Ich bin völlig ermattet. Aus Gründen, die ich jetzt, ein paar Stunden später, schon nicht mehr nachvollziehen kann, dachte ich heute Mittag, es könnte mir Spaß machen, einen Kauf in einem Offline-Geschäft durchzuführen. Also den Kauf eines noch nicht genau identifizierten Gegenstandes, nicht etwa „Thermoskanne Emsa 750 ml silber“, das bekomme ich einigermaßen gut hin.
Die Mutter von Herrn N. möchte mir nämlich etwas zum Geburtstag schenken, aber „nicht wieder einen blöden Gutschein“ und „es wäre schon schön, wenn ich das dann auch sehen kann“ und nunja, die Zeit rennt und ich dachte wirklich, es könne nicht so schwer sein, in die Innenstadt zu gehen und dort einen dünnen weinroten-alternativ-teracottafarbenen Schal und dazu passende Leder- (oder Lederimitat-)Handschuhe zu kaufen. In der Innenstadt war ich sowieso, weil ich auf dem Wochenmarkt einen Adventskranz kaufen wollte, die taugten mir aber alle nicht, sie sahen nämlich exakt so aus wie die im Pennymarkt nur waren sie dreimal so teuer. Ich hatte die letzten Jahre Adentskränze aus dem Pennymarkt, ich weiß Bescheid. Sie sind übrigens auch ganz hübsch, nur möchte ich dieses Jahr den Advent regelrecht zelebrieren und war daher bereit, mehr Geld für einen Kranz, an dem ich mich nicht schon beim Kauf fast sattgesehen habe, auszugeben. Aber eben auch nur für einen solchen.
Ich ging zunächst ins Einkaufszentrum, da sind verschiedene Bekleidungsläden, sie hatten aber alle sowieso nur Wollsachen und Wolle trage ich nicht, ist mir viel zu warm. Die Hälfte der Ladenflächen dort stand auch leer, ich war überrascht, als M in die Grundschule ging, war dort noch sehr viel los und das ist ja gerade mal 8 Jahre her. Also lief ich durch die Fußgängerzone, es hatte dort mal einen Hut- und Handschuhladen gegeben, der war aber auch weg. Es gab viele andere Bekleidungsgeschäfte, alle führten eher grelle Farben, so dass ich kurz mit der S-Bahn nach Frankfurt fuhr um dort in großen Kaufhäusern zu schauen. Ich stellte zu meiner Überraschung (und Enttäuschung) fest, dass man da die Produkte nicht nach Art (also: Hose, Mantel, Pullover) sortiert sondern nach Marke. Mittlerweile habe ich erfahren, dass das schon seit ca. 25 Jahren so ist, ich kann sowas nicht wissen, ich habe während meines Studiums Bekleidung in Second Hand Shops gekauft und von da bin ich zu Online-Käufen übergegangen. In Kaufhäusern bin ich immer nur mit Frau Herzbruch und dann schleift sie mich herum, meistens ist auch Sekt oder Glühwein im Spiel, ich habe mir da nie irgendwas gemerkt. Ich irrte durch drei große Kaufhäuser und zwei Einkaufszentren, dann setze ich mich draußen im Regen auf eine Bank und erklickte mir innerhalb von 90 Sekunden Schal und Handschuhe, dann fuhr ich wieder nach Hause. Nächstes Mal weiß ich besser Bescheid und probiere nicht wieder so einen Quatsch aus.
Frage in der täglichen unverbindlichen Contentvorschlagliste: Gibt es ein bestes Lebensalter?
Ich kann mich hier nur wiederholen, es gibt überhaupt nie irgendwas „bestes“, es kommt immer total drauf an. (Ich weiß wirklich nicht, was die Fragenden hier immer mit ihren Superlativwertungen haben, das erscheint mir mittlerweile schon ein bisschen auffällig. Vielleicht möchten Sie sich mal fragen, warum Sie diesen Drang haben, immer alles in eine Reihenfolge zu bringen, wenn unser Erleben ganz klar nicht linear und nicht objektiv ist. Können Sie Ambiguität nicht gut aushalten?) Ausnehmen möchte ich dabei Nudeln, da sind Spaghettoni die besten. Ich bin mit meinem aktuellen Lebensalter sehr zufrieden, ich kann machen, was ich will, aber es tut noch nichts weh. Das erscheint mir sehr gut. Vorher war ich aber auch zufrieden und ich hoffe, es auch später noch zu sein.
Die Einführung der „Markenshops“ war genau der Moment, an dem ich mich von dem Konzept Kaufhaus verabschiedet habe. Ich erinnere mich noch genau, ich brauchte für einen Anlass eine weiße Bluse und betrat ein Kaufhaus in der Annahme, ich würde dort die fünf oder acht verfügbaren Modelle weißer Blusen am selben Gestell vorfinden und unkompliziert vergleichen können (meines Erachtens der USP eines Kaufhauses). Stattdessen sollte ich durch verschiedene Markenshops trapsen, in denen je ein oder zwei Modelle weißer Blusen hingen. Da war ich dann raus — so unpraktisch einkaufen kann man auch ohne Kaufhaus.
Nur bei Hirmer gibt es Bekleidung verschiedener Marken an der Stange. Ich habe mich vor Jahren von Ludwig Beck verabschiedet, als dort das Markenprinzip eingeführt wurde.
Kann mich da anschließen. Wollte ein paar schwarze Stiefeletten im vornehmen Schuhladen kaufen. Das ist ähnlich lang her, aber unvergessen. Musste durch den ganzen Laden suchen, weil alles nach Marken sortiert war. Abteilung Küchenutensilien im Karstadt hat mich auch nicht mehr gesehen, seit dort Markensortierung das Einkaufen erschwert.
Oh, mir wird hier aus der Seele gegreint. Mich sehen diese Kaufhäuser auch nicht mehr, da haben sie selbst schuld, kein Wunder dass Karstadt pleite geht. Das liegt an all den effizienten Frauen, die auf diese Irrwege, zu denen sie gezwungen werden, keinen Bock haben. Und dann noch diese sadistische Beleuchtung in den Umkleidekabinen. Da kommt eins zum andern.