Ich schreibe heute aus dem falschen Sessel. Dieser Sessel gehört eigentlich gar nicht hier hin, er gehört in Ms Zimmer, steht hier nur vorübergehend wegen eines gemeinsamen Fernsehvorhabens (seit einem halben Jahr, bisher nicht eingetreten). Der Kater liegt nun in meinem Sessel und hat sich die Niedlichkeitsmaske übergestülpt, so dass ich es nicht übers Herz bringe, ihn zu vertreiben. Also sitze ich im Kindersessel. Seufz.
Der Tag war voller Crazyness. Auf dem Weg ins Büro war meine Station gesperrt wegen einer Handgranate, die jemand dort platziert hatte. Was ist mit den Leuten?! Im Büro sanfter Wiedereinstieg nach dem Urlaub, allerdings nur, weil ich am Wochenende schon von zu Hause gearbeitet hatte. Einige Dinge wären sonst schief gegangen, ich habe ja nur noch morgen und dann bin ich schon wieder im Urlaub.
Dafür hatte für heute die Hausverwaltung um ein Gespräch gebeten, zur Prozessverbesserung, wie meine Ansprechpartnerin schreib. Ich war interessiert. Seit Jahresanfang läuft alles immer schlechter, Gewerke sind nicht vernünftig instruiert, Termine werden nicht eingehalten, die Kommunikation ist unterirdisch und teilweise verliefen Arbeiten so ungesteuert, dass ich in den letzten Wochen mehrfach Fremdfirmen aus unseren Räumlichkeiten verwiesen hatte. Das kann sehr gerne verbessert werden. Ich hatte mir den Ablauf so vorgestellt, dass meine Ansprechpartnerin sagen würde „Sie hatten in den letzten Monaten zahlreiche Beschwerden, so kann es natürlich nicht weitergehen, wir haben intern diverse Maßnahmen ergriffen, mit deren Details ich Ihnen nicht die Zeit rauben möchte, ich möchte mich nur entschuldigen und versichern, dass es ab jetzt besser läuft und wenn nicht rufen Sie mich bitte sofort persönlich an, ich bin verantwortlich“.
Statt meiner Ansprechpartnerin kamen aber sieben Herren, die alle unterschiedliche Bereiche von irgendwas leiteten, sie sagten „managen“, ich sage bewusst nicht „verantworten“, denn genau das wollten sie nicht. Statt dessen wollten sie erzählen, was genau wie vorgefallen ist und wie schwierig alles sei, insbesondere das Personal, sie selbst könnten da wenig abhelfen, denn sie seien ja die Manager. Ich fragte nach, wie das genau gemeint sei – nach meinem Verständnis ist es ja die Aufgabe von Managern, etwas zu managen, das wären dann wohl die Projekte bei uns und dieses managen gelänge in meinen Augen derzeit nicht sonderlich gut. Wer könnte dafür verantwortlich sein, wenn nicht der Manager? Die Situation wurde von den sieben Herren als „verhärtet“ wahrgenommen. Ich fragte noch einmal konkret nach dem Sinn des Gesprächs. Sieben Personen nehmen sich Zeit, mich unangekündigt anstelle der erwarteten Person zu besuchen und mir zu erzählen, wie schwer sie es haben. Welche Reaktion wird von mir erhofft? Die Antwort blieb für mich sehr unklar und ich brach das Gespräch ab.
Zum Ende des Tages nahm sich eine weitere eigentlich viel beschäftigte Person Zeit für einen Videocall mit mir, in dem ich ihr Zahlen aus einer Tabelle nannte, die ich ihr vorher bereits per Mail zugeschickt hatte. Vielleicht haben die Menschen für nichts außer Redundanz mehr einen Nerv. Ich habe allerdings für Redundanz keinen Nerv mehr. Nochmal seufz.
Frage in der täglichen Contentvorschlagliste: „Was reizt Sie am (Chor-)Singen? Warum gerade dieser Chor?“
Was mich am Chorsingen reizt ist etwas völlig anderes, als was mich am Singen reizt. Am Singen an sich reizt mich gerade das komplett Individuelle, der Umgang mit der eigenen Stimme. Die meisten kennen das vermutlich: man singt und es klingt dann leider nicht so, wie erhofft. Mich interessiert, was ich daraus machen kann, was ich lernen kann, wie weit ich meine Stimme verändern und unterschiedliche Dinge ausdrücken kann und wo Grenzen sind.
Am Chorsingen reizt mich das Zusammenspiel der Stimmen. Einmal innerhalb der eigenen Stimme, für einen harmonischen Chorklang ist es ja wichtig, sich innerhalb der eigenen Stimme anzupassen und abzusprechen, nicht mit Worten sondern beim Singen, in dem auf die anderen gehört wird, ich finde superspannend, wie das funktioniert. Und akustisch mag ich das Zusammenspiel der unterschiedlichen Stimmen, ich stehe deshalb auch gern an der Stimmgrenze, damit ich die anderen Stimmen besser hören kann. Chor wird dann spannend, wenn nicht mehr jede Stimme einfach ihr Ding macht, sondern auch zwischen den Stimmen aufeinander gehört wird – wer hat wann das Thema, wo sind Parallelen, die dann möglichst auch parallel verlaufen sollten, wie sind die Harmonien und so weiter.
Den Chor habe ich sehr pragmatisch ausgewählt, indem ich bei Google „Chor Offenbach“ eingegeben habe und dann auf GoogleMaps nachgeschaut habe, welcher am nächsten liegt. Mein Chor probt fußläufig knapp 10 Minuten von meiner Wohnung entfernt. Diesen Chor habe ich dann recherchiert, um herauszufinden, ob der Anspruch für mich passt. Das war der Fall. Das Repertoire ist für mich fast nebensächlich, so lange es kein Jazz oder Gospel ist, das mag ich nicht. Also bin ich zum Ausprobieren hingegangen und dageblieben.
Danke für die Antwort auf die Chor-Frage (die kam von mir)!
Vieles deckt sich mit meiner Erfahrung.
Bei uns wird es jetzt weihnachtlich – und im Advent steht eine Chor-Reise nach Estland mit Adventskonzert-Auftritt in Tallinn an, darauf freue ich mich.
fröhliches Singen weiterhin!
Oh toll, wir hatten mal einen Talliner Unichor zu Gast Ende der 80er, konnten uns kaum verständigen, wurde (trotzdem irgendwie) viel über Politisches gesprochen und zusammen gesungen. Das war wirklich klasse, bin froh wie offen meine Eltern Besuch gegenüber waren.