Anruf gebeten, damit ich Herrn Herzbruch zum Geburtstag gratulieren kann, in dem Moment, als der Anruf kam, nahm ich ihn dann nicht an, weil ich gerade den Mund voll Erdnussflips hatte, rief nach dem (vermeintlichen) Schlucken zurück, aspirierte dabei einen Erdnussflipsrest und konnte, als Frau Herzbruch dann antwortete, schlicht nichts sagen. Also auch keinen Glückwunsch.

Am OC habe ich besonders geschätzt, dass er es sich nie leicht gemacht hat. Ich kann mich an keine einzige Situation erinnern, in der er einen Weg genommen hätte, von dem er nicht überzeugt war, nur weil es der leichtere unter den verfügbaren Varianten war. Das hat seinem Handeln eine große Verbindlichkeit und Integrität verliehen. Dass er diesen Anspruch – dass wir es uns nicht leicht machen – auch an uns hatte, hat mich viel gelehrt und in der Lernkurve auch einiges gekostet. Ich denke, dass ich heute davon profitiere, dass er uns über Jahre antrainiert hat, nicht wegzugucken, nicht durchzuwinken, uns nicht abwimmeln zu lassen und Dingen, die unklar sind, auf den Grund zu gehen, bis sie klar sind.

5. März 2024 – WmdedgT

Alles zu WmdedgT wie immer bei Frau Brüllen.

Wie man sich abends immer noch an morgens erinnern soll, meine Güte, 15 oder 16 Stunden liegen dazwischen mit tausend spannenden Dingen.

Der Wecker klingelte um 7 Uhr. Ich hatte keine Nachricht, wann das Kind zu wecken sei, also kümmerte ich mich nur um mich und ein bisschen um die Katzen, hatte also ausreichend Zeit, mich unfassbar über die Bahn aufzuregen. Dass ich mich am Freitag nach München transportiere ist klar, wie ich mich transportiere allerdings noch nicht. Einen Platz im Flixbus lehnte ich ab, ich weiß nicht genau warum, vermutlich aus Bockigkeit, ich habe ja ein Bahnticket und ich wollte mir eine Runde einbilden, dass ich aus Bockigkeit fliegen würde, wenn es denn ginge, es ist für alle Beteiligten besser, wenn ich mit meiner Laune nicht als Fahrzeugführerin auf der Autobahn bin, lieber sitze ich verängstigt (ich habe ja Flugangst) in einem Linienflug und ich könnte Fingerzeigen, nach unten aus dem Flugzeug heraus und sagen „Hier, ihr seid Schuld, dass ich fliege und das Klima zu Grunde geht!“, das waren schöne Gedanken mit keiner Gefahr der Verwirklichung, denn der Flughafen wird ja auch bestreikt. Ich spiralisierte mich in rechtschaffender Empörung bist ganz nach oben und kündigte dann mit einem fulminanten „Klick“ mit dem rechten Mittelfinger meine Bahncard.

Wir wissen alle: ich fahre im Jahr über 10.000 km Bahn. Natürlich werde ich die BahnCard, wenn die aktuelle abläuft, gleich für die nächste Fahrt wieder kaufen, da müssen wir uns nichts vormachen. Ist aber egal, das ist irgendwann im November, das ist nicht heute. Heute habe ich es ihnen so richtig gezeigt!

Mit quasi bereits vollendetem Tagwerk ging ich ins Büro, um dies und das zu tun. Den Vormittag über gelang es gut, weiter Krempel wegzuarbeiten. Mittags war ich mit Fragmente verabredet, wir aßen Pasta und ich berichtete ihr alle Neuigkeiten, zeitweise war sie etwas überwältigt. Der Nachmittag entglitt mir dann, das Telefon hörte nicht mehr auf zu klingeln und (externe) Personen schickten mir Quatsch statt Informationen, kurz vor Feierabend suchte ich noch dringend einen bestimmten Mitarbeiter, er schien verschwunden, ich fand ihn schließlich in der neuen (noch leerstehenden Etage) mit einer Flasche Bier, was soll man da machen, ich nahm mir auch eine und setzte mich dazu.

Später Bahngedöns, statt einer halben Stunde dauerte der Heimweg 90 Minuten, in denen ich den lustigen Artikel las in dem Weselsky sagt, Ziel der Wellenstreiks sei, dass die Bahn kein zuverlässiges Verkehrsmittel mehr ist – nunja, da müsste er sich gar nicht erst bemühen denke ich. Aber egal.

