Mai 2023

4. Mai 2023

Wie praktisch diese Themenvorschläge sind, ich muss gar nicht mehr nachdenken, nur noch die Finger bewegen. Warum machen das nicht alle Menschen so?

Ich werde heute gefragt, ob ich schon mal auf eine Phishing-Mail oder Ähnliches hereingefallen bin und was dann passiert ist. Überraschenderweise ist mir das noch nicht passiert, das liegt aber glaube ich nicht an einer besonderen Cleverness, sondern daran, dass Phishing Mails sich ja immer um irgendwelche Themen drehen, mit denen ich mich nicht befassen will. Rechnungen, Bestätigungen von Adressen oder irgendwas, Überprüfungen von etwas, man soll Links klicken oder Dateianhänge öffnen – zu all dem habe ich ja überhaupt keine Lust, ich will nur Mails mit Verabredungsvorschlägen, schönen Nachrichten oder Blogkommentaren bekommen. Alles andere ignoriere ich geflissentlich, schaue es mir keinesfalls so nebenher zwischendurch an sondern allenfalls an irgendeinem Wochenendtag, an dem ich mal wieder Dinge erledige und so z.B. auch mein Mailpostfach aufräume. Das ist dann nicht nebenher sondern konzentriert und absichtsvoll und dann passiert es glaube ich seltener, dass man auf eine Phishing-Mail hereinfällt. Sowas geschieht eher nebenher, in Eile.

M ist vor vielen Jahren, ich glaube Ende der Grundschulzeit, mal in eine 0190er-Nummern-Falle getappt. Oder irgeneine andere kostenpflichtige Nummernfalle, die Zahlenkombination habe ich vergessen, es ging um eine Wahrsagehotline, die sie mit ihren Freundinnen immer mal wieder konsultiert hat. An der Telefonrechnung fiel mir auf, dass etwas nicht stimmte, anhand von Einzelverbindungsnachweis und Befragung konnte die Ursache schnell gefunden werden und die Behebung war auch einfach, ich hatte kostenpflichtige Rufnummern nämlich bei Vertragsabschluss schriftlich sperren lassen, das Geld wurde also nach einem Anruf bei der Hotline umgehend zurückgezahlt. M. hatte seither nie wieder ähnliche Problem, hat sich aber wohl kürzlich einen bitconschürfenden Computervirus (oder so ähnlich) eingefangen aber war auch in der Lage, den eigenständig (wenn auch mühsam) wieder loszuwerden.

So Sachen passieren halt und machen einen hoffentlich ein bisschen schlauer.

3. Mai 2023

Ich greife heute das Thema von gestern noch einmal auf denn durch einen Kommentar wurde mir klar, dass es nicht ausreichend behandelt ist.

Der Kommentar lautet: „Rückfrage: Wie gehen Sie mit schnellen Entscheidungen um, die sich im Rückblick als wenig optimal oder falsch herausstellen? (…)“.

Auch Rückfrage: Wie gehen Sie mit langsamen Entscheidungen um, die sich im Rückblick als wenig optimal oder falsch herausstellen?

Mit Entscheidungen ist es ja so: man kann eigentlich nur das entscheiden, was nicht entscheidbar ist. Man entscheidet sich also in einer Situation komplexer Unklarheit für eine mögliche Alternative, wie es weitergeht und alles andere zeigt die Zeit, ob vielleicht eine andere Alternative besser gewesen wäre, werden wir nie erfahren. Sichere Entscheidungen sind nur die, die man überhaupt nicht treffen muss, weil sie eh völlig auf der Hand liegen.

Ich habe meinen Frieden damit gemacht. Bin sehr gut darin, Reißleinen zu ziehen, Kühe vom Eis zu holen, mich zu entschuldigen.

…..

