Es passiert mir neuerdings, dass ich aus gutem Grund mit der Bahn zum Büro fahren will und dann doch mit dem Rad fahre. Heute zum Beispiel, ich musste erst einmal das Auto aus dem Hof wegräumen, hatte also einkalkuliert, ganz eventuell sogar damit fahren zu müssen, ächz, fand aber gleich um die Straßenecke einen Anwohnerinnenparkplatz. Also stieg ich wieder aus, wollte zum Zug gehen, wusste aber bereits, dass ich abends sehr in Eile sein würde und falls ich der Zug dann nicht fährt (mit sowas ist ja immer zu rechnen) mit der S-Bahn ankäme und von da hätte ich zum Zielort weiter laufen müssen, so dass alles knapp würde – also jedenfalls dachte ich, es sei eine gute Idee, das Rad an der S-Bahn abzustellen, so dass Zug und S-Bahn gleichermaßen gut für den Rückweg nutzbar waren. Dann bin ich aber versehentlich einfach mit dem Rad bis zum Büro gefahren. Dieses Leihfahrrad war eine hervorragende Entscheidung. Vielleicht erinnern Sie sich, mein eigenes Fahrrad war ja kaputt, ich konnte mich nicht aufraffen, mich zu informieren und mich noch nicht einmal aufraffen, mich derart zu organisieren, dass ich Fahrräder, die mir andere Personen anboten hätte annehmen können. Und dann erzählte mir im Büro jemand, er führe ein Leihfarrad und sei sehr zufrieden und man bekäme das fußläufig vom Bürogebäude, also ging ich noch am selben Tag dort hin mit dem Gedanken „besser so eins als gar keins“ und seitdem bin ich zufrieden. Irgendwann werde ich mir ein eigenes, passgenaueres Rad kaufen. Aber jetzt erst einmal nicht. Ich sehe beim Radfahren natürlich viele Leute auf anderen Rädern und kann zu einer vorläufigen Einschätzung kommen, schaue mir die Räder von Leuten an, die ähnliche Dinge mit dem Rad tun wie ich, die ähnlich sitzen, wie ich sitzen will, die ähnliches Gepäck haben wie ich. Die Marke „Pegasus“ ist mir bereits positiv aufgefallen. „Cubes“ erkenne ich mittlerweile von Weitem. Ich werde weiter beobachten.
Im Büro probierte ich heute eine andere Art der Arbeit aus. Normalerweise sammle ich gleichartige Tätigkeiten, aber weniger inhaltlich als räumlich. Ich erledige z.B. alles auf meiner Liste bis zu dem Punkt wo es gescannt werden muss, dann packe ich die hundertfuffzich Sachen, die dabei entstanden sind, und scanne sie alle ein, dann mache ich an allen einzeln wieder weiter. Oder ich erledige alles mögliche bis zu dem Punkt, an dem ein Telefonat notwendig ist, mache dann 20 Telefonate in Serie und dann alles weiter. Neulich hatte ich überlegt, ob das schlau ist. Es führt ja dazu, dass ich lange Zeit gar keine fertigen Dinge vorweisen kann und dann binnen Minuten alle auf einmal. Heute habe ich es anders ausprobiert und eine Sache begonnen und bis zum Ende durchgeführt, mit allen Zwischenschritten wie Telefonaten, Scannen, Informationen zusammentragen. Eins nach dem anderen von A bis Z. Dann den nächsten Vorgang. Überzeugt hat mich das nicht, ich habe mich sehr gelangweilt und es war sehr ineffizient.
Abends waren wir noch bei einer Schul-Theateraufführung. Daher die Eile. Nach der Aufführung konnte ich Herrn N. und M auf dem Schulhof partout nicht mehr wiederfinden. Eine halbe Stunde lang. Ich habe sie letztendlich geortet. Keine Ahnung, wie man da früher vorgegangen ist. Vermutlich sind diese ganzen Gerüchte von Leuten, die Zigaretten holen gingen und nicht zurückkamen nur entstanden, weil die kein Navi und keine Ortungsfunktion hatten und ihre Familien schlicht nicht wiedergefunden haben.
Großartig. Die Büro-Organisationsbeschreibungen erinnern etwas an Samuel Pepys Tagebucheinträge … also, die mit den Problemen im Amt.
Wie Menschen sich früher überhaupt organisierten ist mir auch ein Rätsel. Wenn ich lese, dass Briefe ständig irgendwohin nachgeschickt wurden (Erich Mühsam ca. 1910, Erich Kästner noch in den 1930ern) und die Adressaten auch erreichten frage ich mich immer, wie das organisiert war. Alles „Brückentechnologien“, kennt heute kein Mensch mehr.