Pünktlich zum Event mit Frau Herzbruch war ich zu Hause. Wir trugen beide Streifen, das war schön. Vor lauter Erzählen vergaß ich, den kaltgelegten Crémant zu öffnen, immerhin schien Frau Herzbruch gut unterhalten zu sein durch meine Ausführungen und von Herrn N wurde zwischendrin Gemüsecurry serviert.

Jetzt noch ein Ründchen Sessel.

4. März 2024

Keine Blumen bekommen morgens. Ich war in drei Läden, in allen sahen die Blumen so aus, als hätten sie das Wochenende in wasserlosen Eimern verbracht. Also eine Woche ohne Blumen.

Dafür eine Woche mit vielen Menschen, die wegen irgendwas angefasst sind. Heute kam mir der Gedanke, ob die eventuell gerade alle noch irgendwelche Jahresanfangsvorsätze verfolgen, die sie so zermürben. Saftkur oder keinen Zucker oder sowas. Sie sind angefasst wegen lauter Dingen, die lösbar sind, die Lösung möchten sie nicht, lieber leiden sie unter der Situation. Ob wir wirklich mal ernsthaft in medias res gehen wollen oder ob sie nur leere Bestätigung von mir möchten, frage ich, und die Antwort ist eine Gegenfrage: Ob ich nicht einfach mal nett sein kann. Ehrlich gesagt weiß ich nicht, wie das geht, mein „nett“ scheint nicht das „nett“ der anderen zu sein. Ich finde es nett, wenn ich mich in ein Problem vertiefe, analysiere, wo welche Verantwortungsanteile liegen und meine Ideen zu dem Bereich, der beeinflussbar ist teile, das kostet mich Zeit, das kostet mich Energie, das ist etwas, das ich für Wertschätzung halte. Leere erlernte Sprüchlein wie „ja das ist aber auch doof und was für ein Affront!“ aufzusagen finde ich nicht nett. Die kann man sich ja auch selbst ins Handy diktieren und bei Bedarf dann abspielen. Genau wie Lob und sowas. Das finde ich viel sinnvoller, als ständig darauf zu warten, dass jemand anders das sagt – das Streben nach der Bestätigung durch andere ist eher nicht so der Weg zur Glückseligkeit. Sinn verleihen muss man seinem Tun schon selbst.

Nunja, das alles wurde ich nicht gefragt, es fiel mir nur gerade ein, ich sollte ja nur nett sein und das gelingt mir nicht, weil ich nicht weiß, was das ist.

Keine Erledigungen am Abend und noch ausreichend Nudelsoße vom Wochenende zum angenehmen Resteessen und zur Vertiefung in meinen Bahn-Hass. Die Bahn streikt bis Freitag 13 Uhr und Freitag 14:30 Uhr möchte ich im Fernverkehr verreisen. Ich bin noch nicht bei der Akzeptanz angekommen, dass das nicht funktionieren wird. Statt dessen bin ich vergangen in Fantasien, wie ich eigenhändig die Bahn, also den gesamten Konzern, zerlege oder wie ich selbst Züge steuere, was natürlich absurd ist, denn dann kann ich ja auch ein Auto steuern. Aber wir sind nicht bei Rationalität, wir sind bei Hass. Es ist gut, dass das heute beginnt, bis Freitag habe ich mich vermutlich innerlich ausgetobt und bin gute Gesellschaft.

Frage in der täglichen unverbindlichen Contentvorschlagliste: „Was ist eine gute Strategie, um sich beruflich ganz neu aufzustellen? Zweitstudium oder Lehrberuf in höherem Alter, Einstieg in anderen Bereich über persönliche Beziehungen, oder ganz anders, wie funktioniert es (auch aus Ihrer Recruiterinnen(?)-Sicht) am besten?“

Also: überlegen Sie sich erstmal, was Sie überhaupt wollen. Ob Zweitstudium oder Lehrberuf zum Beispiel kommt doch komplett darauf an, um welches Gebiet es geht. Wenn Sie Schreinerin werden wollen sollten Sie nicht Sinologie studieren, das wird nicht gut funktionieren. Was machen Sie gut, was machen Sie gerne, was können Sie am besten und wo können Sie das ausleben, wo werden Sie im besten Fall dafür geliebt und ecken zumindest nicht damit an? Halten Sie Ausschau nach dem passenden Spielfeld, das, wo Sie Lust haben zu liefern auch wenn gerade niemand hinschaut und gehen Sie dahin. Und dann werfen Sie sich rein, heben die Hand, wenn was zu tun ist und haben Spaß am Sein. Das war das Wort zum Montag. Noch eine ganze Werktagswoche Zeit, um was zu reißen! Amen.