Eine weitere Schilderung zum Thema „viel Energie“ möchte ich ebenfalls noch nachreichen, denn was Sie vielleicht übersehen, wenn Sie Tipps für mehr Energie möchten ist, dass wir hier nicht von einem Schalter sprechen, den man nach Belieben an und ausschalten kann. Den hätte ich auch gern. In den meisten Fällen, die ich kenne, ist die eine oder andere Grunddisposition aber immer da und wenn Sie als Grunddisposition viel Energie haben, dann müssen Sie die auch irgendwie loswerden, auch wenn es gerade gar nichts, worauf Sie sie sinnvoll ausrichten könnten. Standgas sozusagen. Bei dieser Schilderung handelt sich um eine grobe Nacherzählung einer tatsächlichen Begebenheit:

Zwei Personen sitzen in einer kleinen Holzhütte auf dem Sofa, sie beschließen, sich eine Tasse Kaffee einzugießen und sich damit auf die Terrasse an den Tisch zu setzen. Person 1, das bin ich, springt sofort auf, wirft dabei das Handy auf den Fußboden, hebt es wieder auf, bleibt mit der Fußzehe am Sofa hängen, hüpft ächzend auf dem anderen Bein weiter, stößt sich am Stuhl, nimmt am Küchentresen die Kaffeekanne, gießt schwungvoll ein und spritzt, wischt auf, gießt Milch ein und spritzt, wischt auf, wirft Zucker hinein und krümelt, wischt auf, hastet zur gläsernen Terrassentür, verschüttet dabei etwas Kaffee, wischt mit dem besockten Fuß auf, öffnet die Tür mit der ganzen Handfläche, wischt schnell den Handabdruck weg, setzt die Kaffeetasse auf dem Terrassentisch ab und sich selbst auf die Bank, stößt dabei gegen den Tisch, der Kaffee schwappt über, sie wischt mit einem Taschentuch aus der Hosentasche auf, dass sie aus Abstand in den Papierkorb wirft, wirft daneben, steht wieder auf und hebt das Papier auf und wirft es ordentlich weg, setzt sich auf die Bank und trinkt den Kaffee in einem Zug aus.

In derselben Zeit hat Person B, die ich nicht bin, sich kontrolliert vom Sofa erhoben, entspannt Kaffee eingegossen und sich ohne weitere Umstände auf die Bank gesetzt und genießt nun ihren Kaffee.

Person A wie auch Person B sind mit Ablauf und Ergebnis der Angelegenheit hoch zufrieden, haben einen guten Tag und halten sich für völlig normal.

…..

Heutige Frage in der täglichen unverbindlichen Contentvorschlagliste: „Ist ADHS eine Modediagnose?“

Was ist mit Modediagnose gemeint? Ich sehe hier zwei Möglichkeiten:

A – Es ist ganz wertfrei eine Diagnose gemeint, die derzeit häufig vorkommt. Also wie Corona, Modediagnose Corona. Oder in den 80ern Aids, Modediagnose Aids. Das erscheint mir als Frage recht unstrittig und auch etwas langweilig.

B – Möglicherweise schwingt in der Fragestellung daher eine Abwertung mit, in der Art von „irgendwie erfunden und nicht ernst zu nehmen“. Insofern, ja, natürlich wurden verschiedene Störungen, die sich in Ausprägung und Leidensdruck auf einem Spektrum befinden, zusammengefasst und mit dem erfundenen Wort ADHS bezeichnet. Ich bin keine Fachfrau, aber nach meinem Verständnis ist ADHS schwer objektivierbar. Wie zum Beispiel ja auch Schmerz, der wird ebenfalls subjektiv bestimmt, meines Wissens wird die Existenz von Schmerz generell aber selten in Frage gestellt (individualisiert durchaus schon).

Mir ist deshalb nicht schlüssig, warum ich eine Symptomatik, die als leidvoll empfunden wird und die wir einordnen können in ein Störungsbild, das wir als ADHS bezeichnen, für erfunden halten sollte. Ich denke ganz generell, wenn Personen sich unwohl fühlen, lohnt es sich, hinzuschauen, warum und ob es Linderung gibt. Dafür erfasst man, sortiert, vergibt Namen, sucht Wege.

Vielleicht missverstehe ich die Frage. Bitte formulieren Sie in diesem Fall für mich verständlicher.

2. Mai 2023

Wie kann ein Tag so voll sein, ohne dass wirklich etwas passiert?

