18. April 2024
Volle Tage sind es derzeit, meine Güte, aber immerhin gibt es nichts, das mich stresst. Gerade bin ich erst im Sessel gelandet und habe schon keinerlei Erinnerung mehr, was ich heute Morgen gemacht habe. Achja, mich aufgeregt über unvollständige Informationen, und später habe ich mich nochmal aufgeregt über das Ansinnen, ich solle mich für die privaten Belange von Mitarbeitenden interessieren, in anderen Zusammenhängen soll ich gerade das ja immer ganz genau nicht, also mich für private Belange interessieren, wie soll ich das auseinanderhalten und – falls ich es einfach auf Ansage hin täte – wo bleibt dabei mein Eigeninteresse?
Der Chef ist gerade in einer Zeitzone diverse Stunden vor mir, das sind wir nicht geübt und es scheint ihn etwas anzuspannen, er rief heute extra an, um zu sagen, dass es ihm unglaublich auf die Nerven geht, dass er jeden Morgen aufwacht und zig Mails mit Unterlagen und Anforderungen von mir hat. Üblicherweise ist er ja 6 Stunden hinter mir und ich daher am receiving end dieser morgendlichen Inboxschwemme. Ich behelfe mir damit, mir morgens „jaja, eins nach dem anderen, jetzt schläft der ja eh noch“ zu sagen. Dieser wie ich finde sehr hilfreiche Tipp wurde nicht richtig gewürdigt. Ich soll jetzt nicht mehr mailen, sondern die Sachen ausdrucken und für Montag bereithalten. Meine Güte, wie in der Steinzeit. Und Montag muss er ja erstmal die Markierungen auf seinem Teppich anschauen.
Morgen ist wieder Chor und irritierenderweise habe ich nicht so Lust auf Chor. Ich hatte im Laufe der Woche auch schon keine Lust auf Karaoke. Sehr eigenartig. Wobei ich genau betrachtet auf gar nicht Lust habe, außer auf Schlafen, möglichst ohne Alpträume, nur beides ist mir nicht vergönnt, weder das Schlafen, denn ich habe mich mit einer Milliarde Sachen selbst verplant, noch das „ohne Alpträume“. Wobei fast alle, mit denen ich darüber spreche, derzeit Alpträume haben. Ist bestimmt der Frühling, der führt bekanntlich zum Sommer und Sommer ist schlecht, das wird es sein, das uns allen Alpträume beschert.
Mit Begeisterung lese ich derzeit keine Bücher sondern sämtliche Newsletter vom Bundestag. Ich habe die schon lange abonniert, jedoch immer ńur auszugsweise oder sehr selektiv überflogen. Seit ein paar Wochen lese ich jeden einzelnen von vorn bis hinten, damit ist mein Lesekontingent für die meisten Tage schon erschöpft und da hab ich noch keine einzige öffentliche Anhörung im Livestream gesehen, das schafft man auch gar nicht, wenn man berufstätig ist, die Anhörung zu per- und polyfluorierten Alkylsubstanzen ist zum Beispiel Mittwoch um 11:00 Uhr aber da habe ich ein Meeting mit der Gebäudesicherheit. Man kommt einfach zu nix, Bundestag ist eine absolut tagesfüllende Aufgabe, ich lese momentan ständig in der Bahn und in der Mittagspause und morgens beim Tee und Abends vor dem Einschlafen. Ich bin Bundestag-Junkie. Die Sitzungen des Untersuchungsauschusses Afghanistan sind wahnsinnig interessant – öffentliche Anhörung der Enquete-Kommission übrigens Montag, 13-14 Uhr, das kann ich in meine Mittagspause legen! Bei den Reden von Dingens, wie heißt der Kanzler nochmal, Scholz, nervt mich bereits das ständige „schönen Dank“ am Ende und bei denen von Frau Baerbock habe ich absolut ihre Stimme im Ohr. Glückwünsche an irgendwelche neu gewählten Volksvertretende könnte ich mittlerweile auch selbst protokollgerecht formulieren. Es ist ein merkwürdiges neues Hobby, mal sehen, wo es mich hinführt.
Frage in der täglichen Contentvorschlagliste heute: „Hat das Brafitting zu einem guten Ergebis geführt?“ – Wir sind noch nicht fertig. Ich habe ja nie Zeit, ich muss immer Bundestagsnewsletter lesen!