(Ich bin keine Recruiterin. Meine Güte. Ich hasse Recruiting.)

3. März 2024

Puh, am Morgen stellte ich erst fest, was für ein Migräne-Klopper das gestern war. Die erste Tageshälfte war ich noch komplett tattrig und unkoordiniert. Immerhin aber wieder gut gelaunt! Fallen halt mal ein paar Dinge runter und ich renne ein paar Mal gegen Türrahmen oder bleibe mit der Hüfte an Sideboards hängen, das ist ja nicht so schlimm.

Den Tag verbrachte ich mit Häuslichkeit, tatsächlich in einem Maße, das schon fast den Übergang in ein Parallelleben darstellen könnte. Zum Frühstück gab es frisch gebackene Brötchen und Rührei, ich buk einen Kuchen mit vier Schichten (Boden, Pudding, Obst, Sahne), widmete mich überausführlich der Wäsche – normal mache ich ja nur Kurzwaschgang, ab und an muss dann gezielte Fleckenbehandlung, Deo- oder auch Geruchsentfernung auf höherer Temperatur und mit Vorbehandlung stattfinden. Das war heute.

Alles ist nun tippitoppi. Tippitoppi ist auch ein Wort aus meinem neuen Parallelleben. Die Rückwand hinter dem Herd habe ich noch abgewischt und die Griffe der Schränke gereinigt, die Gelbstecker in Pflanzen ausgetauscht und schon einmal die Balkonkästen daraufhin kontrolliert, was da so zu tun sein wird.

Zwischendrin musste ich immer die Füße hochlegen, weil mir post-migränisch-schwummrig wurde, dann saß ich im Sessel und sang leise lateinische Messen vor mich hin. Fast hätte ich sogar auch noch Fernsehen geschaut, Frau Herzbruch empfahl mir neulich eine Serie, ich konnte mich aber nicht mehr an den Titel erinnern und als ich es nachschauen wollte – die Empfehlung kam schriftlich – fiel mir wohl schon wieder etwas anderes ein, Abfluss-Siebchen reinigen oder so etwas, jedenfalls erinnere ich mich in diesem Moment erst wieder und mein Fernsehimpuls ist jetzt vorbei. Vergangen mit der Post-Migräne.

Ich hinterlege den Titel der Serie hier: The Good Place. Wenn ich wiedermal einen Fernsehimpuls verspüre, in einem Jahr oder so, werde ich das abfragen.

Die tägliche unverbindliche Contentvorschlagliste schreibt mir heute: „Fallen Ihnen Vorteile/Nachteile ein, ein Einzelkind zu haben?“

Ja, natürlich mir fallen Vor- und Nachteile ein, ein Einzelkind zu haben. Das ist wie bei allen Dingen, die man – ohne eine komplette Idiotin zu sein – auf die eine oder auch auf die andere Art entscheiden kann, weil eben beide Varianten Vor- und Nachteile haben. Wenn Sie nun eine Person mit offenem Geist, nicht komplett festgefahren, sind, so wie ich, können Sie sich diese Vor- und Nachteile erschließen, auch ganz abstrakt als kinderlose Person oder als eine solche, die sich bereits für eine der beiden Varianten entschieden hat. Das ist die Fähigkeit, Informationen zu analysieren. Ich habe diese Fähigkeit und ich bin offen gesagt verwundert, dass Sie danach fragen.

ChatGPT hat diese Fähigkeit übrigens auch, also falls Sie jetzt aus irgendeinem Grund eine Liste haben wollten, fragen Sie da nach.

2. März 2024

Eigentlich hatte ich heute den ganzen Tag Migräne, nebenher noch ein schlechtes Einkaufserlebnis auf dem Wochenmarkt. Ich wollte Kartoffeln kaufen. Die bekomme ich üblicherweise per Gemüsekiste, die Gemüsekiste habe ich für die nächste Woche abbestellt, weil noch ausreichend Obst und Gemüse durch Crowdfarming vorhanden ist, nur Kartoffeln fehlen. Also verabredete ich mich mit Schanuf um 13 Uhr zum Kaffee im Café und war um 12:50 auf dem Wochenmarkt, um Kartoffeln zu kaufen.