Schon morgens gab es Tränen in meinem Büro (lag nicht an mir!), dann unendlich viele Gespräche, so, als hätten sich alle ihre Anliegen über die letzten 4 Tage aufbewahrt. Ja, genauso war es vermutlich. Den Rest des Tages habe ich damit verbracht, in den Arbeitsbereichen, die ich abgegeben habe, bei Problemlösungen behilflich zu sein. Stun-den-lang. Wann hört das auf? Ich habe mir ja natürlich längst neue Aufgaben erfunden, die muss ich auch irgendwann machen und heute jedenfalls kam es nicht dazu. Dann ist noch der nOC ein absolutes Nadelöhr, noch Donnerstag hatte er mir zugesagt, dass wir „alles am Dienstag“ besprechen, heute war er aber schlicht nicht greifbar. Wie vom Erdboden verschluckt. Eine unkonkrete (ist ja alles vertraulich) aber genervte Mail von mir dazu hat er nun mit „morgen 9:30 Uhr“ beantwortet. Ich hoffe sehr.

Ich habe noch einmal überlegt, wie ich auf die Idee kommen konnte, in einer Woche gleich zwei Nächte quasi durchzufeiern. Ist es eventuell das, was man Midlife Crisis nennt? Wobei ich es nicht krisenhaft sondern sehr unterhaltsam empfinde, aber vielleicht habe ich auch etwas gründlich missverstanden, vielleicht ist Midlife Crisis gar nicht eine Krise, die man selbst als solche erlebt sondern nur ein für andere krisenhafter Umstand? Man hat allen Spaß der Welt und die anderen denken „das kann doch echt jetzt nicht sein“? Zuzutrauen ist es der Welt, man schreibt ja gerne Dinge, die man selbst nicht nachvollziehen kann, anderen als Problem zu.

Kommen wir ganz artverwandt zur Frage der Energie, so will es die tägliche unverbindliche Contentvorschlagliste, sie fragt folgendes: „Sie scheinen über sehr viel Energie zu verfügen. Haben Sie einen Tipp oder mehrere für energielose Menschen, die ihren Energielevel gerne steigern möchten?“

Ja, ich verfüge (zumindest meistens) über sehr viel Energie. Aber nein, ich habe wirklich keinen Tipp Was mir an mir im Vergleich zu anderen manchmal auffällt:

  • Ich will Dinge. Und das verstecke ich nicht. Wenn ich etwas will, versuche ich zu machen, dass es geschieht, da ballere ich also rückhaltlos hinein.
  • Ich wende auf viele andere Dinge einfach gar keine Energie auf, z.B. auf Fragen wie was wer jetzt denkt oder auf Selbstzerfleischungen zu irgendwelchen Themen.
  • Ich entscheide schnell. Entscheidungen ziehen viel Energie in der Abwägungsphase, setzen Energie frei wenn sie getroffen wurden. Weil ich schnell entscheide, nutze ich den Schub ohne vorher zu viel zu verlieren.

Wie alles auf der Welt ist das mit der Energie aber natürlich nicht einfach schwarz-weiß. Ja, man kann ständig Dinge wollen, pushen, andere mitreißen und ohne Blick zurück durch die Wand rennen. Was auf der Strecke bleibt ist oft der weite Blick, die zarten und feinen Gesten, die Achtsamkeit (und Ehrlichkeit) sich selbst gegenüber.

Das sind Dinge, die mir nicht zufliegen, die ich mir antrainieren und mich immer wieder selbst erinnern muss. Und dabei ist es gut für mich, Personen um mich zu haben, die nicht im selben Tempo mitrennen sondern mir ab und an einen Vogel zeigen und mich committen, mich auf ihre Art einzulassen. Was unglaublich spannend ist aber für mich auch unglaublich anstrengend.

