Stressiger Tag. Das aus meinem Mund, ich bin üblicherweise nie gestresst. Ich musste früh aufstehen, um M zum Frühstücken zu bringen (wir frühstücken alle nicht, also außer am Wochenende gegen 11/12 Uhr), es gelang nicht, ich konnte aber Tee mit Zucker in sie hineinbringen. Das war mir wichtig, denn um 9 Uhr stand Weisheitszahnextraktion auf dem Programm, das ging sehr schnell, schon um 9:45 Uhr spazierte ich mit einem leicht tattrigen Kind zur Apotheke und dann nach Hause.
Meine Aufgabe war ab da 24 Stunden lang a) Überwachung des Kindes (von ärztlicher Seite angeordnet) und b) verwöhnen des Kindes (von ihrer Seite angeordnet). Mein Plan war, von zu Hause zu arbeiten, zunächst kollidierten diese Pläne nicht, weil der Rechner sowieso eine Milliarde Updates zog und was soll ich da zu Hause nebenher machen? Im Büro hätte ich anderen Gespräche aufzwingen können. Das Kind mit -4 Zähnen war nicht in Plauderlaune.
Gegen Mittaq war ich dann endlich startklar aber schon zu diesem Zeitpunkt leicht angestrengt. Kaum hatte ich mich fertig eingeloggt wurde mir auch schon per WhatsApp „Hunger“ gemeldet, ich bereitete Bananenshake zu. Alle halbe Stunde waren die Kühlpacks zu wechseln. Jemand für Herrn N rief an, Herr N. war nicht da, ich musste eine Nachricht aufnehmen. Kühlpack. Ein Nachbar klingelte um zu fragen, ob ich die Sachen, an denen „zu verschenken“ steht wirklich verschenken will. Kühlpack. Eine Lebensmittellieferung kam. Kühlpack. M verlangte nach Grießbrei, Kühlpack, dann nach Wasser, Kühlpack, dann nach gesüßtem Tee, Kühpack. Ich hatte 3 verdammte Schulungen und zu keiner einzigen kam ich pünktlich. Kühlpack. Die Katze schrie mich an wegen Futter. Kühlpack. Tomatensuppe wurde verlangt. Kühpack. Gegen 19 Uhr war ich durch alle Mails einmal durch. Kühlpack. Um 20 Uhr war Feierabend. Kühlpack.
Was ich heute gemacht habe, außer den drei Schulungen, könnte ich nicht sagen. Unverhältnismäßig lang habe ich über meine Antwort auf eine Mail nachgedacht, nein, über drei ganz unterschiedliche sogar unverhältnismäßig lang, ich glaube, heute war der Tag der schwierigen Formulierungen. Die erste Antwort ist die auf eine Mail, in der mich wer tritt, den ich nicht zurücktreten will. Die zweite Antwort ist eine, die mir nicht zusteht, die ich aber kenne und auf der schweigend zu sitzen möglich ist, aber widersinnig. Die dritte Antwort schafft einen neuen Ablauf, eine neue Verantwortlichkeit, was von mir absolut nicht gewünscht ist aber auch nicht vermeidbar, die Empfänger werden vermutlich darauf anstoßen. Und ich hasse es, wenn ich schon so kapitulieren muss, dann zumindest mit den richtigen Worten (klar und nüchtern und nichts Überflüssiges). Kühlpack.
Pizza bestellt, der Bote mit Blick auf mich „Ah, du läufst neue Docs ein.“ Ich: „Ja, es ist die Jahreszeit.“ Er: (nickt wissend)
Die heutige Frage in der unverbindlichen Contentvorschlagliste verblüfft mich: „Aufmerksamkeit wie ein Eichhörnchen oder stark fokussiert? alternativ: Deutsche Bahn“
Ich habe den Zusammenhang zwischen meiner Aufmerksamkeit und der Deutschen Bahn bisher noch nicht gefunden, wir können aber noch entspannt abwarten, vielleicht kommt das beim Schreiben, es wird noch ca. 5 Minuten andauern, so lange haben wir noch, ihn zu entdecken.
Wir können das „oder“ jedenfalls schon einmal aus der Frage streichen. Ich kann beides liefern. Ich kann mich fast immer, wenn ich will, in einen tiefen ausdauernden Flow begeben, in dem Dinge möglich werden, die bis dahin eher nicht machbar schienen. Ich stelle mir dann öfters einen Wecker, weil ich sonst nicht mehr gut herausfinde. Ich kann mit diesem Flow auch in Gespräche gehen, das ist dann meist sehr intensiv und wird nicht immer vom Gegenüber geschätzt.
Wenn ich das nicht mache, habe ich die Aufmerksamkeitsspanne eines Eichhörnchens. Es gibt ja so viele interessante Dinge, es schadet nicht, sich mit allen im schnellen Wechsel immer ein bisschen zu beschäftigen, quasi von Ast zu Ast zu hüpfen und immer mal eine vorher fallengelassene Nuss wiederzufinden. Das macht mir Freude, Sie sollten sich mich als glückliches Eichhörnchen vorstellen. Ein Bruchteil meiner Aufmerksamkeit reicht für die meisten Dinge sowieso aus, wie gesagt ist meine volle, ungeteilte Aufmerksamkeit selten willkommen.
Ein Mittelding habe ich nicht so richtig. Könnte das die Deutsche Bahn sein? Es tut mir sehr leid, ich sehe den Zusammenhang nach wie vor nicht. Ich finde Zugfahren an sich eine unglaublich schlaue und gut durchdachte Sache und halte gleichzeitig die Deutsche Bahn für ein Konstrukt des Grauens. In jedem Aufmerksamkeitszustand.