Das Problem bei meinem Einkauf waren Schilder. Auf dem ersten Schild, vor dem ich stand, war geschrieben „Wartezeit ab hier 15 Minuten“. Ich schaute mich verwirrt um. Ja, es waren etwa 10 Personen vor mir, hinter dem Kartoffelstand waren 4 Frauen, eine davon stand an einem Grill, die anderen drei standen da nur so und sprachen miteinander. Alle Personen vor mir standen mit Blickrichtung zum Grill an. Daher fragte ich nach, nämlich „Tschuldigung ist diese Schlange für den Grill, für die Kartoffeln oder für beides?“ – „Das ist egal“, sagte eine der Frauen – was natürlich komplett unzutreffend ist, es ist überhaupt nicht egal. Immerhin schloss sie an mit „Die ist für beides“ und ich sagte, „Ok, danke, schönes Wochenende dann!“ und wandte mich zum Gehen. „Wollen Sie denn nur Kartoffeln?“, wurde ich gefragt, bejahte, bekam Kartoffeln und sah in der sehr kurzen Wartezeit ein weiteres Schild, das mich nervte, nämlich eins mit der Aufschrift: Männerkartoffeln (Drillinge).

Ich kann keine Kartoffeln mehr auf dem Markt kaufen, ich werde sie wieder im Internet bestellen und vom Gemüsemann nach Hause bringen lassen. Ich will ja nur Kartoffeln kaufen, nicht noch Dummheit dazu. Der Gemüsemann hat mir vor vielen Jahren auch mal Unfug geliefert, nämlich irgendein merkwürdiges Magazin, damals rief ich dort an und sagte „Wenn ich noch einmal Ökopropaganda in meinem Essen finde war es das mit uns“. Es ist nie wieder vorgekommen.

Frage in der täglichen Contentvorschlagliste heute: „Gibt es Dinge, die Ihnen große Angst machen? Also im Sinn von Krieg, Terror, globale Erwärmung. Wenn ja, wie werden Sie dieser Angst Herr?“

Sie meinen abstrakte Ängste vor Dingen, vor denen ich nicht weglaufen kann und die ich auch nicht durch irgendeine Handlung kontrollieren kann, richtig? Ja, natürlich machen mir Krieg, Terror und globale Erwärmung Angst. Es wäre sehr merkwürdig, wenn nicht, oder?

Mir hilft es in solchen Fällen, das Thema mit kognitiven Methoden anzugehen. Es ist ja so, glücklicherweise, dass ich mich nicht mitten in einem Krieg, einem Terroranschlag oder einer akuten Katastrophe befinde. Die Angst entsteht also aus meinen Gedanken, aus meinem Gehirn. Und es ist nur logisch, dass, wenn mein Gehirn die Angst machen kann, es sie auch wegmachen kann. Das ist eine Frage der Steuerung. Auch der Aufmerksamkeitssteuerung. So kann ich zu dem Schluss kommen, dass meine Angst nicht komplett grundlos ist, allerdings auch gerade nicht zur Bewältigung einer akuten Situation dient und daher nicht sonderlich tauglich ist. Mit diesem Wissen kann ich meine Aufmerksamkeit auf etwas anderes richten, das mir gerade besser bekommt. Manchmal bleibt die Angst dann noch, okay, dann ist sie halt dabei, was soll man machen. Manchmal hat man Leute dabei, die man nicht so mag, manchmal hat man Angst dabei, manchmal eine zu schwere Tasche oder eine leichte Migräne, ich möchte mich wirklich nicht von allen möglichen Dingen abhalten lassen, Spaß zu haben.

1. März 2024

Neuer Monat, Frühling, ich habe den Eindruck, das trägt ein wenig zum allgemeinen Durchdrehen bei. Keiner Person bin ich heute begegnet, die sich nicht mit irgendeinem völlig crazy Anliegen an mich gewandt hätte. Es ist mein großes Talent, weiterhin fest zu glauben, dass ich die normale bin und die anderen die Abweichung bilden.

„Das Gute ist, wir langweilen uns nicht!“, sage ich immer zu einem Mitarbeiter, wenn uns wieder besonders großer Wahnsinn oder Inkompetenz begegnet. Er kann nicht anders als zustimmen.

