Der Tag war anstrengend, und es entspannt mich ja, wenn Geräusche um mich herum sind. Allerdings bin ich allein zu Hause bzw. mit den Katzen, aber Katzen sind leise Tiere. Seit einer Viertelstunde versuche ich jetzt, ein Fernsehprogramm im Hintergrund laufen zu lassen, für angenehme Geräusche und ich scheitere.
Programmplatz 1, ARD, jemand wird umgebracht, entspannt mich nicht
Programmplatz 2, ZDF, jemand hat eine schwere Krankheit, entspannt mich nicht
Programmplatz 3, Arte, halbnackte Menschen massieren sich und volle Aschenbecher stehen herum, das stört mich
Programmplatz 4, ZDFINfo, irgendwas urzeitliches mit Skeletten und mit sensationsheischender Musik, die mich anstregt
Programmplatz 5, alphaHD, Menschen sprechen starken Dialekt, strengt mich auch an
Programmplatz 6, ZDFneo, erst dachte ich MaithinkX kommt aber jetzt ist da ein Mann im blauen Anzug, das stört mich, außerdem ist applaudierendes Publikum da, das ist enorm schlecht
Programmplatz 7, OneHD, Thorsten Sträter, da war ich neulich (also vor ca. 1 Jahr) mal in einer Show, den mag ich gern aber jetzt sitzt der da mit einem anderen Mann, naja, die Sendung heißt auch Männerhaushalt, da bin ich nicht die Zielgruppe, warum sollte ich zwei Männern zuhören, die sich unterhalten.
Programmplatz 8, RTL, Doku über Gewalt gegen Frauen, entspannt mich nicht
Programmplatz 9, SAT1, irgendwas mit Notarzt, megaunentspannend für mich, warum guckt man sich denn Notfälle an?!
Programmplatz 10, RTL+, ein Fuchs preist mir Waschmittel an wtf?
Programmplatz 11, DMAX, nun Feuerwehrnotfälle, sind auch nicht besser als Krankenwagennotfälle
Programmplatz 12, Doku irgendwas, es geht um Mafiamorde. Nein danke, kein Mord in meinem Wohnzimmer
Ich gebe das jetzt auf.
Mein Büroplan für heute ging auf. Alles Wesentliche ist erledigt, ich hatte mir einen Wecker auf 17:45 Uhr gestellt, damit ich definitiv pünktlich Feierabend mache . Einreichen werde ich die Sachen erst morgen, um 17.43 hatte ich noch festgestellt, dass ich komplett vergessen hatte, Stromkosten mit einzuplanen für 2024, insofern war es eine gute Idee, mich aus der Situation zu nehmen. Morgen weitermachen ist besser, in jeder Hinsicht.
Die anschließende Gesangsstunde war schwierig, ich war nicht im Rhythmus, kein Wunder, ich war ja in mir nicht im Rhythmus und im Tag schon gar nicht, es hätte auch noch 11 Uhr morgens sein können oder schon 1 Uhr nachts, ich war den Arbeitstag über in einer anderen Dimension. Wir beschlossen, uns auf Sonntag zu vertagen.
Thema der täglichen unverbindlichen Contentvorschlagliste: Tax the Rich. Ich habe bei Steuern nicht so richtig den Durchblick. Es scheint mir ein amöbenhaft gewachsenes Geflecht aus Regelungen zu sein, in dem es zahlreiche Sonderwege gibt. Optimistisch nehme ich an, dass diese Sonderregelungen möglichst vielen verschiedenen Lebensrealitäten Rechnung tragen sollen, dass sie eigentlich zu mehr Gerechtigkeit führen sollen. Gleichzeitig führen sie – wie alle verworrenen Regelungen – auch zu Missbrauch und wer sich sehr gut auskennt oder eine Person bezahlt, die sich sehr gut auskennt, findet für sich selbst bessere Weg als der Durchschnittsmensch. Das ist ärgerlich, denke ich, denn eine Gesellschaft ist ein Solidarsystem und alle sollten einen gerechten Anteil daran tragen. Ich kenne mich zu wenig aus, um beurteilen zu können, ob Vereinfachungen möglich sind und ob sie zu mehr oder zu weniger Gerechtigkeit führen.
Reiche Menschen haben in den seltensten Fällen – eigentlich nie – ihren Reichtum verdient (speziell im wörtlichsten Sinne), auf Tax the Rich kann es also nur „Ja“ als Antwort geben, egal wie wenig man sich mit der aktuellen Steuerverteilung auskennt. Wenns nach mir ginge, gäbe es ohnehin eine Deckelung beim Reichtum und alles über eine bestimmte Grenze an Vermögen hinaus würde automatisch dem Gemeinwohl zugeführt. Logischerweise ist das natürlich eine völlig naive Vorstellung und Utopie, weil das ja irgendwer verwalten und steuern (höhö) müsste und da hätte man eh wieder nur korruptes Gesindel in den entsprechenden Positionen.
