Ich bin ein wenig ermattet, entgegen meiner eigentlichen Pläne für diese Woche muss ich mich sehr ungeplant offenbar den gesamten Arbeitstag damit befassen, dass alle durchdrehen. In den einen Bereich habe ich mich zur Stabilisierung einfach hineingesetzt, ich mache da inhaltlich rein gar nichts doch als ich fragte „wie kann ich euch helfen“ war die Antwort „es würde helfen, wenn du dich einfach zu uns setzt“. Also mache ich das. Wie so eine Katze, die im Sessel liegt und dadurch stimmungsstabilisierend wirkt. Den Tag über schauten auch mehrere Personen zur Tür hinein und sagten Sachen wie „Ach! Sie hier, wie schön!“. Einer blieb in der Tür stehen, setzte dann einen extra gernervten Blick auf und sagte „Sie hier, muss das jetzt auch noch sein?!“ Den mag ich am liebsten.
Mittags war ich mit dem Bereich in der Kantine. Es gibt immer mehrere Gerichte, eins hieß heute „German Bowl“ und bestand aus zwei Sorten Kohl, zwei Sorten Wurst und natürlich Kartoffeln. Humor haben sie ja. Ich ging mit dem festen Vorsatz in die Kantine, garantiert irgendetwas anderes als „German Bowl“ zu essen, es gab auch noch Fettuccine mit Walnusspesto, unter anderem. Der Koch, der mich immer kompetent berät und dem ich daher zu 100 % vertraue, war aber sehr bestimmt, dass ich „German Bowl“ essen sollte. Er würde es exakt so zusammenstellen, wie es für mich perfekt ist. Ich ließ mich darauf ein und: schmeckte hervorragend, wer hätte das gedacht.
Abends Gesangsstunde, dabei habe ich bemerkt, dass meine Stimme in Wirklichkeit noch nicht wieder so richtig funktioniert. Zum Sprechen reicht es, darüber hinaus scheint einiges noch nicht ganz fit zu sein.
Frage in der täglichen Contentvorschlagliste: „Warum regen sich alle über „Klimakleber“ auf und nicht über Falschparker“
Sorry, falsche Adresse hier. Ich rege mich eher über Falschparker als über Klimakleber auf, ich finde Autos ja scheiße, Klimakleben hingegen ganz spannend, auch die Sachen mit der Suppe auf Bildern etc. finde ich okay. Ich fühle die Haltung dahinter – in Worten beschreiben kann ich sie nicht gut, aber ich spüre sie in mir. Keine Aufregung von mir daher. Falschparker bitte abschleppen.
Ich glaube, bei den Klimaklebern ist viel auf gezielte Stimmungsmache zurückzuführen. Meine Schwiegermutter schneidet gern Artikel aus der Berliner Morgenpost aus, von denen sie meint, dass wir sie lesen sollten, und wenn ich alle (extrem einseitigen) Artikel zum Thema Klimakleber aufgehoben hätte, könnte ich damit gefühlt inzwischen ein Zimmer tapezieren. Das geht von vorgeblich sachlicher Berichterstattung über diverse Meinungsartikel, Leserbriefe, Glossen bis hin zu einem unsäglichen angeblich „echten Berliner Taxifahrer“ namens Kasupke, der die Letzte Generation für „das Letzte“ hält, ha ha. Zwischendurch dann Kolumnen, in denen es vorgeblich um etwas ganz anderes geht — beispielsweise eine Ausstellung der Künstlerin Isa Genzken — die dann aber unvermittelt eine Abzweigung zu dem „armen“ (!) Brandenburger Tor nehmen, das ja da so ganz ungeschützt den Angriffen ausgesetzt sei. In dieser Häufung wirkt das echt bizarr, aber ich frage mich, ob es dem normalen Leser, der ja die ganze Zeitung liest statt Schwiegermutters Auswahl, auffällt, wie viel Gift ihm da ins Ohr geträufelt wird.
Bevor es die Klimakleber gab, waren die Radfahrer das Ziel der Kampagne. Schwiegermutter hasst inzwischen Radfahrer tief und innig. An allen Unfällen sind die grundsätzlich selbst schuld. Wenn ich sie daran erinnere, dass ich als Radfahrerin jahre- und vier Operationen lang mit den Folgen eines Unfalls zu kämpfen hatte, den ein Autofahrer verursachte, der rückwärts in der falschen Richtung aus einer Einbahnstraße kam, wird das weggewischt. Sie weiß, was sie weiß, es stand ja so in der Zeitung.
Ah, das mit den Zeitungsartikeln kenne ich von früher von einer alten Nachbarin!