Ich mag das aber gar nicht weiter alles im Kopf haben, habe es daher hinausfliegen lassen und wende mich jetzt der heutigen Frage in der Contentvorschlagliste zu: „Verzeihen Sie die späte Störung: in Bezug auf Liebe: Taube / Dach ? Oder arrangieren mit dem was ist.“

Gegenfrage: Haben Sie sich wieder irgendwelche Kategorien von außen aufoktroyieren lassen? Was soll denn die „Taube“ sein? Was heißt „arrangieren“?

Schauen Sie mal: Wie geht es Ihnen gerade mit sich und Ihrem Leben und Ihrem Lieben? Fühlen Sie sich wohl? Sind Sie glücklich? Haben Sie irgendwas, das Sie nicht missen möchten? Dann scheint mir das eine gute Sache zu sein, die ich so weitermachen würde.

Oder fühlen sie sich unwohl, sind unglücklich, haben etwas, das Sie lieber los wären? Dann würde ich das in die Wege leiten, nicht zwingend mit der Suche nach einer „Taube“ sondern zunächst einmal mit dem Abwerfen von „Ballast“. Mit Personen, die mich unglücklich machen, möchte ich keine Zeit verbringen, das ist ja auch völlig unnötig.

Vielleicht fühlen Sie sich auch generell ganz wohl und gleichzeitig fehlt ab und an irgendwas, dann schauen Sie am besten, wo Sie das herbekommen. Liebe bedeutet ja nicht Ausschließlichkeit, wie Sie das gestalten, ist komplett Ihnen überlassen. Einen einzigen Menschen auszuwählen, mit dem ich in jedem Moment ausschließlich alles erleben möchte, finde ich eine abwegige Vorstellung. Menschen sind unterschiedlich, das ist gut, mit unterschiedlichen Menschen kann ich unterschiedliche Dinge erleben, das ist noch besser.

29. Februar 2024

Jedes einzelne Mal habe ich mich heute gefreut, wenn ich das Datum geschrieben habe und ich habe extra häufig irgendwas erledigt, das datiert werden muss. Das war schön.

Den Vormittag über arbeitete ich wie üblich von zu Hause und war wie übliche davon genervt, weil wie üblich meine Aufmerksamkeit zerfranste. Familienmitglieder verabschiedeten sich und/oder kehrten zurück, Paketboten und Müllabfuhr klingelten, Katzen wollten Streicheln oder Essen oder auf der Tastatur sitzen, das stresst mich alles. Um 12 Uhr kam endlich – superpünklich allerdings – der Rauchmelderwartungsmensch, es gab Unstimmigkeiten und ich verabschiedete ihn mit „Danke, das war nicht hilfreich“, rief dann die Hausverwaltung an und erklärte, dass es eine fachliche Thematik gäbe und eine ganz grundsätzliche im Vertragsverhältnis, dass es bei letzterem nämlich so ist, dass ich eine Dienstleistung bezahle und im Gegenzug erwarte, sie zu erhalten, was unter anderem bedeutet, dass meine Anliegen beantwortet werden und sehen Sie das anders Frau S oder haben wir zumindest in diesem Punkt ein Einverständnis?

M war im Anschluss etwas aufgeregt, „und da sagen alle immer, meine Generation wäre unhöflich!“, sagte sie. Ich fand mich nicht unhöflich. Wenn ich unhöflich bin, werfe ich mit Sachen. Ich finde Ms Generation allerdings auch nicht unhöflich, ich finde die alle immer total niedlich.

Den Nachmittag verbrachte ich im Büro. Der Fußweg war angenehm belebt, ich spiele immer ein kleines Spiel und zwar möchte ich, wenn die Ampel auf grün wechselt, von allen Wartenden immer die erste sein, die losgeht, aber dann möchte ich ganz kurz stehenbleiben, damit – falls jemand in einem Auto nicht aufgepasst hat – wer anders und nicht ich überfahren wird. Als allererste losgehen gelingt mir meistens (vermutlich, weil es niemand anderem wichtig ist), am dann kurz verzögern hapert es, dazu habe ich dann so gut wie nie Lust.