1. Mai 2023

Nach dem Austoben jetzt Ausruhen. Auch schön. In der vergangenen Woche bin ich zu Papa N. gereist, habe Tag 1 der wichtigsten beruflichen Veranstaltung der letzten 4 Jahre geleitet, bin zur Goldenen Blogger Gala mit Frau Herzbruch gereist und mit ihr, Herrn Captain Pudding und seiner Begleitung in einer Karaoke-Bar versackt, habe wenige Stunden später Tag 2 der wichtigsten beruflichen Veranstaltung der letzten 4 Jahre geleitet, mich dann einen Tag sortiert, danach zum 2-tätigen Abschluss-Seminar einer einjährigen beruflichen Fortbildung gereist und bin von der Abschlussfeier ohne Zwischenstopp „Bett“ nahtlos in den ICE gestiegen. Gestern musste ich schlafen, heute war ich fit und habe mich wieder eingewohnt: die Wäsche gewaschen, Schränke sortiert, Dinge über Ebay Kleinanzeigen verschenkt (alle schon abgeholt, hurra) und 8 Tüten Müll stehen jetzt bereit. Morgen kaufen wir Pflanzen für den Balkon. Ich werde voraussichtlich erst in 11 Tagen wieder einen Koffer packen!

Die Frage aus der täglichen unverbindlichen Contentvorschlagliste heute lautet: „Wie ist es eigentlich dazu gekommen, dass Sie bei einer Bank arbeiten (tun sie das überhaupt oder interpretiere ich das falsch?)“

Das ist schnell beantwortet, denn ich arbeite nicht bei einer Bank.

Als Bonus nehmen wir deshalb noch die Frage von gestern mit dazu: „Wirkt sich dein Zyklus auf deinen Alltag aus?“

Ja, das tut er, also indirekt, da er sich auf meine Stimmung auswirkt. Ich mag das, so bin ich immer mal wer anders. Früher, als ich die Pille genommen habe, war meine Stimmung sehr ausgeglichen . Das ist sie jetzt (schon seit vielen Jahren) nicht mehr. Ich bin in der ersten Zyklushälfte sehr energiegeladen und teilweise überdreht, dabei auch, sagen wir mal, verbal sehr scharf gestellt.

In der zweiten Zyklushälfte werde ich ein ganz normaler Mensch, der auch ab und an mal was anstrengend findet und manchmal abends müde ist. Nicht jeden Monat, aber ab und zu, habe ich kurz vor der Regel ein bis vier Tage, an denen ich finde, dass die Welt an sich sehr schlecht ist, alles hoffnungslos, für Probleme, und sei es ein abgebrochener Bleistift, gibt es voraussichtlich keine Lösung sondern sie werden den weiteren Weg begleiten, der übrigens noch aus ganz anderen Leiden besteht, vor denen ich mich, obwohl sie noch noch undefiniert und nicht eingetreten sind, sehr fürchte. Gleichzeitig betrachte ich die ganze Welt mit großer Zuneigung und viel Rührung, wenn auf der Straße jemand Musik macht oder ein Hund vor dem Supermarkt wartet oder ein sehr alter Mensch freudig lacht kommen mir die Tränen.

Als das begann – also nach der Pillenzeit – hat es mich sehr verunsichert und auch erschreckt. Mittlerweile kann ich es (meist) einordnen und schaue in Phasen, in denen ich das Gefühl habe, dass wirklich gar nichts mehr geht in den Kalender und zähle durch und erkenne: aha, PMS. Von der Erkenntnis vergeht diese Stimmung natürlich nicht aber ich kann sie besser einordnen, was bedeutet: mich selbst auf einer anderen Ebene mit amüsierter Großzügigkeit betrachten, wichtige Entscheidungen oder Termine ein paar Tage aufschieben und Personen, mit denen ich mich gerade umgebe, über den Zustand informieren. Ich kann nicht sagen, dass ich diese Phase (wie gesagt, sie tritt nicht monatlich auf, nur ein paar Mal im Jahr) sehr schätze aber ich kann nicht bestreiten, dass sie ungemein lehrreich ist.

Mit Einsetzen der Regel bin ich absolut immer kein bisschen mehr hoffnungslos oder gerührt sondern einfach sauschlecht gelaunt. Dabei aber nicht unzufrieden. Ich bin ganz gerne schlecht gelaunt, das ist für mich gar kein Problem, das Problem besteht allenfalls für andere. Da ich ummittelbar nach dieser Phase ja wieder diesen irrsinnigen Energieüberschuss habe, fällt es mir leicht, alle, die ich vergrätzt habe, wieder für mich einzunehmen.