Für Hintergrundberieselung lass ich übrigens bei mir immer irgendwelche Twitch-Kanäle laufen, die 24/7 ein thematisch ähnliches Programm laufen lassen, zur Zeit ist das z.B. ein Kanal, der Sendungen aus der Japan-Idol-Kultur (AKB48 und deren Untergruppen) im O-Ton laufen lässt. Da ich des Japanischen – abgesehen von ein paar Vokabeln – nicht mächtig bin, lenkt dann auch nichts ab, es ist aber auch nicht so still, dass man von den eigenen Gedanken belästigt wird. 😀
Du Glücklicher, in meinem Leben gibt es auf nichts eine simple und eindeutige Antwort.
„Tax the Rich“ ist halt irgendein pauschaler Slogan, pauschale Slogans per se verdächtig und als Abwehrhaltung findest du alles von „aber Reiche zahlen doch auch Steuern“ bis zu „ohje alle mit Einkommen über der Beitragsbemessungsgrenze sollen jetzt enteignet werden“; nichts und niemandem ist damit geholfen.
Natürlich sind immense Mittel in privater Hand mindestens genauso fragwürdig wie Slogans. Gleichzeitig liegt das Zeug ja nicht als Goldbarren bei irgendwem im Keller sondern ist in der Regel investiert, man kann das nicht nehmen und sagen ok 1/3 für die Armen, 1/3 für die Kunst, 1/3 für das Deutschlandticket. Ich würde da gerne ein Konzept sehen statt einen Slogan. Verwalten könnte die Anlagen die Bundesfinanzagentur, also natürlich nur, wenn sie nicht an ihrer Kapazitätsgrenze sind. In dem Zusammenhang auch noch eine aktuelle Anmerkung: je nach Regierung ist mir auch lieber, das Geld ist nicht für den Staat verfügbar.
Für Hintergrundbeschallung greife ich lieber auf youtube zurück – „Study with me“ oder „Clean with me“ find ich da sehr nett.
Darauf bin ich nicht gekommen, probiere ich beim nächsten solchen Fall mal aus. Danke!
Zu Berieselungszwecken ohne Aufmerksamkeitsanspruch sind mein Favorit Kochshows aus der Mediathek: nichts gesagtes ist relevant, keine verstörenden Bilder, keine reißerische Musik, und Töpfeklappern simuliert, dass jemand in meiner Küche rumwerkelt, was meist Zufriedenheit auslöst.
Auch eine sehr gute Idee, Töpfeklappern mag ich sehr gern! Danke!
H. hat kein Fernsehgerät, nur ein Plattenspieler, ein Radio und einen CD-Player. Die bewahren vor Frust.
Radio hatte mich gerade morgens erst unfassbar aufgeregt (Kommentare des Moderatoren)…
Für Hintergrundberieselung gibt es doch auch so Kaffeehaus-Geräusch-Simulatoren wie mynoise.net oder rainyscope.com im Browser, die nutze ich gern. Nett ist dann auch, dass man nahtlos von Regengepladder zu Vogelzwitschern wechseln kann und teilweise einzelne Effekte verstärkbar und andere herunterzuregeln sind.
Ich möchte übrigens nochmals so herzlich wie nachdrücklich für Ihre Posts danken, die mich mit ihrer furztrockenen und knackigen Analyse Ihrer Wirklichkeit und wie Sie dazu stehen begeistern.
Ich kenne sowas alles nicht, weil ich ja fast nie allein bin und dann immer Geräusche sind. Ehrlich gesagt wollte ich den Fernseher hauptsächlich für die Katzen anmachen. Die saßen so erwartungsvoll vor mir und ich (bis auf die Finger) reg- und geräuschlos im Sessel, ich sah mich unter Druck gesetzt.
Danke 🙂
Als jemand aus der Steuerverwaltung (dort Automation, also die Übersetzung der Gesetze und Verordnungen in einen IT-Prozess, der mit möglichst präzise beschrieben ist) möchte ich noch einwerfen, dass gerade neuere Gesetze mit Steuerauswirkung oft unglaublich schlecht gemacht sind. Sowohl vom juristischen Handwerkszeug als auch von der Umsetzbarkeit für Mensch und Maschine. Das wartet nur darauf, von findigen Steuerberatern und Juristen auseinander genommen zu werden.