Als ich wieder zurückkam, hatte ich Paketpost. Als ich das Paket öffnete, war aber lauter Umverpackung von anderen Paketen darin. Da bin ich wohl neulich mit meinen Rücksendungen etwas durcheinandergeraten. Ich hatte einige Bestellungen, die Verpackungen von den Dingen, die ich behalten wollte, stopfte ich zusammen in einen Karton und die Rücksendungen bereitete ich wie vorgesehen vor, offensichtlich habe ich dann am Ende den Karton mit dem Müll auch wieder an der Packstation aufgegeben und er wurde mir heute wieder zugestellt. Das war lustig. Und eröffnet ganz viele ungeahnte Möglichkeiten. Ist es normal, dass sowas funktioniert? Könnte ich zum Beispiel ganz viele Paketumverpackungen bei Frau Herzbruch abstellen und sie schickt mir jeden Tag in einer davon eine kleine Überraschung, ohne Porto zu bezahlen? Das würde mir gefallen, also außer ich arbeite von zu Hause und es klingelt ständig irgendein Paketmensch, dann wäre ich genervt.

Genervt werde ich übrigens auch sein, falls die Bahn nächsten Freitag bestreikt wird und ich werde mich dann bemühen, so viele Menschen, wie ich irgendwie erreichen kann, von meiner Genervtheit in Kenntnis zu setzen. Ich sage es nur. Wäre ich die GDL, würde ich eher Dienstag/Mittwoch ins Auge fassen.

Frage in der täglichen Contentvorschlagliste: „Zu wieviel Prozent ungefähr beteiligt sich Herr N. am Haushalt? Und früher an der Kinderversorgung?“

Gegenfrage: Quantitativ oder qualitativ? In Zeit gemessen oder in Ergebnis am Wunschzustand? Das sind – ganz im Allgemeinen gesprochen – wesentliche Unterschiede, wir möchten schon genau sein, wenn doch nach Prozentangaben gefragt wird, okay, es wird nach „ungefähr“ gefragt, dennoch erscheint mir das alles sehr schwammig. Herr N, M und ich machen alle nicht sonderlich viel im Haushalt, weil wir ja eine Putzhilfe haben. Viele Dinge fallen dadurch weg. Viele Kleinigkeiten bleiben natürlich. 2x pro Woche kocht regelmäßig Herr N, 1-3x koche ich, manchmal kocht M. Herr N ist eher für die Spülmaschine zuständig, ich eher für die Waschmaschine, für die getrocknete Kleidung dann jede Person selbst. Ich bringe tendenziell eher Müll runter bzw. erinnere andere, Müll mit runter zu nehmen. Wer die Müllbeutel wechselt, weiß ich nicht, das geschieht meist in meiner Abwesenheit. Im Bad wischen alle immer mal hinter sich her, eine Person (auch da weiß ich nicht genau, wer) säubert häufiger zwischen den Putzhilfebesuchen den Spiegel und irgendwer gießt die Blumen drinnne, auch da weiß ich nicht genau wer. Herr N und M kaufen unter der Woche Kleinigkeiten ein, ich befasse mich grob monatlich mit der Vorratshaltung (per Bestellung oder Autofahrt zu einem Vollsortimenter). Ich würde grob schätzen, dass – nach Abzug von Putzhilfe und M – Herr N und ich jeweils 50 % Zeitinvest in den Haushalt einbringen, aber Herr N weniger als 50 % zu meinem Wunschzustand beiträgt, weil er sich eher an seinem Wunschzustand orientiert. Und umgekehrt natürlich. Ich investiere bekanntlich viel Zeit in Aussortieren und niemand außer mir schätzt das Aussortieren. Wenn ich wöchentlich also 60% meiner Haushaltsleistung in Aussortieren stecke, wäre es Herrn N und M lieber, ich würde diese 60 % in Kuchenbacken investieren, denn aus dem Aussortieren ziehen sie keine Freude. Herr N hingegen steckt viel Zeit in Angelegenheiten wie Fernseher programmieren, irgendwas mit Beleuchtung und Kabeln und manchmal Bildern, das für mich eher entbehrlich ist, ich fände da Staubsaugen wichtiger. Es gibt kein Vertragswerk dazu. Ich glaube, wir brauchen auch keins, denn niemand ist gestresst oder schlecht gelaunt wegen Haushaltsdingen.

Früher in der Kinderversorgung war es so, dass Herr N und ich (wir waren beide nicht in Elternzeit) am frühen Nachmittag „Übergabe des Babys“ gemacht haben. Herr N hat von morgens früh bis mittags gearbeitet, ich von nachmittags bis in den Abend. Das hat gut funktioniert und war enorm anstrengend, zumal wir einander nicht allzu häufig gesehen haben denn Herr N stand morgens gegen 4 oder 5 Uhr auf und ich kam abends gegen 21 oder 22 Uhr von der Arbeit, anders wäre das ja nicht aufgegangen.